Seit fast 65 Jahren erlebt Jommeke, der Junge mit der Strohdachfrisur und einem Papagei als Freund, seine Abenteuer in Belgien. Die langlebige flämische Kindercomicserie von Jef Nys hat im Original fast Band 300 erreicht. Gerade erschien ein neues Album der deutschen Ausgabe von stainlessArt. Im Interview erzählt Verleger Mario Wagner über den Stand der Dinge und sein neues Albemprojekt Kaspar Hauser.
Neues Jommeke-Abenteuer erscheint
Im Februar erscheint die Nr. 298 mit dem Titel »De schrik van Onderland«. Die Nachfolger von Jef Nys, der 2009 verstorben ist, heißen Edwin Wouters, der das Szenario schreibt und Gerd Van Loock, der für die Zeichnungen verantwortlich ist.
In Deutschland wurden in den 1970er Jahren unter dem Titel Peter + Alexander immerhin 34 Hefte veröffentlicht. Seit 2011 erscheint die Comicserie unter ihrem Originalnamen Jommeke beim Aachener Kleinverlag stainlessArt. Man veröffentlicht die Serie nicht chronologisch, sondern wählt besten Abenteuer für eine deutschen Leser aus. Im Februar erscheint das inzwischen 22. Album von Jommeke mit der Titel »Der kleine Professor«. Und als kleine Überraschung veröffentlichte der Verlag außer der Reihe einen Comic über die Geschichte von Kaspar Hauser.
CRON fragt. Mario Wagner antwortet.
Der Verleger im Interview.
Vor rund neun Jahren bist Du mit Deinem Verlag stainlessArt aus dem Nichts aufgetaucht und hast die Serie Jommeke gestartet. Bevor wir dazu kommen möchte ich über eine besondere Neuerscheinungen reden, die vor ein paar Tagen in den Handel gekommen ist. Wie kam es dazu, dass Du den Band Kaspar Hauser ins Programm genommen hast?
Schicksal? Oder Kaspar Hauser selbst hatte seine Finger im Spiel! Im Ernst: Auf der kleinen COMICIADE letztes Jahr in Eupen suchten die Schöpfer von Kaspar Hauser einen deutschen Verleger. Das habe ich aber erst mitbekommen, als alle schon praktisch im Abbauen begriffen waren. Ich war von der Thematik und der Gestaltung des Bandes spontan so begeistert, dass ich ohne großes Überlegen sofort zugesagt habe.
Was ist für Dich persönlich das Besondere an diesem Comic?
Die Thematik ist ja hinlänglich bekannt: Film, Theater, Literatur, Kriminalistik, Historie, überall hat Kaspar Hauser Spuren hinterlassen. In Ansbach, wo er gelebt hat, gibt es sogar alle zwei Jahre die Kaspar Hauser Festspiele. Je mehr man in das Thema eintaucht, umso mehr ist man fasziniert, irritiert und schockiert. Ein wirklich furchtbares Schicksal. Und diese Figur hat bislang ausgerechnet in der 9. Kunst noch keinen Widerhall gefunden? Aber das ändern wir ja jetzt.
Wird dieser Band eine Ausnahme bleiben oder wird das Verlagsprogramm bewusst um Comics im Hardcoverformat erweitert, die nichts mit Jommeke zu tun haben?
Im letzten Jahr habe ich einen Comicband zum etwas sperrigen Thema Darmkrebsvorsorge übersetzt, den ich aber nicht selber verlege. Auch das war eine spannende Arbeit. Ich würde sagen, wenn ein geeigneter Band kommt, weiß ich nicht, wie ich reagiere [lacht]. Geplant ist aber derzeit nichts.
Nun zu Jommeke. Im Februar erscheint Band 22. Als der erste Band 2011 erschienen ist, hast Du die Comics zusammen mit Dirk Sieprath gemacht. Seit dem sind neun Jahre vergangen. Als Erscheinungsrhythmus wurde damals zweimonatlich angekündigt. Zeitweise geriet die Publikation ziemlich ins Stocken. Wenn Du auf die letzten Jahre zurückblickst … was waren die Highlights?
Highlights waren die zahllosen positiven Reaktionen meiner jungen Leser, die immer mehr Bände in am besten immer kürzerer Abfolge haben möchten. Die schicken mir selbstgemalte Bilder. Ein sehbehinderter Junge hat neulich sogar einen ganzen Jommeke Band in mühsamer Arbeit aufgenommen, damit er ihn sich quasi selber immer wieder vorlesen kann. Oder die Eltern, die mir berichten, dass ihre Kinder durch Jommeke zum regelmäßigen Lesen gekommen sind. Ein Highlight war auch, dass ich jetzt InDesign »bedienen« kann (es reicht für aufmachen, übersetzen, speichern, schließen).
Und was die Lowlights?
Lowlights sind vor allem die Gespräche mit depressiven Buchhändlern, die sich immer nur auf ihr zugegeben perfektes Bestellsystem mit den Barsortimentern verlassen. »Wenn es jemand bestellt, haben wir es ja morgen hier.« Neues mit einem bisschen unternehmerischem Risiko präsentieren? Fehlanzeige! Eine angenehme Ausnahme bildet da nur die Mayersche Buchhandlung in Aachen.
Aktuell erscheint wieder regelmäßig alle paar Monate ein neuer Band. Was ist für 2020 geplant?
Wir planen dieses Jahr sechs neue Bände.
Wird man Dich und Deinen Verlag dieses Jahr auf bestimmten Comicfestivals oder –messen treffen können, z.B. auf dem Comic-Salon in Erlangen?
Als Mitorganisator der COMICIADE in Aachen natürlich dort und wahrscheinlich auch in Erlangen. Dazu wollen wir noch nach Ansbach zu den Kaspar Hauser Festspielen fahren.
Die Fragen stellte Matthias Hofmann
Abbildungen © stainlessArt
Weiterführende Links:
Homepage des Verlags: stainlessArt Verlag
Facebook-Seite:Jommeke in D
CRON-Interview mit Mario Wagner: August 2011
CRON-Rezension: Jommeke 1 + 2
CRON-Interview mit Mario Wagner: August 2013