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Garantiert kein Kinderkram – Nachbericht vom YIPPIE!-Festival

Nach zwei Jahren Zwangspause war es endlich wieder so weit. Am Wochenende fand zum fünften Mal das Kindercomicfestival YIPPIE! in Frankfurt am Main statt. Mechthild Wiesner war für CRON vor Ort und hat Impressionen mitgebracht.

Endlich wieder live!
Und in Farbe sowieso.


Es ist doch erstaunlich, dass bei Comics bei vielen Erwachsenen immer noch die Schmutz-und-Schund-Propaganda vergangener Zeiten nachhallt. Einerseits gelten sie vielerorts als niedere Literatur, die man vor Kindern am besten fernhalten sollte, andererseits führt dieser zweifelhafte Ruf dazu, dass die Neunte Kunst als Kinderkram abgetan wird, der gerade eben nur von Kindern gelesen werden kann. Dieser merkwürdige Spagat, den der Comic in Deutschland vollziehen muss, führt dazu, dass es kaum Veranstaltungen für und mit Kindercomics gibt, die sich speziell an Kinder richten.


Ein Blick in Ariols Welt, die dem Ehrengast Marc Boutavant gewidmete Ausstellung.


Aber zum Glück gibt es ja das YIPPIE! Nach zwei Jahren Zwangspause war es endlich wieder so weit. Ein ganzes Wochenende lang ging es im Jungen Museum Frankfurt, im Struwwelpeter Museum und an weiteren Orten rund um Frankfurt um das Thema Comics für Kinder. Und es waren gefühlt alle da. Angefangen bei Christina Plaka und ihrer Manga-Schule und Ferdinand Lutz, der zusammen mit dem Geräuschemacher Dominik Merscheid ein akustisches Feuerwerk abgebrannt hat. Die wunderbare Magali Le Huche hat unter anderem ihren in Deutschland frisch erschienenen Titel Nowhere Girl vorgestellt, Tanja Esch hat aus ihrem fantastischen Boris, Babette und lauter Skelette »geleschen«. Und bei Mawil und Ralf König konnte man unter anderem erleben, wie unterschiedlich man einen Lucky-Luke-Comic gestalten kann. Viele andere Comickünstler und -künstlerinnen haben mit den Kindern gelesen, gemalt, erklärt und erzählt über Comics und über ihre Arbeit.


Christina Plaka war mit ihrer Manga-Schule vor Ort ...


... und Joscha Sauer (Mitte) mit den Yetis.


Die Kinder waren ein äußerst wissbegieriges Publikum, das mit großen Augen und viel Staunen alles in sich aufnahm. Der diesjährige Ehrengast Marc Boutavant führte eigens in die ihm gewidmete Ausstellung Ariols Welt ein. Mit viel Leidenschaft für die Materie berichtete er, wie er überhaupt zum Zeichnen gekommen ist, über seine Arbeitsweise und wo er die Ideen für seine Geschichten hernimmt. Gespannt hörten die Kinder Marcs sehr persönlicher Vorstellung zu. Es gab Kindheitsfotos zu sehen und eine überaus erstaunliche Abbildung einer bunten Wandtapete, die laut eigener Aussage an Marcs Kinderzimmerwand hing und seine Hauptinspirationsquelle war, Illustrator zu werden. Und tatsächlich konnte man auf ihr Motive entdecken, die man in Comics wie Mouk wiederentdecken kann. Da es aber primär um Marcs kleinen Esel Ariol ging, hatten die meisten Kinder ihre eigenen Ausgaben dabei, die Marc im Anschluss signiert hat. Die Welt von Ariol ist groß genug, dass jedes Kind hier seinen oder ihren Liebling findet. Für Elsa, neun Jahre, ist es Petula, »weil sie so hübsch aussieht«. Caspars Held ist Ariol selbst und auch wenn er mit seinen fünf Jahren den Text der Comics noch gar nicht lesen kann, »man kann sich den Comic auch einfach angucken«.


Marc Boutavant beim Signieren ...


Neben den vielen Lesungen und Bühnenperformances wurde den ungefähr 120 Gästen in der restlos ausgebuchten Veranstaltung außerdem ein buntes Rahmenprogramm geboten. Die Kinder konnten bei Sylvain Merot einen Comic zeichnen. Mithilfe eines Blattes mit vorgegebenen Panels und einer Kiste, aus der man einen Titel, Sprechblasen zum Ausschneiden und ein vorgegebenes Bild ziehen konnte, gestalteten sie ihren eigenen Comic. Der Tisch war immer voll besetzt, sodass viele auch zum Arbeiten auf den Boden auswichen. Der Workshop zum Vertonen von Comics kam ebenfalls sehr gut an. Aus verschiedenen Comics und Magazinen konnten sich die Kinder einen kurzen Comic auswählen, den sie live einsprachen, während sie ihn an einem Computer Panel für Panel durchklickten. Viele Gegenstände zum Geräuschemachen standen auch bereit. »Das ist so, wie es eben die Zeichner auf der Bühne gemacht haben!«, stellte Emma, acht Jahre, fest. Wie beim Comiczeichnen wurde hier das Erlebte erfahrbar gemacht, ohne Schnörkel, ganz direkt vermittelt.


... und die kleinen Besucherinnen Emma und Ida beim Gestalten ihres eigenen Comics.


Mitveranstalterin Silke Hartmann ist einfach nur happy, endlich wieder eine komplette Präsenzveranstaltung haben zu können: »Auch wenn wir während Corona gute digitale Angebote hatten, ist es in Gemeinschaft viel besser!« Jakob Hoffmann, der das Festival 2017 ins Leben gerufen hat, hat mit YIPPIE! ein Forum für Kindercomics geschaffen, bei dem Kinder wie Erwachsene gleichermaßen ihren Spaß haben und das die Neunte Kunst angemessen feiert. Viele Kunst- und Grundschullehrer:innen haben sich inspirieren lassen, Kinder haben ihren Eltern Geld für Comics vom Büchertisch aus dem Kreuz geleiert. Und wer dann immer noch nicht genug hatte, konnte sich von dem wunderbaren Duo Jill und Helena, die sich gemeinsam Bubette nennen, porträtieren lassen. Meine Tochter und ihre Freundin haben sich zu Hause direkt hingesetzt, die Buntstifte ausgepackt und die ganze Familie in diesem Stil porträtiert. Und eins wissen sie jetzt schon – nächstes Jahr kommen sie wieder.


Emma und Ida vom Duo Bubette gezeichnet.

[Mechthild Wiesner]

© Copyright Abbildung: YIPPIE!-Festival; © Copyright Fotos: Mechthild Wiesner


Weiterführende Links:

Homepage des Festivals: www.kindercomicfestival.de