ALFONZ on Tour: Erlangen 2018, Tag 1

Der Comic-Salon wird volljährig. Zum 18. Mal lockt die Neunte Kunst nach Erlangen. Und in diesem Jahr ist einiges anders. Weil der übliche Veranstaltungsort, die Heinrich-Lades-Halle, saniert wird, hat sich das Festival weiter in die historische Altstadt, rund um den Schlossplatz verlagert. CRON ist mit dabei und gibt an dieser Stelle jeden Tag einen persönlichen, sehr subjektiven Lagebericht ab.

Tag 1 beim Comic-Salon - Hitze, Witze, Wartezeitengermany48

Der kalendarische Sommer ist noch einen guten Monat entfernt, in Erlangen grüßt er jetzt schon vom Himmel. Eine kleine Erfrischung im Hotel bringt nicht viel. Auf dem Weg zum Schlossplatz, der in diesem Jahr das Zentrum des Comic-Salons bildet, ist das Hemd schon wieder feucht. Nach einem Rundgang durch Messehalle A ist es endgültig durchgeschwitzt. Draußen drückt die Sonne, drinnen geht die Klimaanlage in die Knie. Fächer sind noch begehrter als kühle Getränke, aber schnell vergriffen. Immerhin: Die Wege zu den Ausstellungen und Veranstaltungen sind kurz und der Schlossgarten ist nah. Hier lässt es sich deutlich entspannter und schattiger verschnaufen als vor der Heinrich-Lades-Halle. Auch die Aussteller können dem erzwungenen neuen Standort etwas abgewinnen. Die Lage in der Fußgängerzone spült erfreulich viel Laufkundschaft ins Zelt, die den Weg in die Lades-Halle in den vergangenen Jahren nicht gefunden hatte.

Der neue Standort 2018: Messehalle A auf dem Erlanger Schlossplatz

Das Messezelt hat noch einen ganz anderen Vorteil. Vom ALFONZ-Stand ist man flugs durch den Seitenausgang im Freien, anstatt sich mühsam durch die Besuchermassen zu schlängeln. Von hier sind es nur ein paar Schritte zur Orangerie, in der Christopher Butcher, Jeff Lemire, Ray Fawkes und Francis Desharnais sich mit Moderator Lars von Törne fachkundig und angeregt über die kanadische Comicszene unterhalten. Die vier bilden die Speerspitze einer ganzen Delegation von kanadischen Comickünstlern und Festivalorganisatoren, die sich in diesem Jahr im Oberen Foyer des Redoutensaals präsentieren. Neben den Podiumsteilnehmern sind u.a. Meages Fitzgerald, Aaron Manczyk, Christian Quesnel sowie Katie und Steven Shanahan vor Ort.
Es tut sich was in Kanadas Comicszene, vor allem bei den Verlegern, die Brücken zwischen den englisch- und den französischsprachigen Künstlern bauen. Eins wird in dieser Diskussion aber auch klar: Die Sprachbarriere bleibt weiterhin das größte Hindernis.

Cover von Jeff Lemires und Dean Ormstons "Black Hammer"

Eine natürliche Barriere erschwert im Anschluss den Weg zur 25. Preisverleihung des Interessenverbands Comic e.V., kurz ICOM. Denn plötzlich ist es aus mit Sonnenschein. Ein Platzregen fegt die Straßen menschenleer und hält bis kurz vor der Veranstaltung an. Um rechtzeitig anzukommen, bleibt nur der Sprint durchs kühle Nass. Doch die Eile war vergebens. Erst mit 20 Minuten Verspätung geht es endlich los. Die Jury freut sich über einen ausgeglichen guten Jahrgang, der ein Urteil erschwert habe und wünscht sich fürs nächste Jahr wieder mehr Webcomics und Mangas. Von den Preisträgern, die unten aufgelistet sind, und den Vorjahressiegern, die ihre Nachfolger küren sollen, ist kaum einer da. Die Veranstalter nehmen's mit Humor.

Die ICOM-Preisverleihung 2018

Mit guten und schlechten Witzen und immerhin einem Manga klingt der Abend aus. Massengeschmack-TV hat zum ComicTalk ins Theater Fifty-Fifty geladen. Und auch hier heißt es erst einmal warten, weil der Soundcheck viel zu lange dauert. Diskutant Hennes Bender reagiert pointenreich, Moderatorin Hella von Sinnen ziemlich schnippisch. Ihr Kollege Volker Robrahn und Gast Nummer zwo, Comickünstlerin Claudya Schmidt, bleiben gelassen. Die anschließende Gesprächsrunde ist sich hingegen ziemlich einig. Bis auf Brian K. Vaughans und Adrian Alphonas Runaways, der ein leichtes Gegenwindchen bekommt, geht bei allen anderen besprochenen Comics, Die Adoption, Micky Maus - Café Zombo, Black Hammer, Eine Hand voller Sterne und den ersten drei Bände der Unheimlichen, der Daumen rauf. Das ist nicht immer fachkundig, dank Hennes Bender aber zum Teil herrlich nerdig. Und wenn sich Hella von Sinnen bei Loisels Band in Ekstase redet, gibt das schon einmal einen kleinen Ausblick auf die Max-und-Moritz-Preisverleihung.

Falk Straub

© Abbildungen: Jeff Lemire, Dean Ormston, Splitter Verlag


ICOM Independent Comic Preis 2018

Bester Independent Comic
JAZAM Vol. 12: Spiel
(vom Baur/Simon GbR)

Charly-Eiselt-Preis für die beste Publikation eines Newcomers
Eva Müller
Sterben ist echt das Letzte!
(Schwarzer Turm)

Bester Kurzcomic
Heinz Wolf
Verhandlungssache
(in: Echo des Wahnsinns, Sphinx Spieleverlag)

Herausragendes Szenario
Federico Cacciapaglia
Immigrant Star
(Jaja Verlag)

Herausragendes Artwork
Paula Bulling
Lichtpause
(Rotopol Press)

Sonderpreis der Jury für eine bemerkenswerte Comicpublikation
Elisabeth Baumgartner, Viviane Tanner
Heart of Gold
(sparklermonthly.com/series/heart-of-gold)

Sonderpreis der Jury für eine besondere Leistung oder Publikation
Christian A. Bachmann Verlag

Lobende Erwähnungen
Marte Negele 
Fremdkörper
(
in Versunken & Entsprungen, Wißner-Verlag)

Alex Jakubowski und Lois Lammerhuber
Don Rosa – I Still Get Chills

(Edition Lammerhuber)

Ralf Marczinczik
Kristall und Rauch
(Museum Schnütgen)

Christopher Tauber, Annelie Wagner
Das größte Fest der Welt
(Junges Museum Frankfurt, Zwerchfell Verlag)