»AAAAHHHHHH!!!, JAAAA!, OHH…, AGH!, Bang, Bang, CRACK!, OOOOOHHHH!, JAAAAA!, …«
FRISCH GELESEN: Archiv
Bang Bang Band 1: »Die Geliebte von Al Capone«
Story: Carlos Trillo
Zeichnungen: Jordi Bernet
All Verlag
Hardcover | s/w | 68 Seiten | 19,80 €
ISBN: 978-3-96804-128-5
Bang Bang Band 2: »Viva Mexiko«
Story: Carlos Trillo
Zeichnungen: Jordi Bernet
All Verlag
Hardcover | s/w | 68 Seiten | 19,80 €
ISBN: 978-3-96804-130-8
Genre: Erotik, Porno
Für alle, die das mögen: Playboy, Penthouse, Sally Forth, Volksverlag
Ein bisschen mehr Recherche im Vorfeld und ich hätte gewusst, was mich erwartet. So habe ich mich durch die Namen des Szenaristen und des Zeichners blenden lassen. Der leider viel zu früh verstorbene Carlos Trillo (1943–2011; u. a. Sick Bird, Fúlu, Vampire Boy, Roter Mond) und Jordi Bernet i Cussó alias Bernet (u.a Torpedo, Sarvan, Snake, Mörderische Leidenschaft) stehen in der Regel für außergewöhnliche Geschichten und unvergleichliche Zeichnungen. Was ich bei meiner Auswahl überhaupt nicht auf dem Schirm hatte, war die Serie Clara de Noche (auf Deutsch: Betty, Kult Editionen), die ab 1992 wöchentlich in der spanischen Zeitschrift El Jueves erschien und erst nach 1243 aufeinanderfolgenden Wochen 2015 beendet wurde. In dieser Serie werden die Abenteuer der »unschuldigen« Prostituierten Clara Fernandez und ihrer Beziehungen zu ihren Kunden erzählt – handwerklich gut gemacht, aber eher »schlüpfrig«.
Bang Bang, die vierte und letzte Zusammenarbeit von Trillo und Bernet, geht in eine ähnliche Richtung. Mit »Die Geliebte von Al Capone« und »Viva Mexiko« hat der All Verlag jetzt die ersten beiden Bände der Serie in seiner »Ab 18«- Rubrik veröffentlicht. Im spanischen Original heißt der Comic Cicca Dum-Dum und wurde ursprünglich zwischen 1998 und 2006 im Penthouse Magazin veröffentlicht. Um es auf den Punkt zu bringen, da gehört er auch hin.
Trotz des expliziten Inhalts gibt es tatsächlich so etwas wie eine rudimentäre Rahmenhandlung. Chica Bang Bang alias Cicca Mammone ist in der Männerwelt bekannt dafür, dieselbe Wirkung zu haben wie ein Explosivkörper. Völlig verliebt bestiehlt Chica niemand anderen als Al Capone, um ein neues Leben anzufangen. Die Unterwelt macht sich auf, die Diebin zu schnappen, doch einer nach dem anderen erliegt den virtuosen Fähigkeiten der Protagonistin, letztendlich sogar Al Capone, der für sie sogar das berühmt-berüchtigte Valentinstag-Massaker veranstaltet.
Kurz danach geht es in Richtung Mexiko, und als es schon ganz nach einem Happy End mit dem superreichen, aber alten Don Marcial aussieht, weckt Chica die Begehrlichkeiten »einer Horde ebenso zwielichtiger wie von sinnlichen Verlangen erfüllter Militärs«. Und weiter geht es mit Flugzeug und williger Begleitung irgendwo in die Savanne.
Viel mehr muss man zum Inhalt der beiden Bände wohl nicht erzählen. Rein, raus, Micky Maus! Mehr ist das nicht.
Natürlich erliegt man immer wieder kurzzeitig dem Gefühl, als vermeintlicher Voyeur und Rezensent die Geschichte ohne große Emotionalität zu betrachten, aber zumindest mir ist das zunehmend schwer gefallen. Inhaltlich sind beide Bände, wie beschrieben, eher der Rahmen für Chicas sehr spezielle Vorlieben. Zeichnerisch bleiben leider auch Zweifel an der Genialität eines Bernet. Wer dessen Zeichenstil mag, der kommt hier wohl trotzdem voll auf seine Kosten.
Chica ist, wie fast alle Frauen in Bernets Comics, ein physisches Ideal. Ausgestattet mit der Schönheit der Aphrodite und einem makellosen Körper von perfekten Proportionen, bleibt sie in endlosen Szenen von Nahaufnahmen mit mehr oder weniger großzügig ausgestatteten Partnern (meist hässliche, schmutzige Vergewaltiger mit ekelhaften Physiognomien) makellos. Also perfekt umgesetzt, aber irgendwie oberflächlich mit wenigen Details und wenigen – sonst typischen – Schraffuren in den Panels.
Anfangs durchaus interessant, wird das Ganze durch die Frequenz der immer gleichen Wiederholungen zunehmend langweilig. Es gibt kaum wirklich humorvolle Szenen, die zum Weiterlesen anspornen. Wer also alle sechs Bände lesen möchte, wird kaum überrascht werden. Ich kann mir zumindest nicht vorstellen, dass es für diese Art der Neunten Kunst ein breites Publikum gibt. Aber wer weiß schon, was in den Köpfen der Comicleser so vor sich geht.
Zeichnerisch Top, inhaltlich eher auf einem vorhersehbaren, ganz, ganz niedrigen Niveau.
Nichtsdestotrotz ein großes Dankeschön an Ansgar Lüttgenau vom All-Verlag, der für diese Rezension die ersten beiden Bände von Bang Bang zur Verfügung gestellt hat.
[Stephan Schunck]
Abbildungen © 2022 All Verlag / Carlos Trillo, Jordi Bernet
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