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Frisch Gelesen Folge 193: Comic-Preiskatalog 2021

Comi-Preiskataolg 2021 Teaser

»Die aktuellen Bestseller sind Micky Maus, Lustiges Taschenbuch und Clever & Smart. Keine Zeit mehr, muss Bestellungen abarbeiten.«

Frieder Maier (Sammlerecke Esslingen) am Ende seines Markt-Reports


FRISCH GELESEN: Archiv


Das Titelbild von Comic-Preiskatalog 2021 Softcover

1. Allgemeiner Deutscher Comic-Preiskatalog 2021 [Nummer 46]

Herausgeber: Stefan Riedl & Maximilian Moj

Verlag Stefan Riedl
Softcover | 680 Seiten | Farbe | 34,99 €
ISBN: 978-3-9478000-7-0
[Es existiert eine HC-Ausgabe mit Variant-Cover zum Preis: 39,90 €, ISBN-978-3-9805590-7-2]

Genre: Sekundärliteratur, Preiskatalog

Für alle, die das mögen: Sammeln von alten Comics


 

Eine der wenigen Konstanten innerhalb der deutschen Comicszene ist der 1. Allgemeine Comic-Preiskatalog. Erstmals erschienen im Jahr 1976 gibt es ihn doch tatsächlich immer noch. Allen Widrigkeiten zum Trotz.

In der Anfangszeit ging es vor allem darum, sich einen Überblick über die Masse der veröffentlichten Comichefte zu verschaffen. Aber natürlich auch darum, schlafraubende Problemstellungen in den Griff zu kriegen wie »Ist meine Sammlung komplett?« oder »Was ist meine Sammlung wert?«.

Die ersten Ausgaben hatten wechselnde Herausgeber, u.a. Peter Orban oder Interessenvereinigungen wie der Comic Buch Club und der Verein INCOS. Immer irgendwie die Finger im Spiel hatte Sammler und Händler Peter Skodzik, der 1978 die Pionierleistung Deutsche Comic-Bibliographie 1946 – 1970 im Comicaze Verlag veröffentlichte. Dieses Nachschlagewerk war ein absoluter Meilenstein, denn es wurden fast 19.000 Einzelpublikationen aufgelistet und es fanden sich mehr als 900 Titelbilder zwischen den Buchdeckeln. Comicaze verantwortete auch die Comic-Preiskataloge von 1981 bis 1984. Danach übernahm Norbert Hethke, der zusammen mit Skodzik als Herausgeber fungierte.

Unter der Ägide des Hethke Verlags erschienen 24 Kataloge, ab 1991 jeweils als Softcover und Hardcover. Ein Konzept, welches bis heute fortgeführt wird. Ab der Nummer 34 für 2009 übernahm der Österreicher Günther Polland die Herausgabe für immerhin sieben Jahre. Und mit der Nummer 41 für das Jahr 2016 übernahm der Münchner Comichändler Stefan Riedl das Zepter. Ende 2020 ist nun bereits der sechste Katalog bei Riedl erschienen. Die Redaktion leitet Maximilian Moj.

Insgesamt kann man nach einem halben Dutzend Jahren feststellen, dass sich der Preiskatalog bei Riedl und Moj in guten Händen befindet. Sämtliche Befürchtungen und Unkenrufe, die nach der Übernahme das baldige Ende der Institution Comic-Preiskatalog prophezeiten, haben sich nicht bewahrheitet. Nach wie vor präsentiert das Referenzwerk eine enorme Menge an Informationen. Auf dem Cover der neuen Ausgabe prangt der Spruch »Trotz Corona dicker als je zuvor!«. Insgesamt 680 Seiten belegen das eindrücklich.

Titelbild: Comic-Preiskatalog 2021 (Softcover)

Titelbild der Softcover-Ausgabe

 

Obwohl wenn man es dem neuen Preiskatalog nicht anmerkt, die weltweite Viruspandemie hatte auch ihre Auswirkungen auf die Erstellung des Nachschlagewerks. Es gab keine Comicbörsen, keinen Comic-Salon in Erlangen, somit auch keine Gelegenheit der Sammler, sich persönlich zu treffen. Das hatte ebenfalls Einfluss auf die jährliche Preisbestimmung, denn der »Rat der Comicweisen«, so die beiden Herausgeber im Vorwort, konnte sich nicht, wie ursprünglich geplant, im Mai in einem Tagungshotel in Friedrichsdorf bei Frankfurt am Main treffen. Auch Versuche, Versammlungen über diverse digitale Videodienste wie Skype und Zoom abzuhalten, scheiterten an technischen Problemen »und der allgemeinen Erkenntnis, dass stundenlanges Tagen per Video sehr nervenaufreibend und anstrengend ist«.

Schließlich wickelte man Kommunikation und Preisermittlungen per E-Mail ab. Und hofft darauf, dass es 2021 wieder mit persönlichen Treffen normal laufen kann.

Der interessanteste Teil eines jeden Comic-Preiskatalogs sind die Marktreports der verschiedenen Händler und Sammler. Hier gibt es enorme Unterschiede in der Berichterstattung und die einzelnen Beiträge scheinen komplett unlektoriert abgedruckt worden zu sein. Das hat zwar einen gewissen amateurhaften Charme, aber so stehen eher kurzangebundene Reports Texten gegenüber, die viel zu geschwätzig und streckenweise austauschbar nichtssagend sind. Es fehlt eine übergreifende Analyse der Einzelmeinungen, die klare Trends herausarbeitet. Und trotzdem sind die meisten Texte zumindest interessant zu lesen und geben einen gewissen subjektiven Eindruck der Lage wieder. Dennoch: Vielleicht sollten manche Händler sich die Beiträge des Overstreet Price Guide, dem Preiskatalog-Pendant in den USA, anschauen und sich dort für die Zukunft Anregungen holen.

Der neue Katalog hat wieder diverse »Marktreport Spezial« zu bieten, u.a. über Serien wie Boris Karloff (BSV), Krimi Klassiker (BSV) oder die Globi Jahrgangsbücher.

Diese Specials sind lobenswert, weil sie konzentriert Informationen bieten. Allerdings sind sie stellenwese mit so kleiner Schrift gesetzt, dass man schon fast eine Lupe zum Lesen braucht. Das wirkt insgsamt etwas stiefmütterlich behandelt und ohne Not wie Füllmaterial. Oder sind diese Specials gar nicht zum Lesen gedacht?

Auch die Auswahl der Themen für die Specials ist merkwürdig. Es gibt keinen Zusammenhang zu aktuellen Geschehen oder Jubiläen, wie international üblich, sondern es wird wahrscheinlich gebracht, was der Redaktion gerade vorgelegt wird. Wäre es da nicht sinnvoller, gezielt Serien oder Sammelgebiete zu würdigen, die eine gewisse Relevanz oder gerade ein Jubiläum haben? Und diese Themen in Auftrag zu geben? Aber im Ernst: Wer interessiert sich wirklich für die Serie Geheim Brigade? Abgesehen davon, dass es sich bei dieser BSV-Serie aus dem Jahr 1967 für eine völlig belanglose, durchschnittlich geschriebene und gezeichnete Serie aus Spanien handelt, die auf dem Sammlermarkt selten bis nie erwähnt oder gar gesucht wird, hat der Autor des Beitrags, Christian Blees, hier eine bemerkenswerte Recherche-Leistung abgeliefert, die diese Minischrift nicht verdient hat. Lässt man das Thema des Beitrags außer Acht, wurden hier Perlen vor die Säue geworfen und man wünscht sich, dass Blees sich um eine wirklich relevante Serie mit der gleichen Akribie gekümmert hätte.

Titelbild: Comic-Preiskatalog 2021 (Hardcover)

Titelbild der Hardcover-Ausgabe

 

Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Comic-Preiskatalog 2021 für alle, die sich mit Comics beschäftigen, ein wichtiges Werkzeug ist, um sich einen Überblick über den deutschsprachigen Sammlermarkt zu verschaffen. Weniger wegen den dort genannten Sammlerpreisen, denn deren Festlegung ist, wie schon zu Hethke-Zeiten und davor, sehr subjektiv von den teilnehmenden Händlern geprägt. Inzwischen sind es nicht einmal zehn Personen, und diese niedrige Zahl spricht für sich.

Davon abgesehen ist der Comic-Preiskatalog ein liebgewonnenes Nachschlagewerk, welches auch Spezialgebiete abdeckt wie z.B. Werbecomics, Beilagen, Sammelbände, Klubartikel oder Sekundärliteratur. Schon alleine durch die Fülle an Informationen und die vielen Abbildungen ist er auf jeden Fall seinen Preis wert.

Für die Zukunft sollte man sich jedoch eine zusätzliche digitale Edition mit Suchfunktion überlegen, wie es sie z.B. auch in den USA schon seit einigen Jahren gibt. Auch betagte Comicsammler sind, man mag es kaum glauben, inzwischen mit tragbaren Endgeräten wie Handys und Tablets ausgerüstet, mit denen man den Comic-Preiskatalog digital bequem auf Comicbörsen und Flohmärkten auf der Suche nach seltenen Fundstücken und Schnäppchen mit sich tragen kann …

[Matthias Hofmann]

Abbildungen © 2020 Verlag Stefan Riedl


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