Frisch Gelesen Folge 224: Laura Dean und wie sie immer wieder mit mir Schluss macht

»Immerhin musst du kein tödliches Duell ausfechten.«


FRISCH GELESEN: Archiv


Laura Dean und wie sie immer wieder mit mir Schluss macht 

Story: Mariko Tamaki
Zeichnungen: Rosemary Valero-O’Connell

Carlsen Comics
Softcover | 304 Seiten | Farbe | 22,00 €
ISBN: 978-3-5517-6590-1

Genre: Romance

Für alle, die das mögen: Liebesgeschichten, Coming-of-Age-Storys, LGBTQIA+-Storys



Das mit dem Verliebtsein ist so eine Sache. Erst recht, wenn man 17 ist, eher zurückhaltend und der Mensch, dem all diese verwirrenden Gefühle gelten, eines der populärsten Mädchen der Schule ist. Dieses angesagte Mädchen ist Laura Dean und Freddy ist in sie verliebt. Aus der Sicht von Freddy bekommen wir die Geschichte erzählt. Die ist nämlich kreuzunglücklich. Und bis über beide Ohren verliebt. Also irgendwie so der ganz normale Wahnsinn, wenn man mitten in der Pubertät steckt und einfach so mitgerissen wird von dieser übergroßen Emotionswelle, die so eine zwischenmenschliche Beziehung auslöst.


E-Mails an die digitale Liebesleben-Beraterin als Stream of Consciousness.


Gleich zum Einstieg vertraut sich Freddy einer Online-Kolumnistin an, von der sie sich Rat in ihren Liebesfragen erhofft. Wie eine Art innerer Monolog oder Off-Text begleiten uns ihre Mails an diese digitale Doktor-Sommer-Version (wobei man dem wahrscheinlich auch längst E-Mails schicken kann, aber ich alte Schachtel weiß von so was nix). Das ist erzähltechnisch ein gelungener Handgriff und macht die Geschichten von Mariko Tamaki so frisch. Denn eigentlich haben wir es hier mit einer schon unzählige Male erzählten Geschichte zu tun. Mädchen liebt Mädchen, Mädchen ist gemein zu Mädchen und bricht Mädchen das Herz, kommt zurück und alles beginnt von vorne. Oder in welcher Geschlechterkonstellation man es auch erzählen möchte. Tamaki wählt diese Variante. Sie erzählt nämlich nicht bevorzugt aus der Frauenperspektive, sondern auch mit einem Fokus auf die queere Szene. Dabei schafft sie es besonders gut, die Balance zu halten zwischen Alltäglichkeit und dem Blick darauf, dass es wirklich noch nicht lange her ist, dass in Nordamerika queeres Leben so offen gelebt werden kann. So lässt sie ihre Protagonistin darüber sinnieren, wie viele in der Vergangenheit für Freddys Recht gekämpft haben, dass sie eine völlig verkorkste lesbische Beziehung führen kann.


Die sanfte Farbgebung und die ruhigen Bilder harmonieren gut mit der emotionalen Geschichte.


Freddys beste Freundin Doodle muss da viel mitmachen. Sie liest die zerstörte Freddy vom Boden auf, wenn Laura Dean sich mal wieder getrennt hat und ist auch ganz schnell wieder abgemeldet, wenn der Himmel sich wieder aufgeklart hat und für Freddy und Laura Dean wieder die rosa Wolken angeschwebt kommen. Als aber dann auch Doodle echte Probleme hat und Hilfe braucht, muss Freddy eine Entscheidung treffen.

Die Zeichnungen von Rosemary Valero-O’Connell sind in einem modernen mangaesken Stil gehalten, der sich aber eher an einem erwachsenen japanischen Strich orientiert und mich an eine junge Version von Kiriko Nananan erinnert. Einzig die Gesichtsausdrücke fallen gelegentlich etwas schief aus und haben eine merkwürdige Ästhetik an sich. Die schwarzweißen Zeichnungen werden durch apricotfarbene Akzente unterstützt, was die Sensibilität der Illustrationen wie auch der Erzählung abrundet.


Das stilistische Mittel der leeren Gesichter wirkt etwas unbeholfen.


Laura Dean und wie sie immer wieder mit mir Schluss macht
erfindet nun wirklich nicht das Rad neu. Im Grunde ist es eine typische Coming-of-Age-Geschichte, in der die Protagonistin herausfinden muss, was in ihrem Leben wirklich zählt, was gut für sie ist, um so daran zu wachsen und zu einer besseren Version ihrer selbst zu werden. Aber ich habe gerade deshalb tiefen Respekt vor diesem Comic, weil er es schafft, diesen alten Stoff auf eine Art zu erzählen, der ihn leicht und frisch daherkommmen lässt und so einer kommenden Generation von Heranwachsenden helfen kann, zu reifen und sich von der Erzählung berühren zu lassen.

[Mechthild Wiesner]

Abbildungen © 2019 Mariko Tamaki, Rosemary Valero-O’Connell / © Carlsen Verlag, Hamburg 2021


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