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Der Jaja Verlag – Interview mit Annette Köhn

Papa Dictator

Kleinverlage gibt es wie Sand am Meer. Auch im Comicbereich tummeln sich die mutigen Selbst- und Küchentischverleger munter, und jedes Jahr kommen (und gehen) welche. Nicht viele hinterlassen einen so lebhaften Eindruck wie der vor zwei Jahren in Berlin gegründete Jaja Verlag. CRON sprach mit Verlagschefin Annette Köhn über den Stand der Dinge und was die Zukunft so bringt.

»Es ist toll, Verlegerin zu sein« germany48
Der doppelte Optimismus à la Jaja

Jaja Logo2011 fasste sich die selbständige Grafik- und Webdesignerin Annette Köhn, die auch als Illustratorin und Galeristin arbeitet, ein Herz und verwirklichte den Traum vom eigenen Verlag. Die 1976 geborene gebürtige Erlangerin verschlug es im Rahmen ihrer Studienzeit in die Hauptstadt, wo sie 2006 die Ateliergemeinschaft »Musenstube« gründete.

Zwei Jahre nach der Verlagsgründung und viele Erfahrungen reicher, blickt sie weiterhin hoffnungsfroh in die Zukunft.

Matthias Hofmann hat die neusten Publikationen des Jaja Verlags für CRON gelesen [BERICHT FOLGT] und bei der Gelegenheit auch Annette Köhn ein paar Fragen gestellt.


CRON fragt. Annette Köhn antwortet.cr ICON-Fragen
Die Verlegerin im Interview.

Annette Köhn auf dem Comic-Salon Erlangen 2011Annette … Jaja Verlag … den Namen musst du erklären!

Jaja, ich erklär‘ das mal wieder: Den Verlag habe ich ja in »schwierigen Zeiten« gegründet. Alle redeten von eBooks und print-on-demand. Buchhandlungen, sowie Verlage ächzten unter den amazonischen Bedingungen. Comics im Speziellen tun sich auf dem deutschen Buchmarkt ja auch nach wie vor schwer und das Medium wurde einfach noch nicht von allen gebührend entdeckt.

Und ich wollte einfach gerne gute und schöne Bücher veröffentlichen, von talentierten, großartigen Zeichnern und Autoren, die die Welt noch nicht gesehen hat! Bücher, die man in die Hand nehmen und aufschlagen will und dann was Tolles erlebt. Darum wollte ich diese unverfrorene Unerschrockenheit, idealistisch zu sein und trotz aller Widrigkeiten einen Verlag zu gründen, auch mit in seinen Namen packen. Also »Jaja« für den doppelten Optimismus, aber auch im Sinne von einer lockeren augenzwinkernd-undramatischen Zustimmung und achte mal drauf: »Jaja« ist in aller Munde. 

Du hast den Verlag vor knapp zwei Jahren gegründet. Wie fällt deine bisherige Bilanz aus? 

Da teile ich die Bilanz mal in folgende Posten auf:

Die wirtschaftliche Bilanz: Naja. Da wird ganz schön investiert.

Die kulturelle Bilanz: Super! Es gibt nun ein paar mehr lesens- und betrachtenswerte Kulturgüter, was zu erfreuten Kunden, charmanter Presse und Aufmerksamkeit an sich führt.

Die persönliche Bilanz: Es ist toll, Verlegerin zu sein und es macht mich nach wie vor glücklich. Das Versprechen an meine Autoren, sie alle reich und berühmt zu machen, ... daran arbeite ich noch.

Hinter den sieben Burgen

Laut deiner Verleger-Philosophie steht der Jaja Verlag für »kleine feine illustrierte Machwerke«. Bei der Präsentation der eigenen Produkte geht es auf der Homepage durchaus amüsant und selbstironisch zu. So können »Bücher und weiterer Kramsums« bestellt werden. »Kramsums«, so lernt man, stehe für »Krimskrams, Krusch, Nippes, Merch, Fanartikel, Non-Book«. Das klingt nach Spaß. Aber es steckt mehr dahinter? Oder wie siehst du das?

Ja, klar ist das Spaß! Die Bücher nehm‘ ich ja sehr ernst und um die geht es vor allem, aber fast zu jedem Machwerk gibt es ein kleines Extra, wie beispielsweise vom Illustrator gezeichnete Postkarten oder Sticker. Das ist gut für Leute, die sich nicht immer ein Buch leisten können, aber auf die Illustrationen abfahren. 

Die Vielfalt der Titel von Jaja ist beachtlich. Es gibt auch Bilderbücher oder einen Stadtführer von Berlin für Kinder. Welche Art von Comics verlegst du bevorzugt?

Das ist hoffentlich eine Vielfalt, die begeistert und auch viele (verschiedene) Menschen erreicht. Was ich am liebsten veröffentliche? Comics!

Aber eigentlich ist das spezifischer gar nicht so leicht zu sagen. Manchmal kommt überraschend was per Mail und ich bin gleich Feuer und Flamme, weil mir alles daran gefällt, also die Idee und der Inhalt und die Ästhetik. Das geht dann tatsächlich nur nach meinem Geschmack. Oder es sind die Manuskripte, die von großartigen Zeichnern überraschend aus der Schublade gezogen werden und mir das Gefühl geben, einen echten Schatz zu bergen!

Cocobug

Wie kam beispielsweise die Publikation von Alexander von Knorres Hinter den sieben Burgen, eine umfangreiche Graphic Novel, die sich alleine schon äußerlich deutlich von den »selbstgemachten« Heftchen des ersten Jahrs unterscheidet, zustande? Oder Eric Schneiders Farbcomic Cocobug. Hier dürften alleine die Druckkosten und damit das verlegerische Risiko in für einen kleinen Verlag neue Sphären vorgestoßen sein.

Du hattest jetzt nur die Comics in der Hand, aber der Jaja Verlag hat schon Ende 2012 zwei Kinderbücher und ein Designerbuch mit Hardcoverbindung herausgebracht.

Aber klar, der »Knorre« ist die bislang größte Investition. Der Autor und ich wollten ja beide eine »richtige Graphic Novel« und nun ist Hinter den sieben Burgen äußerlich und innerlich ein großartiges Stück Bildliteratur geworden und fasst sich auch so an! Alexander von Knorre habe ich übrigens so halb privat vor ein paar Jahren beim Internationalen Skizzenfestival in Stralsund kennengelernt. Als ich den Jaja Verlag gegründet hatte, zog er dann mal seinen »Diplom-Comic« aus der Schublade und zeigte ihn mir beim Erlanger Comic-Salon 2012.

Eric Schneider dagegen hat den Jaja Verlag im Internet gefunden. Sein Manuskript war schon so gut wie fertig und ich war gleich angetan von der Ästhetik des durchweg aquarellierten Comics. Die kostspielige Fadenheftung und das Flexocover verdankt das Buch seinen knubbeligen Protagonisten, den Cocobugs.

Cocobug sollte einfach ein richtiges Buch werden, weil das mit dem Inhalt zusammen dann eine runde Sache ergab. Diese »Regel« ließe sich übrigens auf alle Publikationen anwenden: Die Form folgt dem Inhalt. Manche Geschichten müssen einfach »nur« klein und geheftet sein, sowie der Papa Dictator oder es bietet sich an, den Umschlag zu siebdrucken, wenn das gut zu den Illustrationen passt. Das ist dann viel kostspieliger, sieht aber schön aus und es gibt dann nur eine kleine exklusive Auflage davon.

Papa Dictator

Du hast dich mit dem französisch-deutschen Verlag Warum/Varoum zusammengetan für eine Buchhandelsvorschau. Wie kam das zustande?

Mitte letzten Jahres plante ich einen professionelleren Vertrieb, der über die Grenzen Berlins hinausgeht. Da merkte ich wohl langsam, dass mein Ich-mach-alles-selber-Konzept auf Dauer nicht funktioniert, wenn der Verlag aus seinen Kinderschuhen steigen, bzw. zu Ruhm und Ehre kommen will [lacht].

Ich entdeckte indiebook als passende Verlagsvertretung, die als dreiköpfiges Team und mit rund 40 Verlagen unter ihren Fittichen bundesweit auf Reisen gehen und gut 600 Buchhandlungen besuchen. Als ich mit indiebook ins Gespräch kam, entstand irgendwie die Idee, dass ich als kleiner neuer Verlag mich mit einem weiteren kleinen Verlag zusammentun könnte. Wandrille Leroy vom Warum Verlag kannte ich bereits und es lag nahe ihn zu fragen. Sein Programm ist viel spezialisierter, da er a) nur Comics veröffentlicht und b) eigentlich nur auf Französisch oder wortlos. Also nahm der Jaja Verlag den Warum Verlag quasi huckepack, um dem deutschen Buchmarkt gleich zwei coole Berliner Independent-Verlage zu zeigen!

Ich mag auch unseren Slogan sehr gern: »Eine Frage. Eine Antwort. Warum? Jaja!« Übrigens stieg dann zufälligerweise der avant-verlag auch Anfang Januar 2013 bei indiebook ein.

Was sind für das zweite Halbjahr 2013 an Publikationen geplant? 

Sensationelles! Es gibt im Spätsommer ein paar kleine Nettigkeiten, nämlich zwei neue Rezepthefte und einen Comic-Leckerbissen für die Älter-Werdenden: »Du bist ein Dinosaurier!«. Dann im Herbst, natürlich auch mit dem neuen Jahr im Sinn, wieder Kalender, drei ganz tolle!

Momentan stecke ich aber mein ganzes Herzblut in die Fertigstellung meines eigenen Comics Leto – Reise in die Halongbucht. Das wird ein Comicbuch für Kinder und Drachenliebhaber und voraussichtlich 140 Seiten dick und ja, es gibt noch viel zu tun, aber jaja … Leto soll noch dieses Jahr erscheinen.

Erstmalig habe ich für dieses Projekt ein Crowdfunding gestartet, um die Druckkosten gemeinsam mit Freunden, Fans und vertrauensvollen Gönnern zu stemmen. Die Finanzierungsphase geht nur noch bis Mitte August 2013, also wer das hier rechtzeitig liest, klickt bitte mal diesen Link: http://www.startnext.de/leto-comicbuch-fuer-kinder

Bisschen was fehlt noch.

Das sieht auf jeden Fall interessant aus. Und das meine ich ernst. Und der Zielbetrag sollte auch zu erreichen sein. Ich drücke dir die Daumen, dass das klappt ... und gehe diese Woche noch mit gutem Beispiel voran ...

Die Fragen stellte Matthias Hofmann

Foto © David Hartfiel, Abbildungen © Jaja Verlag


Weiterführende Links:

CRON-Besprechung der aktuellen Jaja Titel: [BEITRAG FOLGT]

Programmvorschau Herbst 2013: Jaja / Warum

Homepage des Verlags: Jaja Verlag