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Frisch Gelesen Folge 73 Auf den Spuren von Lucky Luke

Auf den Spuren von Lucky Luke

»Ich war in einem Studio für Zeichentrickfilme, das wegen der amerikanischen Zeichentrickfilme, die nach Europa kamen, pleiteging. Und ich musste etwas anderes machen. Ich habe mich für das entschieden, was dem Zeichentrickfilm am nächsten kam, das heißt: den Comic.« (Morris im April 1974)


FRISCH GELESEN: Archiv


Titelbild Auf den Spuren von Lucky Luke

Auf den Spuren von Lucky Luke
Von Gaetan Akyüz, Vladimir Lecointre, Jean-Christophe Menu u.a.

Egmont Comic Collection
Hardcover mit Schutzumschlag | 312 Seiten | Farbe | nummerierte und limitierte Ausgabe mit 2222 Exemplaren | 70,00 €
ISBN: 978-3770439386

Genre: Kunstbuch

Für alle, die das mögen: Lucky Luke, Asterix, Tim und Struppi, Sekundärliteratur


Was für ein Prachtband! Schon allein das Cover auf dem Schutzumschlag zaubert Lucky Luke-Fans ein Grinsen ins Gesicht. Der sympathische Cowboy, Kopf-groß – mit dem altbekannten Stumpen im Mund. Nicht mit dem Grashalm, der den politisch unkorrekten Glimmstengel Anfang der 1980er Jahre ersetzte. Auch unter dem Schutzumschlag zeigt sich Lucky Luke von seiner besten Seite. Sein Gesicht liegt noch im Schatten, aber der Schritt ist forsch. Ein Genuss für den Comic-Aficionado und ein Entree, das Lust macht auf mehr.

In nummerierter und limitierter Auflage kommt der quadratische Band edel daher. Schließlich will der 70. Geburtstag des Titelhelden gebührend gefeiert werden. Großzügig layoutet erwartet den Leser eine sehr gelungene Kombination aus hintergründigen Texten, vielen Originalabbildungen, Fotos und einer Bibliografie. Wer noch nicht Lucky Luke-Fan ist – mit diesem Buch wird er bestimmt zu einem.

Das großzügige Layout bringt sowohl die Sachtexte wie auch die Details der Originale gut zur Geltung

Das großzügige Layout bringt sowohl die Sachtexte wie auch die Details der Originale gut zur Geltung. © 2016 Lucky Comics / Egmont Comic Collection

Das Buch geht über die reine Beschreibung der Comic-Figur hinaus. Es werden Bezüge hergestellt, Einflüsse nachgewiesen und natürlich auch der Protagonist und seine Nebenfiguren unter die Lupe genommen. Kurzweilig und kenntnisreich wird der Leser an die Hand genommen. Kurze Texte erläutern die unterschiedlichsten Aspekte – vom Panelaufbau über Vorbilder, bis hin zum Zusammenhang zwischen Morris’ Zeichenstil, dem Kino der 30er und 40er Jahre und seiner Entscheidung, vom Trickfilm zum Comic zu wechseln.

Die auf ganze Seiten vergrößerten einzelnen Panels geben einen Einblick in Morris' Zeichenkunst. Erlauben damit eine Perspektive auf die Originalseiten, wie sie sonst wohl nur unter einer Lupe gelingen könnten. Biografische Details aus Morris Werdegang verweben die Autoren mit den Phasen seiner zeichnerischen Entwicklung. Und die abgedruckten Originale illustrieren das Beschriebene äußerst anschaulich. Natürlich kommt auch das Verhältnis von Morris zu seinen Wegbegleitern Franquin und Jije zur Sprache. Deren gemeinsame Reise nach Mexiko ist ja legendär und darf hier natürlich nicht fehlen. Und es wird erwähnt, welchen Einfluss die frühen MAD-Zeichner auf den belgischen Comic-Zeichner ausgeübt haben.

Welche womöglich entscheidende Rolle René Goscinny für Morris gespielt hat, wird in einem kleinen, eigenen Kapitel erläutert. »Mit der Ankunft von René Goscinny«, so heißt es im Buch, »beginnt das Goldene Zeitalter von Lucky Luke

Bildaufbau und die Ähnlichkeiten zum Film sind immer wiederkehrende Elemente in den Texten der beiden Hauptautoren. Aber es bleibt nicht allein bei der formalen Analyse. Vielmehr stellen die Autoren auch Fragen nach Philosophie und Meta-Physik im Werk des großen Zeichnerns. Das Buch entpuppt sich damit als ziemlich ernsthafte Auseinandersetzung mit der Kunst und der Aussagekraft des Comics Lucky Luke.

Verweise auf Literatur und Film ordnen die Serie »Lucky Luke« übergreifend als Kunst ein

Verweise auf Literatur und Film ordnen die Serie »Lucky Luke« übergreifend als Kunst ein. © 2016 Lucky Comics / Egmont Comic Collection

Auch so manch unbekannte Seite von Morris wird enthüllt. Etwa die, dass er sich als Erfinder und Bastler betätigte und zahlreichen Spielzeugen Leben einhauchte. Spielzeuge, die versuchten, Bewegung wiederzugeben, erfand er am liebsten. Seine eigenen Figuren dienten dabei als Modelle, denen er mit Gummibändern oder Fäden Bewegungen ermöglichte. Aber auch Gaston von Franquin wurde von Morris zum Spielzeug gemacht.

In vielen kleinen Kapiteln widmen sich die Autoren so einem Klassiker des Comics. Schaffen damit Pausen und Reflexionsräume, die ein intensives Betrachten der abgebildeten Originale ermöglichen. Manchmal wünscht man sich als Leser allerdings auch eine zusammenhängende, längere Auseinandersetzung mit dem Werk. Hin und wieder wirkt die Struktur des Buches doch zu stakkatohaft. Aber das ist auch die einzige negative Kritik. Insgesamt lädt Auf den Spuren von Lucky Luke zum Schmökern ein. Nach der Lektüre sehnt man sich unweigerlich danach, die Alben um den lonesome Cowboy in die Hand zu nehmen. Um das, was im Sekundärwerk durchaus anschaulich beschrieben wird, dann doch mit Hilfe der eigenen Lektüre zu überprüfen. Was will man mehr?

[Alex Jakubowski]

Viele unbekannte Fotos und der Abdruck von Originalseiten machen den Band zu einem comichistorischen Erlebnis

Viele unbekannte Fotos und der Abdruck von Originalseiten machen den Band zu einem comichistorischen Erlebnis. © 2016 Lucky Comics / Egmont Comic Collection


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