1987 Mit der Geschäftsaufgabe unserer Druckerei Hünerfauth begann das Jahr alles andere als gut. Die zeitaufwendige Zusammenstellung einer neuen Ausgabe – als Thema war ein ausführliches Dossier von „Rork“-Zeichner Andreas geplant – nahm dann auch mehr Zeit in Anspruch als geplant. Die im Frühjahr bei der Druckerei Offset-Feege in Meppen hergestellte Ausgabe 10 ging dann auch erstmals ganz andere Wege. Die Auflagenzahl wurde von 1000 auf 500 Exemplare zurückgefahren und das Konzept der „Dossiers“ erfolgreich eingeführt. Damit war es möglich, im Gegensatz zu den schnelllebigen Magazinen der Konkurrenz, eine Ausgabe der „Comic Reddition“ auch noch Monate oder Jahre nach ihrem Erscheinen zu verkaufen. Darüber hinaus wurde mit der Rubrik „Hergés Universum“ von Johannes Stawowy und Stefan Schmidt eine langjährige Artikelreihe begonnen, die mit unserem Magazin noch heute in Verbindung gebracht wird. Der halbjährliche Erscheinungsrhythmus erwies sich ausserdem als praktisch und sollte für die Zukunft beibehalten werden.
Obwohl die neue Druckerei gut und sauber gearbeitet hatte, sollte die folgende Ausgabe wieder in der norddeutschen Region hergestellt werden. Mit dem Graphischen Betrieb Piffrement wurde ein engagierter und motivierter Partner gefunden, auf dessen Maschinen unsere Edgar P.Jacobs-Ausgabe 11 im Dezember gedruckt wurde. Herr Piffrement hatte auch die Idee, unsere Publikation mit einer kostenlosen Beilage für die Leser interessanter zu machen. Aus Papierresten, die sich in seiner Druckerei finden ließen, stellten wir die erste der inzwischen schon legendären Beilagen zusammen: Eine Kurzgeschichte von Edgar P. Jacobs im gefalteten DINA3-Format, allesamt von Hand nummeriert, zusammen- und beigelegt.
1988 In der im April erschienenen Ausgabe 12 – Titelthema war dieses Mal Yves Chaland – konnten wir zum ersten Mal ein Exklusivinterview mit einem Comic-Zeichner veröffentlichen. Der in Hamburg lebende Matthias Schultheiss gewährte uns Zutritt in sein Atelier, wo seit einiger Zeit auch Serien für Frankreich entstanden. Der in Nürnberg geborene Zeichner war 1986 in Erlangen zum Comic-Zeichner des Jahres gekürt worden.
Auch in diesem Jahr fand der Internationale Comic-Salon Erlangen in der fränkischen Metropole statt, und Georg F.W.Tempel und Volker Hamann nutzten sogleich die Möglichkeit, ein weiteres Interview mit einem deutschen Zeichner aufzunehmen. Mit dem „Schwul-Comix“-Zeichner Ralf König führten wir ein entspanntes und amüsantes Gespräch, und der freundliche Künstler wurde der erste prominente Abonnent unseres Magazins.
Veröffentlicht wurde das König-Interview dann in der im Oktober veröffentlichten Ausgabe 13. Das umfangreiche Heft enthielt ausserdem eine Berichterstattung zum Comic-Salon und ein umfangreiches Dossier über Jacques Tardi. Die erhöhte Auflage von 2000 Exemplare machte diese Nummer über einen Zeitraum von zehn Jahren lieferbar. Ein weiteres Highlight der Ausgabe 13 war das beigelegte Comic-Heft „Alfonz“, das in Zusammenarbeit mit Heiko Hähnsen entstand und neben den redaktionellen Beiträgen des regulären Heftes Comic-Geschichten publizieren sollte. In der ersten Ausgabe waren Jacques Tardi, Ana Juan, und Michael Nitschke vertreten. Die zeitaufwendige Zusammenstellung machte der tollen Idee dann aber auch schnell ein Ende; eine zweite Ausgabe gab es leider nicht.
Im Herbst erhielten wir Besuch von Mitgliedern der ArGL (Arbeitsstelle für Graphische Literatur an der Universität Hamburg), und erfuhren von Jens R. Nielsen und Michael Hein, dass die „Reddition“ schon geraume Zeit zur Lektüre der Literaturwissenschaftler gehörte und für einiges Aufsehen gesorgt hatte. Wir freuten uns natürlich über diese Anerkennung, fanden aber die kompetenten und freundlichen Ratschläge der Studenten noch wertvoller. Eine bis heute andauernde Zusammenarbeit und vor allem Freundschaft hatte hier ihren Anfang.
1989 Im Januar des Jahres erschien mit „Tardi – Die wahre Geschichte des unbekannten Soldaten“ das erste Buch der Edition Alfons. Es war als Ergänzung zum Tardi-Dossier gedacht und ermöglichte uns erstmals, auch als Buch-Verlag in Erscheinung zu treten. Die limitierte Auflage von 500 Exemplaren, die allesamt per Hand gebunden worden waren, war sehr schnell vergriffen.
Als Konkurrenz zum traditionellen Comic-Salon im französischen Angoulême fand im Februar des Jahres der Salon in Grenoble statt. Mit unserer gerade publizierten Ausgabe 14 trafen wir dort auf einige der in unserem USA-Dossier porträtierten Zeichner: Bill Sienkiewicz und Frank Miller waren auch zu Besuch in dem französischen Wintersport-Ort. Ebenso begegneten wir Jacques de Loustal und führten mit ihm unter professionellen Bedingungen – mit Aufnahmegerät und Dolmetscherin! – ein interessantes Interview.
Die für den Herbst geplante Ausgabe 15 sollte ursprünglich ein Dossier über Enki Bilal beinhalten; nun brachte uns das Interview mit Jacques de Loustal in Bedrängnis. Denn allein das Loustal-Material reichte aus für ein eigenes Dossier. Aus der Not entstand die Idee zum Wendeheft, welches mit zwei Titelbildern nicht nur zwei Themen ankündigte, sondern auch für einige Verwirrung bei unseren Lesern sorgte.
1990 Der zweite – und leider zugleich der letzte – Comic-Salon im französischen Grenoble ermöglichte uns erneut, ein Interview mit einem hochkarätigen internationalen Comic-Zeichner zu führen. Der Italiener Lorenzo Mattotti stand uns Rede und Antwort. In der Zwischenzeit bereiteten wir die Publikation unserer 16. Ausgabe vor, in der ein auf Initiative von Andreas Stein geführtes Doppelinterview zwischen Jean-Claude Götting und François Avril den unterhaltsamen Höhepunkt bildete. Mit einer knappen Berichterstattung über die Tim und Struppi-Ausstellung im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe kündigten die „Hergés Universum“-Herausgeber Johannes Stawowy und Stefan Schmidt an, dass es nur noch vereinzelt Beiträge von ihnen geben wird. Abgerundet wurde „Comic Reddition“ 16, die auf dem Comic-Salon in Erlangen im Juni veröffentlicht wurde, durch ein Porträt der Gebrüder Hernandez, die damals mit ihrer Serie „Love & Rockets“ für Furore sorgten.
Mit der Herausgabe eines weiteren großformatigen Comic-Albums – dieses Mal wurden die frühen Kurzgeschichten von Enki Bilal unter dem Titel „Der Ruf der Sterne“ herausgegeben – verspielten wir die Möglichkeit, dieses Jahr eine neue „Comic Reddition“-Ausgabe zu publizieren. Zu aufwendig war die Arbeit an diesem auf 666 Exemplare limitierten Buch, die dann aber durch einen schnellen Abverkauf und durchweg positive Kritiken belohnt wurde. Leider mussten wir aber erneut feststellen, dass mit der sorgfältigen und liebevollen Produktion von Luxus-Büchern keine müde Mark zu verdienen ist. Das Bilal-Buch sollte uns für die kommenden zwei Jahre bei unserer Druckerei in der Kreide stehen lassen.