War das eine Überraschung! Die REDDITION hat den Max und Moritz-Preis gewonnen!
Als ich im März von der Nominierung für den auf dem Comic-Salon in Erlangen vergebenen Preis erfuhr, freute ich mich natürlich. Immerhin war es das 2.Mal, das unser Magazin in die engere Auswahl für die begehrte Auszeichnung kam. Dennoch wartete ich während der Preisverleihung am 1.Juni gespannt auf die Bekanntgabe des Preisträgers in der Kategorie Sekundärliteratur. Trotz einiger Lücken in der Geheimhaltung (von denen ich erst hinterher erfuhr), traf mich die Entscheidung völlig überraschend. Zwar hatte ich mir einige Notizen gemacht, was denn im Falle der Auszeichnung auf der Bühne zu sagen wäre; so viele Namen galt es zu nennen und so vielen Leuten zu danken, die an der REDDITION im Laufe der Jahre mitgearbeitet hatten. Na ja, meine Notizen vergass ich dann schliesslich in der Jacke auf meinem Platz, und die Gedanken wirbelten nur so durcheinander, dass eine klar formulierte und umfassende Dankesrede ohnehin nicht möglich war. Nach der Überreichung der Medaille durch den Oberbürgermeister Siegfried Balleis und den Max und Moritz-Broten durch die Mitglieder der Theatertruppe flöz productions und ihrem Programm "Ristorante Immortale" wurde die Laudatio der Jury verlesen, und ich durfte mich im Bühnenhintergrund an einem Glas Sekt festhalten. Erst als ich dort mit den bereits ausgezeichneten Künstlern und Herausgebern sass, setzte ein wenig Entspannung ein. Wie einer der Moga Mobos - die für ihre Gratis-Anthologie "100 Meisterwerke der Weltliteratur" ausgezeichnet wurden - treffend bemerkte: "Irgendwie surreal hier, oder?" Auch Ole Könneke, der für seinen Comic "Doktor Dodo schreibt ein Buch" in der Kategorie "Bester Comic für Kinder" geehrt wurde, war mächtig aufgeregt. Das von "Ristorante Immortale" gereichte Glas Sekt zitterte kräftig in seiner Hand. Schön zu sehen, dass auch die schon länger in der Öffentlichkeit stehenden ´Profis´ so eine Angelegenheit nicht einfach wegstecken. Peter Puck - ausgezeichnet als bester deutschsprachiger Comic-Zeichner - fluchte kräftig, weil die liebevoll mit Mohn, Sesam und noch viel mehr Mehl verzierten Max und Moritz-Brote seinen dunklen Anzug versauten, und Martin Perscheid wurde wegen seiner Zigarette so schnell von der Bühne verwiesen, dass er seine Siegermedaille liegen liess. Dann blitzten noch einmal die Blitzlichter der Reporter, und die ganze Sache war vorbei. Erstaunt stellte ich fest, dass sich auch das Publikum schon vollständig zum inzwischen eröffneten Buffet verzogen hatte. Der im Theatergarten abgehaltene ´Empfang´ der Stadt Erlangen - Essen und Trinken umsonst, diesmal sogar wieder mit Leberkäs und Würstchen und einem DJ - ist dann immer eine willkommene Gelegenheit zum Tratsch und Klatsch über den Comic-Salon im Allgemeinen und die Vergabe der Preise im Besonderen. Nach einer kurzen Nacht wäre am Sonntag wieder der normale Messebetrieb angesagt gewesen. Also Standaufbau, Verkauf, Beantwortung vieler Fragen und das Knüpfen von Kontakten. An diesem Tag war aber alles anders: Nicht nur die für 11.00 Uhr anberaumte Pressekonferenz "Podium der Sieger" brachte mich ein wenig aus dem Konzept, auch die vielen Gratulationen und Wünsche für die Zukunft machten aus dem eher ruhigen Messe-Sonntag einen turbulenten Tag.
Volker Hamann
Die Siegertruppe auf der Bühne (v.l.n.r): Johannes Geigl (Herausgeber von "Lost Girl"), Volker Hamann, Titus Ackermann von "Moga Mobo", Peter Puck und die anderen Moga Moboys. © Andreas Dierks |
Die einfachen Freuden des Herausgeber-Daseins: Eine Medaille und die Max und Moritz-Brote. Die waren zwar unglaublich zäh, schmeckten aber sehr gut. Dank an die Bäcker-Innung Erlangen! © Andreas Dierks |
Hier die offizielle Laudatio der Jury:
»Bei ihrer Gründung im Jahr 1984 war die "Reddition" ein Schülerstreich dreier comicbegeisterter Jugendlicher. Mittlerweile hat sie fast zwanzig Jahre auf dem Buckel und wird als eines der profiliertesten deutschsprachigen Fachmagazine geschätzt. Sie gilt als "Fels in der Brandung" der oft schnell wechselnden Modetrends, deren Autoren sachlich und kenntnisreich berichten, ohne sich den jeweiligen Marktanforderungen unterzuordnen. Dabei werden die aktuellen Entwicklungen keineswegs ignoriert. Die zwei- bis dreimal pro Jahr erscheinenden Hefte konzentrieren sich in maximal drei Dossiers auf jeweils ein Thema oder einen Autoren/Zeichner. Dabei kommen ganz unterschiedliche Aspekte zur Sprache, wodurch sich eine große Vielfalt in der Berichterstattung ergibt. Zu ihr trägt auch der vorbildliche Blick über den Tellerrand auf benachbarte Medien wie Bildende Kunst, Film und Literatur bei. Ergänzt durch sorgfältig zusammengestellte Werkübersichten bilden die fundiert recherchierten und gut lesbaren Artikel ein umfangreiches Archiv an Sekundärliteratur, das sowohl für Profis als auch für Liebhaber eine reiche Informationsquelle darstellt.« Petra Lakner