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Cross Cult Sommerprogramm 2015 - Interview mit Andreas Mergenthaler

Drifter

Das Neuheiten-Sommerprogramm 2015 des Ludwigsburger Verlags Cross Cult zeigt sich gewohnt vielseitig. CRON sprach mit Verlagsleiter Andreas Mergenthaler über die wichtigsten Neuheiten und die ersten Pläne für das neue Comicportal COMIC!.

Cross Cult: Neuheiten Sommer 2015germany48
Interview mit Andreas Mergenthaler

 

cr ICON-Fragen

AMergenthalerAndreas, bevor wir zum neuen Programm kommen. Walking Dead läuft nach wie vor gut. Inzwischen ist die Reihe auf 21 Bände angewachsen. Es wird immer wieder nachgedruckt. Wie schwierig ist es, die komplette Serie lieferbar zu halten?

Es ist sogar schon Band 22 erschienen, der die Handlung nach einem Zeitsprung in eine ganz neue Richtung führt: Die Überlebenden versuchen, eine neue Gesellschaft aufzubauen. Doch alte und neue Gefahren lauern natürlich nach wie vor … 

Die Kompendiumbände haben das Nachdrucktempo etwas gedrosselt. Aber stimmt schon: Wir müssen spätestens alle zwei Monate diverse Bände nachdrucken. Unsere Auslieferung hat so eine Art »Alarmsystem« eingerichtet. Wir werden informiert, wenn bestimmte Bände innerhalb von 60 Tagen vergriffen sein werden. Die Verfügbarkeit ist bei dieser Serie natürlich extrem wichtig. Und wenn die Verkaufszahlen weiterhin so gut sind, ist die ganze Nachdruckerei natürlich auch finanziell unproblematisch. Bei anderen Titeln ist das nämlich schon ein Problem: Man druckt nach und verkauft in den ersten drei Monaten 20 Exemplare. Nachdrucke sind finanziell gesehen deshalb manchmal leider nicht machbar – bei Ausgaben von Euro 4.000 und kurzfristigen Einnahmen von Euro 150. Einer der Gründe, weshalb wir manche Serie jetzt einfach mal auslaufen lassen müssen – schweren Herzens. Wie z.B. Roland, Ritter Ungestüm.

crosscult logo smallSchade eigentlich, was den Ritter Roland betrifft, eine der schönsten Werkausgaben der letzten Jahre. Wie gut laufen die dicken Sammelbände von Walking Dead, die Kompendien? Wird dieses Konzept weiterverfolgt?

Auch die 1.000-Seiten-Bände laufen prima. Natürlich machen wir weiter. Ende 2015 erscheint Band 3. Wegen des Umfangs ist die Wartezeit für die Fans, die nur die Kompendien lesen, natürlich leider sehr lange.

Ein weiteres Serienungetüm scheint die italienische Bonelli-Serie Waisen zu werden. Hier wird die Reihe abgeschlossen und unter mit einem Namenszusatz neugestartet. Wie zufrieden bist Du mit der Performance von Waisen?

Die Serie kommt bei den Lesern sehr gut an, weil sie immer wieder neue Facetten offenbart. Von einem ganz normalen »Aliens greifen die Erde an und die Menschheit wehrt sich à la Starship Troopers« ändert sich das ganze rasch und offenbart viele Wendungen und unerwarteten Tiefgang. Trotzdem ist die Serie sehr dynamisch und sexy und modern und wild. So eine Art Best-of-US-Comic-frankobelgischer-Italo-Manga. Bonelli leistet da wirklich eine fantastische Arbeit.

Waisen: Ringo Band 1

Wegen der ungewöhnlichen Machart und weil wir die Papier- und Druckqualität im Gegensatz zur Bonelli-Ausgabe recht hoch ansetzen, läuft die Serie bei uns aber noch als »Zuschußobjekt«. War aber so abzusehen, da wir den Verkaufspreis für 208-Seiten-HC-Bände mit Euro 16,80 sehr niedrig angesetzt haben. Sozusagen als Lockangebot. Und das hat ja ganz gut funktioniert.

Wir freuen uns schon auf die nächste »Staffel«: Waisen – Ringo, die dann Euro 19,80 pro Band kosten wird. Auch hier wird die Handlung nach einem Zeitsprung weitergeführt. Die Serie läuft auf RAI4 in Italien übrigens sogar als Motioncomic im TV. Star-Trek-Comiczeichner David Messina hat uns übrigens verraten, dass die Italiener etwas neidisch auf den deutschen Titel sind. Waisen klingt für Italiener schön hart und zackig - im Gegensatz zum eher soften Orfani. Angeblich hat Bonelli sogar mit dem Gedanken gespielt, die italienische Ausgabe der Serie »umzutaufen« und unseren Titel zu verwenden.

Peanuts Band 3

Eine schöne Ergänzung des Programms ist der Start der neuen Peanuts-Abenteuer. Wie bist Du darauf gekommen?

Da wir jetzt auch immer mal wieder neue Comics für jüngere Leser ins Programm nehmen, hat sich das natürlich angeboten. Die Peanuts, Charlie Brown und Snoopy kennt und liebt schließlich so gut wie jeder. Zudem sind die Comics, die in den USA bei BOOM! erscheinen, sehr gut gemacht. Mit viel Liebe zur Vorlage und geschrieben und gestaltet von Leuten, die für das Studio arbeiten, in dem die ganzen Peanuts-Merchandisingartikel entstehen. Einige, an den Comics maßgeblich Beteiligte, haben damals noch mit Charles M. Schulz zusammengearbeitet. Das merkt man. Zudem schadet es sicher nicht, dass Ende 2015 ein großer Animationsfilm ins Kino kommt. Das Thema wird also wieder durchstarten.

Hoffentlich auch wieder bei den ganz jungen Lesern, die mit der zweifellos schönen, bibliophilen Carlsen-Gesamtausgabe nicht viel anfangen können. Der Film wie auch die neuen Comics sind da schon eher »Kinderkompatibel«. Preislich, inhaltlich und von der Präsentation her. Die Hauptzeichnerin der Comics, Vicki Scott, wird übrigens mit ihrem Ehemann, der ebenfalls Zeichner ist, in diesem Frühjahr und Sommer gleich zwei mal nach Deutschland kommen: zur Leipziger Buchmesse und zum Comicfest München.

Wird der bei Carlsen erschienene Band ebenfalls von Euch gebracht?

Den lassen wir erstmal aus. Es gibt genug anderes Material. Den Anfang machen zwei Bände mit jeweils einer längeren Geschichte und dann folgen einige Bände mit amüsanten Kurzgeschichten. Darunter auch neu kolorierte, klassische Onepager von Charles M. Schulz.

UPgrade Band 1

Nach Steam Noir und Gung Ho ist mit Das UPgrade eine weitere Serie von deutschen Künstlern bei Cross Cult gelandet. Wie kam das zustande?

Ich war schon immer Fan von Sascha Wüstefeld und Ulf Graupner, die am Anfang unserer Verlagstätigkeit Pin-Ups für einen unserer Hellboy-Bände beigesteuert haben und die beide bei Mosaik und dann auch später bei anderen Comicprojekten tolle Arbeiten abgeliefert haben. Den Rummel um die erste »Inkarnation« von UPgrade, in Form von Softcoverbändchen verlegt von Zitty, habe ich natürlich mitbekommen.

Im letzten Sommer hat uns schließlich während des Comic-Salons der Gung-Ho-Texter Benjamin darauf aufmerksam gemacht, dass die beiden einen neuen Verlag für ihre Serie suchen würden. Ich habe mich dann gleich mit den beiden zusammengesetzt und nach ein paar Monaten Bedenkzeit – es waren noch andere Verlage interessiert – sind sie dann zu uns gekommen. Wohl, weil sich die »Gung-Hos« gut bei uns aufgehoben fühlen und weil wir den UPgrade-Jungs volle Freiheit, was Formate und Inhalte angeht, und unsere volle Unterstützung zugesichert haben.

Ich finde es bemerkenswert, dass gerade die deutschen Künstler nicht nach dem Verlag suchen, der die meiste Kohle auf den Tisch legt, sondern sich Gedanken machen, wer ihren Comic am besten präsentieren und voran bringen kann. Das spricht für ihr selbstvertrauen. Wohl wissend, dass ein größerer Verlag ihre Comics womöglich leichter im Buchhandel platzieren kann – andererseits wäre ihr Comic dann aber auch nur einer unter vielen in einem sehr umfangreichen Verlagsprogramm und wenn die Verkaufszahlen nicht stimmen, wäre vielleicht die Unterstützung auch rasch wieder weg. Das wird ihnen bei uns nicht passieren. 

Das UPgrade wird bei uns übrigens nicht im schmalen Softcoverformat neu aufgelegt, sondern im großen Hardcover-Albenformat, mit edlem Papier und einer zusätzlichen Comicstory und Skizzengalerie. So kommt die ganze knallbunte, wunderschöne, schräge Story erst richtig zur Geltung.

Drifter Band 1

Eine Überraschung ist der Titel Drifter von Nic Klein, der mir als Zeichner von Thor und Captain America bei Marvel aufgefallen ist. Und davor bei Doc Savage von DC Comics.

Drifter soll unsere Reihe mit tollen, realistisch gezeichneten abenteuerlichen Comics von deutschen Zeichnern weiterführen, die mit Steam Noir seinen Anfang genommen hat. Ich finde es fantastisch, dass es heute wieder richtig gute Zeichner unterhaltsamer Comics in Deutschland gibt. Klar, es gab Schultheiß und Scheuer und danach noch Leute wie Horus, David Boller, Geier, Martin Frei und Dirk Schulz in dieser Sparte, aber ansonsten kennt man ja derzeit, was deutsche Comics angeht, vor allem Graphic Novel, Kunst und Funny-Zeichner.

Wie man auch am Katalog sieht, mit dem die Buchmesse u.a. in Angoulême geworben hat: Der Katalog besteht zu 95% aus Graphic Novels. Was ja schön und gut ist, aber es gibt ja noch so viel mehr … Da wird man richtig nostalgisch und denkt an die Zeiten zurück, in denen deutsche Studios, Leute wie Peter Wiechmann und die ZACK-Mannschaft, Comics für ganz Europa oder gar die ganze Welt produziert haben. Richtig gute, unterhaltsame Comics, von denen wir ja auch einige im Programm hatten. Klar, die meisten davon wurden von Spaniern oder Italienern gezeichnet, aber immerhin haben die Deutschen produziert und getextet. Und heute gibt es eben fast nur noch Graphic Novel und Funny »Made in Germany«. Daran wollen wir und einige andere Verlage nun etwas ändern ...

Die Lizensierung von Drifter war übrigens sehr mühsam, da wir von Image Comics zu Literaturagent Harris Miller geschickt wurden, dieser schickte uns zu einem Freelance-Lizenzagenten, dieser wiederum zu Glénat, die uns die Serie nun auch lizensieren konnten. Puh! Manchmal zahlt sich Hartnäckigkeit aus. Ich wollte Nic, der in Kassel lebt und arbeitet, unbedingt bei uns im Programm haben, eben, weil er einer von Deutschlands besten Comiczeichnern ist. Einer von einer handvoll, die international voll konkurrenzfähig ist.

Cross Cult ist beim Verlagstriumvirat dabei, das ab März die Webseite comic.de betreibt. Was ist hier geplant?

Die drei Verlage Tokyopop, Splitter und Cross Cult wollen als Dreiergespann dem »normalen« Comic auf die Sprünge helfen, der in den letzten Jahren, besonders im Buchhandel, an Boden verloren hat, der aber zwischen den gehypten Sparten Manga und Graphic Novel wieder auf dem besten Wege ist, durchzustarten. Das belegen nicht nur Zahlen aus den USA, wo die Comics zu den wenigen Wachstumsparten im Buchhandel gehören. Nicht erst seit den Erfolgen der Marvelverfilmungen oder von The Walking Dead. Die »normalen« Comics haben ja, wie alle wissen, in Frankreich oder den USA einen deutlich höheren Stellenwert, sind richtige Massenmedien. Dass es Hierzulande auch Potential gibt, zeigen u.a. unsere Verkaufsaktionen in Media Märkten und Saturn-Filialen, in denen The Walking Dead gut läuft und sich an Leute verkaufen lässt, die das Medium Comic bisher nicht richtig kennen. Comics können also Massenmedium. Nicht nur als Comicteil in Kidsmagazinen. Auch als cooler Lesestoff für Erwachsene.

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Neben einem ersten großen, gemeinsamen Auftritt in Leipzig, mit Kinderleseecke und vielen Aktionen, ist ein eigenes (gedrucktes) Infomagazin geplant, Werbematerial, Schulungen für Buchhändler und schließlich auch der Relaunch der Website www.comic.de als Infoportal für Comicinteressierte und die, die es werden wollen. Wir wollen die Graphic Novels jetzt nicht aus dem Buchhandel drängen oder den Mangas ihren Platz streitig machen, aber den guten, alten Comics endlich auch wieder zu einer verdienten Renaissance verhelfen.

Wie gesagt: Der Zeitpunkt ist günstig. Comicthemen wie TWD sind in aller Munde, jedes Kind kennt Yakari, die Schlümpfe und die Peanuts. Jeder liebt die Big-Bang-Theory-Crew, die ständig in Comicshops abhängt. Und trotzdem sind »normale« Comics im Buchhandel kaum vertreten. Das wollen wir ändern.

Wir sind gespannt. In Leipzig auf der Buchmesse wird das Projekt COMIC! ja noch ausführlich vorgestellt. Was ist von Euch für die Manga-Comic-Con geplant?

Am großen COMIC!-Gemeinschaftsstand wird, wie bereits gesagt, Vicki Scott signieren. Es wird außerdem ein Snoopy-Walking-Act für Fotoshootings bereit stehen, und natürlich, zum Start von UPgrade, werden auch Sascha und Ulf fleißig signieren.

Die Fragen stellte Matthias Hofmann

DayMen1

GoonUniversum1

GungHo2

Outcast1

 Foto © Andreas Mergenthaler, Abbildungen © Cross Cult


Weiterführender Link:

Homepage des Verlags: Cross Cult