Frisch Gelesen Folge 390: Der wichtigste Comic der Welt

 

»All das ist ohne deine Unterstützung nicht möglich. Du hast eine Stimme. Du bist nicht machtlos. Du kannst helfen. Und wenn du es zulässt, zeigen wir dir gerne, was du tun kannst …«


FRISCH GELESEN: Archiv


Der wichtigste Comic der Welt. Geschichten zur Rettung des Planeten

Gründer, Editor, Art Director: Paul Goodenough
Story:
Cara Delevingne, Jane Goodall, Ricky Gervais, Brian Azzarello, Simon Furman, Jenny Jinya, Drew Sheneman, Hannah Hillam, u.a.
Zeichnungen: Timo Wuerz, Rositsa Vangelova, Hector Trunnec, Danijel Žeželj, Cliff Chiang, Neil McClements, Stefano Martino, u.a.

Panini (Graphic Novels)
Hardcover | 360 Seiten | Farbe | 39,00 €
ISBN: 978-3-74163-825-1

Genre: Graphic Novel

Für alle, die das mögen: Global 2000 (eine 1977 von US-Präsident Jimmy Carter in Auftrag gegebene Umweltstudie), Friedlich in die Katastrophe (1981), Fridays for Future, Letzte Generation



Die Letzte Generation, Fridays for Future … haben sicherlich eine fundamentale Berechtigung, die Themen sind aber auch nicht neu. Neu ist der organisierte Protest, neu ist die Omnipräsenz in den sozialen Medien, neu sind die zum Teil hinderlichen Aktionen. Was erreicht man damit?

Vielleicht immer noch nicht genug und da kommt Der wichtigste Comic der Welt ins Spiel. Nehmen wir diesen Comic einfach als weiteres Puzzlestück, das mit den Mitteln der Neunten Kunst versucht, aufmerksam zu machen, zu sensibilisieren und zum Mitdenken und Mitmachen zu motivieren.


Beitrag von Brian Azzarello


Aufgeteilt ist das Buch in vier Kapitel: »Veränderung«, »Schützen«, »Retten« und »Motivieren«. Innerhalb dieser Kapitel werden u.a. die Themen Konsumverhalten, Umweltzerstörung, Abholzung, Plastik und Abfall, bedrohte Tierarten etc. in Form ein- und kurzseitiger Geschichten adressiert.

Im Kapitel »Veränderung« werden einige der aktuellen globalen Systeme und Praktiken gezeigt, die die Welt ins Verderben führen, im Kapitel »Schützen« geht es darum, Lösungen aufzuzeigen, wertvollste und artenreichste Gegenden gegen kommerzielle Nutzung, Überfischung, Ölförderung und illegalen Wildtierhandel zu bewahren. »Retten« beschäftigt sich mit Auswilderung, Wiederansiedlung von Spezies und Renaturierung, und im letzten Kapitel »Motivation« soll der geneigte Leser unterstützt werden, nachzudenken, sich zu engagieren und im Handeln bestärkt werden.

Abgerundet werden die einzelnen Kapitel durch Projektprofile unterschiedlicher Umweltorganisationen wie Greenpeace, World Land Trust, re:wild , Bron Free, Reserva YLT oder The Wildlife Trusts.


Beitrag von Drew Sheneman


Mit von der Partie sind unter den Zeichnern, Autoren oder Inspiratoren so klangvolle Namen wie Peter Gabriel, Yoko Ono, Garth Ennis, Dame Judie Dench (M aus James Bond) oder Sir Ian McKellen (Gandalf). So unterschiedlich wie die Teilnehmer und die Themen sind auch Qualität und Zeichenstil, von kindlich naiv bis fast schon fotorealistisch. Wenn man sich z. B. die drei Seiten von Yoko Ono mit dem Titel »Ich liebe dich, Erde« anschaut (Artwork von Timo Wuerz), dann wundert es mich nicht mehr, dass mit der Frau die Geschichte der Beatles ein Ende erfahren hatte. Sollte eine Textfolge wie »Ich liebe dich, Ich liebe dich, Ich liebe dich, Erde. Ich liebe dich, Ich liebe dich, Ich liebe dich jetzt« Poesie sein, dann erschließt es sich mir nicht. Ich finde das schon ziemlich platt und ohne wirkliche Aussagekraft.

Dagegen ist der Einseiter »Ted spricht«, inspiriert von Peter Gabriel, schon fast ein Schenkelklopfer, einfach weil Ted ein Orang-Utan ist. Es gibt auch durchaus bewegende Geschichten, wie die von Jenny Jinya über Bären in Gefangenschaft und Möwen, die aufgrund der Umweltverschmutzung kaum Möglichkeit zum Überleben haben oder die eher bedrohlichen Seiten über illegalen Fischfang von niemand geringerem als Brian Azzarello.

Inhaltlich finde ich das Ganze etwas zwiespältig, zu wenig objektiv, zu einseitig und viel zu viel erhobener Zeigefinger. Ist wohl auch nicht anders zu erwarten, bezeichnet sich Rewriting Earth, der Herausgeber, selbst als globalen Zusammenschluss von mehr als 300 der einflussreichsten Geschichtenerzähler der Welt, die sich hinter einer Sache vereinen … unserem Planeten. Gemeinsam will man unpolitische und unvoreingenommene Inhalte für ein Mainstreampublikum mit Fantasie, Originalität und Humor schaffen.

Aus meiner Sicht bleibt der Humor dabei etwas auf der Strecke, lustige Passagen habe ich kaum gefunden. Und da die Themen, wie oben schon erwähnt, nicht neu sind, fehlt es mir auch an Originalität. Originell ist allenfalls, diese Themen in geballter Form als Comic herauszugeben.


Beitrag von Jenny Jinya


Ob der Der wichtigste Comic der Welt den eigenen Ansprüchen genügt, wird wohl im Auge des Betrachters entschieden. Wer aufgrund eigener Einstellung (politisch, umweltbewusst …) zusätzlich dem Medium Comic nicht abgeneigt ist, findet in diesem Band sicherlich vielfältige Bestätigung, ansonsten gibt es qualifiziertere Quellen, um sich zu informieren und den eigenen Weg zu finden.

Überschrieben ist der Comic übrigens mit: »Eine Anthologie, die sich dafür einsetzt, auf menschliche Weise so viele Arten wie möglich vor dem Aussterben zu bewahren.« Nach der Lektüre verstehe ich das so, dass nicht nur die Tiere damit gemeint sind.

[Stephan Schunck]

Abbildungen © 2024 Panini / Hannah Hillam, Brian Azzarello, Drew Sheneman, Jenny Jinya


Kauft den Comic im gut sortierten Comicfachhandel oder beim Verlag: Panini