Batman live zu Haus – Eindrücke vom DC Fandome

Corona macht erfinderisch. Wenn die Fans nicht zu ihren Comicheldinnen und -helden kommen können, dann kommen die Heroen einfach zu ihnen nach Hause – live via Internet. Unter dem Titel DC Fandome ging am vergangenen Wochenende ein Riesenspektakel über die Bühne. CRON hat eingeschaltet und gibt ein Urteil ab.

24 Stunden
Warten auf Gadot

Beim Unterhaltungskonzern The Walt Disney Company betrug die Dividendenrendite fürs Jahr 2019 überschaubare 1,35 Prozent, dafür gab es hervorragende Produkte wie Avengers Endgame aus dem grandiosen MCU. Beim Telekommunikationsunternehmen AT&T, dem Eigentümer von DC Comics, gab es im selben Zeitraum stolze 5,21 Prozent und kürzlich Massenentlassungen selbst bei den Führungskräften. Darum sollte es beim internationalen Livestream vom 22. bis zum 23. August 2020 mit dem kernigen Titel DC Fandome selbstverständlich nicht gehen.

Abgesehen von Actionfiguren oder Musicals, Liveshows, Kreuzfahrten oder Vergnügungsparks wurden alle Stufen der Verwertungskette bestens beleuchtet in dieser Dauerwerbesendung: Filme wie Wonder Woman 84, das neue Videospiel Gotham Knights, die siebte Staffel der TV-Serie The Flash, Netflix- und Audible-Adaptionen von Sandman, ein Lied über Superman, eine Lego-Figur und natürlich noch die neue Klamottenkollektion von Tennisspielerin Venus Williams, die von Wonder Woman inspiriert wurde. Das alles war selbstverständlich »amazing« und total »empowering« gerade auch für »little girls« und »people of color«. Am Ende der Veranstaltung folgten überraschenderweise nicht die Quartalszahlen, sondern der Trailer zum Film The Batman, ausgerechnet unterlegt von einem der schönsten und traurigsten Lieder von Kurt Cobains Band Nirvana mit dem Titel Something in The Way.

Die pure Masse der Panels konnte einen erschlagen, weshalb es sinnvoll war, dass auf der Homepage ein persönlicher Plan zusammengestellt werden konnte. Tatsächlich war es aber kein 24-stündiges Programm, sondern im wesentlichen acht Stunden, die nacheinander liefen. Letztlich hat niemand etwas verpasst, der nicht live am Computer oder wie Jim Lee live am Fernseher und am Laptop online war. Alle Trailer und mehr sind problemlos auf YouTube oder auf anderen einschlägigen Seiten wie der Internet Movie Database (IMDb) zu finden. Apropos, mit einer 2MBit-Leitung war die DC-Homepage nun wirklich nicht optimal erreichbar. Bild und Ton stockten und so half es enorm, einfach dem Livestream anderer YouTuber zu folgen, dann konnte das Spektakel auch am Fernseher in guter Qualität verfolgt werden.

Im Corona-Jahr haben wir uns an Videokonferenzen gewöhnt, aber auch gelernt, dass sie nicht annähernd den persönlichen Kontakt ersetzen können. YouTuber berichteten bereits darüber, dass die Posts und Tweets dieses Jahr 90 Prozent geringer sind als bei der San Diego Comic-Con 2019. Und so fühlte sich dann auch DC Fandome auf Twitter recht einsam an. Bei jedem ARD-Tatort sind mehr Nutzer online aktiv als bei dieser offensichtlichen Randgruppen-Veranstaltung.

Die Interaktion des Publikums, die hier allesamt in den Topf »Fans« geworfen wurden, bestand aus Fragen, veröffentlichten Fotos ihrer Zeichnungen, Tätowierungen oder als Superhelden kostümierten Haustiere. An Zuschauer, die ernsthaft an Comics interessiert sind, richteten sich Jim Lees knappe Besprechung der Werke eines offensichtlich begabten Hobbyzeichners sowie Neil Gaimans Rückblick auf Sandman. Das war dann mehr fürs Auge und spannender zu verfolgen als YouTube-Videos von Cons wie in San Diego, in denen lediglich Menschen an langen Tischen nebeneinandersitzen und befragt werden. Wobei so etwas auf einer real besuchten Con durchaus reizvoll sein kann, zumal dann, wenn man selbst Fragen stellen darf oder später ein Foto oder Autogramm der Künstler ergattern kann.

Sehenswerter und unterhaltsam waren auch James Gunns Erläuterungen zur Comicvorlage für den zweiten Film der Suicide Squad, bei der nahezu alles vom Vorgängerwerk rausgeflogen ist außer der charmanten Margot Robbie als Harley Quinn.

Auch das ist ein gutes Stichwort, außer Robbie und Zachary Levi (Shazam!) fehlt es den Filmen von DC an charismatischen Schauspielern und vor allem an guten Filmen. Wie fesselnd wäre eine Marvel-Show mit Robert Downey Jr., Elisabeth Olsen, Chris Evans, Scarlett Johansson oder gar jemanden, der einen Funken Kritik äußern könnte wie Edward Norton! Während Marvel bzw. Kevin Feige scheinbar ein goldenes Händchen hat und selbst Figuren aus der dritten Reihe wie die Guardians of the Galaxy zu Hit-Filmfiguren verwandelt, wirkte das alte große DC-Universum in der Livesendung absurd winzig. Im Grunde ging es immer nur um Batman, Wonder Woman und zwei, drei andere Mitstreiter der Justice League.

Alles in allem war diese aalglatte Werbeshow eher steril und fade. Der zweite Trailer zu Wonder Woman 84 mit der schlecht computeranimierten Schurkin Cheetah beschädigte eher die Vorfreude, welche der erste Trailer ausgelöst hatte. Und bei Gal Gadot fällt eben doch auf, dass Englisch nicht ihre Muttersprache und sie wohl eher Model als Schauspielerin ist, alles wirkte recht verkrampft und verstockt. So viel geballte Zustimmung, Eigenlob und Anbiederung erinnerte auch eher an kommunistische Parteitage als an eine Veranstaltung über Kunst der Kunst willen, wie sie Zack Snyder bei seinem Panel zum Snyder-Cut des furchtbaren Justice-League-Films beschwor. Den gibt es dann in Zukunft in einer vierstündigen Fassung. Wobei die Computereffekte immer noch so aussehen wie in einem Game aus den 1990er-Jahren, aber zumindest bleibt mehr Raum für Cyborg, Flash und Wonder Woman.

[Stefan Svik]

Abbildungen © 2020 DC Comics/DC Fandome