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»Danke, Uderzo!«

Hommage an Albert Uderzo von Kim Schmidt, 2020. (c) Kim Schmidt

»Als ich am Dienstag gehört habe, dass Uderzo gestorben ist, habe ich mich erst einmal hingesetzt und Asterix und Obelix gezeichnet. Es kommt öfter mal vor, dass ich nur für mich zeichne, auch um aktuelle Ereignisse zu verarbeiten. Und Uderzos Tod hat mich sehr bewegt. Mit ihm und seinen Comics habe ich Lesen und Zeichnen gelernt.

Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich während meiner Kindheit Butterbrotpapier zusammengeklebt und über die Asterix-Comics gelegt habe. So konnte ich alle Figuren einzeln abpausen, aber vor allem auch die Bilder von den riesigen Schlägereien, die so kunstvoll und detailreich von Uderzo gestaltet wurden, dass ich sie mir heute noch gerne anschaue und immer noch neue Dinge entdecke. Die Comics habe ich damals immer in der Harrisleer Bücherei ausgeliehen – wenn sie nicht schon verliehen waren. Asterix-Comics waren auf jeden Fall immer am schwersten in der Bücherei zu ergattern, das war eine harte Währung.

Albert Uderzo zu Gast auf dem Comic-Salon in Erlangen, 2004. (c) Uwe Zimmermann

Mein Lieblingscomic ist »Asterix und die Normannen«: Dieses Album hat eine unglaublich hohe Gagdichte und ist von der Story wahnsinnig gut. Die Grundidee der Geschichte ist, dass die Normannen nach Gallien kommen, weil sie endlich lernen wollen, was Angst ist. Das Gefühl kennen sie nicht, aber sie haben gehört, dass Angst Flügel verleiht. Mal ehrlich, das ist schon eine irre Idee. Auf jeden Fall treffen die Normannen dann irgendwann auf Troubadix, den schrecklichen und talentfreien Barden – und der macht ihnen mit seiner Musik dermaßen Angst, dass sie am Ende von einer Klippe springen. So lernen sie Fliegen, aber eben nur nach unten. Die Geschichte ist unfassbar lustig und ein Beleg dafür, wie toll sich Uderzo und Goscinny ergänzt haben.

Originalcover der ersten Ausgabe Band 09 Asterix und die Normannen. Asterix® – Obelix® – Idefix ® / © 2020 Les Éditions Albert René / Goscinny – Uderzo

Auch deshalb kann ich sagen, dass Uderzo mein Vorbild und Idol war – und ich bin damit nicht allein. Von seiner Arbeit kann jeder Comiczeichner eine Menge lernen. Und das hängt nicht damit zusammen, dass Asterix einer der ersten frankobelgischen Comics war, den man in Deutschland bekommen konnte. Ich denke, dass es diese Alben so früh in deutscher Übersetzung gab, gerade weil sie so gut waren. Sie sind toll geschrieben, sehr durchdacht und einfach unglaublich gut gezeichnet. Da haben sich Goscinny und Uderzo ideal ergänzt, sie waren ein Traumduo der Comicwelt.

Albert Uderzo und Disney-Zeichner Vicar, 2004. (c) Uwe Zimmermann

Uderzos Zeichnungen haben auch Einfluss auf meine eigene Arbeit: Den sogenannten frankobelgischen Stil mochte ich, im Gegensatz zu den amerikanischen Superheldengeschichten, immer am liebsten. Ich habe Uderzos Arbeit richtig intensiv studiert: Wie er Häuser zeichnet, Wagen oder Figuren. Früher habe ich dann erst diesen Stil kopiert, irgendwann hat sich bei mir daraus dann mein eigener Strich entwickelt. Etwas, das ich mir abgeschaut und bis heute beibehalten habe, das sind die Details in den Zeichnungen. Ich versuche auch immer, in meinen Bildern Kleinigkeiten zu verstecken, die nicht sofort ins Auge fallen. Das habe ich von Uderzo, denn das hat er auch immer gemacht. So kann der Leser auch beim zweiten oder dritten Mal noch was entdecken. Und ich wäre ohne Asterix bestimmt ein anderer Zeichner heute. Ich glaube, das geht vielen anderen auch so, Uderzo hat Generationen von Comiczeichnern geprägt.

Ansonsten würde ich meine Arbeit aber nicht mit der von Uderzo vergleichen wollen. Er war einer der ganz Großen. Er hatte unheimlich viele verschiedene Stile drauf und er hat auch ganz tolle realistische Sachen gezeichnet. Diese Vielseitigkeit und diese akkuraten Zeichnungen, etwa in der Art, wie er bei Asterix mal eben so nebenbei das antike Rom im Hintergrund skizziert, das ist unerreicht. Ich kann das kaum in Worte fassen.

Oder vielleicht doch, in aller Bescheidenheit, denn Asterix ist Weltklasse und ich mache Regionalcomics. Aber die Begeisterung für Comics und damit für meine Arbeit habe ich ihm zu verdanken. Danke, Uderzo!«.

Kim Schmidt

Zeichnung von Albert Uderzo. Asterix® – Obelix® – Idefix ® / © 2020 Les Éditions Albert René / Goscinny – Uderzo

Alle Abbildungen, sofern nicht anders vermerkt: Asterix® – Obelix® – Idefix ® / © 2020 Les Éditions Albert René / Goscinny – Uderzo


Kim Schmidt (* 16. Mai 1965) ist ein deutscher Comiczeichner und Cartoonist. 1983 beginnt das wöchentlich erscheinende Flensburger Wochenblatt Moin Moin mit der Veröffentlichung von Schmidts Comic Strip Öde. Von dieser Serie um einen Faulenzer und seine skurrile Oma erschienen 1062 Folgen und fünf Sammelbände. Im Flensburger Tageblatt ist Kim wöchentlich mit Karikaturen zur Flensburger Lokalpolitik vertreten. Seit 1996 erscheint in allen 18 regionalen Ausgaben des sh:z wöchentlich die Tier-Cartoonserie Local Heroes. Kim veröffentlicht darüber hinaus bei Carlsen, Tokyopop und Achterbahn und erstellt Buchillustrationen, unter anderem für Kinderbuchreihen wie Die drei ??? Kids.Mehr Infos: www.kim-cartoon.com

Den obenstehenden Text schrieb Kim Schmidt für die Zeitungen der shz-Mediengruppe. Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Kim Schmidt.


alfonz 1804 cover kleinIn ALFONZ haben wir Albert Uderzo und die Asterix-Serie ausführlich gewürdigt, zuletzt in einem großen Essay von Georg Seeßlen in ALFONZ Nr. 4/2018. Einen Überblick der Asterix-Artikel in ALFONZ gibt es hier.


Weiterführender Link:

Die offizielle Asterix-Webseite: Asterix