»Einmal haben sie 'nem armen Kerl
das Rückgrat durch die Harnröhre rausgelutscht.«
FRISCH GELESEN: Archiv
Saga Band 1
Story: Brian K. Vaughan
Zeichnungen: Fiona Staples
Cross Cult
Hardcover | 160 Seiten | Farbe | 22 €
ISBN: 978-3-86425-187-0
Genre: Science Fiction, Fantasy, US-Serie
Für alle, die das mögen: Y- The Last Man, Star Wars
Huch! Irgendwie muss Brian K. Vaughans neue Serie Panini durch die imaginären Lappen gerutscht sein – oder man hat in Stuttgart das Potential nicht gesehen? Oder nichts von all dem? Aber dank dem Gespür von Mergenthalers Andreas ist so diese Image-Serie, die seit ihrem Debüt in den US of A Anfang 2012 für positive Schlagzeilen sorgt, irgendwie bei Cross Cult gelandet. Also auch im »Schwabenländle«. So wie zuvor bereits The Walking Dead.
Nun ist Saga nicht von dem gleichen Holz geschnitzt wie der Kirkman‘sche Zombie-Thriller, aber die Serie passt zum Zeitgeist und ist nicht nur kommerziell erfolgreich, sondern inzwischen auch preisgekrönt. Und irgendwie ist sie bei Cross Cult bestens aufgehoben. Man schenkte ihr gar die Aufmerksamkeit eines ganzen Quartetts von Leuten, denn gleich vier Namen tummeln sich im Impressum unter »Lektorat und Redaktion«: Ramona Böhm, Christian Endres, Frauke Pfeiffer und Filipe Tavares. Credit where credit is due …
Herausforderung für jeden Übersetzer:
Aus »Bloody fucking blood fuck« wird »Verschissene Kackscheisse«.
Aber nun zum Comic selbst. Wer Brian K. Vaughan als Autor schätzt (und vor allem dessen Science-Fiction-Serie Y – The Last Man), der kann bei Saga problemlos zugreifen. Aber Achtung, hinter dem recht langweiligen Serientitel verbirgt sich eine beachtliche Menge von durchgeknallten Charakteren. Dabei ist die Grundstory recht simpel gestrickt: Völker, ja ganze Planeten, liegen im Clinch. Vaughan erzählt vor einem Space-Opera-Hintergrund die Geschichte des Liebespaars Marko, dessen Kopf Widder-Hörner zieren und der über magische Fähigkeiten verfügt, und Alana, die Flügel hat und somit fliegen kann, aus der Sicht deren Tochter Hazel, die auf den ersten Seiten gerade geboren wird (Alana: »Kacke ich? Es fühlt sich an wie kacken!«). Wenngleich das Liebespaar etwas komisch aussieht, die beiden benehmen sich wie »du und ich«. Nämlich sehr menschlich. Ansonsten ist Krieg und Marko und Alana sind auf der Flucht mit dem Neugeborenen im Gepäck.
Alana, Marko und Hazel auf dem Backcover
Geboten wird ein stellenweise haarsträubendes Science-Fantasy-Märchen, das im Grunde nichts bringt, was man irgendwo anders nicht schon gesehen, gehört oder gelesen hat, aber wie sagt man so schön? Die Mischung macht’s! Und, da wir von dem Autor von Ex Machina oder Pride of Baghdad sprechen, natürlich die Charaktere, die machen's auch. Neben den (zwar noch) etwas faden Hauptfiguren, von denen besonders Marko eher widersprüchlich bis nervig als wirklich glaubhaft agiert, bietet Vaughan Der Wille (ein Kopfgeldjäger) und dessen Sidekick Lügekatze auf, sowie dessen Kollegin Die Pirsch (wer das ist, zu beschreiben, hieße stark zu spoilern) und das untote Kindermädchen Izabel. Oder, ganz kurios, Baron Robot XXIII, Mitglied der königlichen Roboterfamilie, die statt Köpfe große Computerbildschirme auf den Schultern sitzen haben.
Toll ist, dass Vaughan weiterhin die Kunst des gepflegten Cliffhangers beherrscht. Eine Tatsache, die besonders die monatliche Lektüre der US-amerikanischen Heftserie zur schrecklich schönen Qual macht. Hat man das Ende des ersten Kapitels des deutschen Sammelbands erreicht, also den ersten Cliffhanger, und an der ganzen, teilweise abstrusen, aber irgendwie coolen Mischung aus fetzigen Dialogen, gnadenloser bis sinnloser Gewalt und überraschenden Wendungen Gefallen gefunden, ist man an Bord. Und dann kann man sich bedenkenlos weiter ins Sci-Fi-Universum von Saga hineintragen lassen.
Früher oder später werden wir dafür bezahlen ...
Die Zeichnungen von Fiona Staples können mit der Wucht der Handlung nicht ganz mithalten. Ja, ihre Figuren sind gelungen. Und ja, Mimik und Körpersprache hat sie gut drauf, aber wer bei ihrem SF-Comic coole Raumschiff-Designs und ähnliches erwartet, wird etwas enttäuscht. Überhaupt, mit Hintergründen hat's die Kanadierin nicht so. Um die Figuren herum gibt’s vor allem verwaschenes Computerkoloriertes, was das Gesamtbild buchstäblich etwas trübt und manches etwas unfertig aussehen lässt.
Saga ist ein Comic aus dem Entertainment-Sektor. Er macht in erster Linie einfach gut Laune. Und zwar gehörig. Aber der nicht geringe Anteil an »Sex & Violence« macht ihn zu einem Erwachsenencomic. Na, sagen wir mal ab 16.
[MH]
Abbildungen © Cross Cult
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