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Frisch Gelesen Folge 391: Schlafen ist Sterben

 

»Das mit dem Masturbieren geht mir noch immer nach.«


FRISCH GELESEN: Archiv


Schlafen ist Sterben

Story: Gabri Molist
Zeichnungen: Gabri Molist

Edition Moderne
Softcover | 256 Seiten | Farbe | 26,00 Euro
ISBN: 978-3-03731-261-2

Genre: Tragikomödie, Groteske

Für alle, die das mögen: Anders nicht falsch (Kommode Verlag), Der Todesstrahl (Reprodukt)



Dass der Tod und der Schlaf miteinander verwandt sind, weiß die Menschheit seit der Antike. In der griechischen Mythologie sind sie Brüder, bei US-Rapper NAS werden sie zu Cousins. Comiczeichner Gabri Molist wiederum setzt sie in seinem neuen Werk gleich: Schlafen ist Sterben. Einfach. Auf den Punkt. Im Gegensatz zum Inhalt.

Schlafen ist Sterben arbeitet sich an den Grenzen zwischen Wachen und Schlafen ab. Ein namenloser Protagonist geht tagsüber seiner Tätigkeit als Kellner nach, während er nachts aufgrund seiner Angst vor dem Tod nicht einschlafen kann und sich mit US- Serien ablenkt. (Die kurzen Sequenzen von How I Met Your Mother wirken bizarr bis verstörend.) Bald geht er zur Psychologin, die jedoch auch nur bedingt helfen kann. Immerhin erfahren wir: Masturbieren hilft auch nicht als Einschlafhilfe und mit Katzen-AIDS ist nicht zu spaßen. Erst seine seltenen Träume helfen dem Protagonisten bei seiner Angst.

Denn dort trifft er Oto. (Verstehen Sie: Wie tot, nur anders.) Das ist ein Wesen seiner Träume, das als Gesprächspartner für existenzielle Fragen weit besser als die Psychologin taugt. Es gibt zwar ab und zu Streit und Oto teilt noch ein Geheimnis mit den anderen Wesen in der Traumwelt, aber Oto hört wenigstens zu und stellt die richtigen Fragen.

All dies setzt Molist in seinem Szenario humorvoll und leicht um, was jedoch auch dafür sorgt, dass Schlafen ist Sterben nie eine tiefere Erkenntnis zu seinem Thema entwickelt: Der Tod gehört zum Leben nun einmal dazu, was der Protagonist nach einem Unfall mit dem Fahrrad endlich versteht. Und sonst wird es auch nicht schlauer.

Daneben wagt der spanische Künstler zeichnerische Experimente, löst Formen und Figuren auf. Das verkommt gegen Ende des Comics allerdings zum Selbstzweck. Um zu schocken, ist das nicht surreal genug; schick anzuschauen bleibt es trotzdem. Die Montagen des Gesichts des Protagonisten in den schlaflosen Nächten machen hingegen mehr her. Überhaupt: Wie Molist die Nervosität dieser Figur darstellt, macht Schlafen ist Sterben packend. (Weil wir alle genau so ein Männlein in uns haben, wenn es um dieses Thema geht.)

Trotz alledem: Der Eindruck bleibt, dass der 1993 geborene Molist mit diesem Comic ein paar Punkte auf seiner Bucketlist abarbeiten wollte: Referenz auf Black Hole einbauen, Jason Segel zeichnen, eine Seite nur mit Typografie gestalten, um das Aufblasen einer Gummipuppe darzustellen. Kann Molist an alles einen Haken dranmachen. Und auch an die sehr gute Idee, den Schlusspunkt auf der letzten Umschlagseite des Bandes zu setzen. Das funktioniert für den Umbruch in der Geschichte und die Atmosphäre fantastisch.

Lohnt sich die Lektüre dieses Comics also nur auf dem Sterbebett, wenn noch zwei Stunden bleiben? Das wäre vielleicht zu viel verlangt. Als Comic für schlaflose Nächte eignet sich Schlafen ist Sterben aber auf jeden Fall.

[Björn Bischoff]

Abbildungen © 2024 Edition Moderne / Gabri Molist


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