Frisch Gelesen Folge 343: Dai Dark 1

»Wie gemein! Der schießt plötzlich auf mich! Ich bin doch kein böser Typ!«


FRISCH GELESEN: Archiv


Dai Dark Band 1

Story: Q-Hayashida
Zeichnungen: Q-Hayashida

Manga Cult (Cross Cult )
Softcover | 208 Seiten | s/w | 10,00 €
ISBN: 978-3-96433-779-5

Genre: Science Fiction, Groteske, Komödie

Für alle, die das mögen: Dorohedoro, I Am Hero


 

Wie absurd darf es werden? Die Mangaka Q-Hayashida erschuf mit Dorohedoro einen der wohl irrwitzigsten Titel der vergangenen Jahre. (Das Internet besteht gefühlt nur noch aus Pornografie und geschockt ausgeflippten Reaktionen zu Manga wie Anime dieser Serie.) Die große Aufmerksamkeit kam, wie so oft, durch eine Netflix-Adaption vor drei Jahren; der Manga selbst erschien bereits seit 2000 und endete bei 23 Bänden achtzehn Jahre später. Und nun? Dai Dark! Dessen Plot im Vergleich fast konventionell daherkommt, dessen Atmosphäre und Figuren in Sachen Groteske aber noch einmal zulegen.

Die Geschichte selbst könnte klassischer Stoff aus der Science Fiction sein: Der junge Zaha Sanko hat (aus welchen Gründen auch immer) magische Knochen. Wer sie besitzt, dem wird jeder Wunsch erfüllt. Weshalb fast das ganze Universum inklusive Müllmafia hinter ihm her ist. Auf dem Rücken trägt er einen Allzweckknochenrucksack namens Avakian, der spricht und Sanko in diversen Nöten hilft. Todesgötter, die Seelen als Zwischenmahlzeit vertilgen, gibt es übrigens auch. Bis hierhin sind die Dramatis Personae plausibel mit passender Handlung. Doch Dai Dark liest niemand wegen des Plots. Zumindest nicht exklusiv.


Der morbide und absurde Humor kennt in diesem Manga keine Grenzen. Da erlebt ein Wissenschaftler die besten Glücksgefühle seines Lebens, sein Traum vom Blick ins Schwarze Loch erfüllt sich – und dann verformt er sich leider zu diversen abstrakten Figuren, bis er als sechsbeiniger Schatten in einer Zwischenwelt landet. Pech gehabt. Humor und Horror liegen eben nah beieinander. Und Q-Hayashida zwingt das Publikum in diese Ambivalenz. Da darf ein Raumschiff auch mal wie ein verwesender Hund aussehen. Das nimmt diesem Manga aber nicht seine Tragik.

Hinter all dem dunklen Humor und der Irritation darüber zeichnet sich in diesem ersten Band schon eine große Geschichte ab. Dai Dark verwirrt, unterhält, zieht runter und wieder rauf. Das schaffen die wenigsten Kunstwerke überhaupt.

Ihre Figuren zeichnet Q-Hayashida hingegen ziemlich konventionell und weit mehr westlich beeinflusst (die Augen!), als das bei anderen Mangaserien üblich ist. Die Dunkelheit siegt in den Panels, Details gibt es nur in wenigen Momenten, der Fokus liegt auf den Charakteren. Und selbst das Layout bricht da nicht aus, sondern beschränkt sich auf deutliche Raster und Muster.


Bei Dai Dark ist es dieser Spalt, in den Q-Hayashida ihre Leser stößt. Viel Freude in dieser Zerrissenheit. Die großen Fragen des Lebens erscheinen eben manchmal nebensächlich und weichen einem doofen Witz über Spaghetti mit Fleischbällchen. Alles gaga, alles naiv. Und Todesdämonen sind auch noch dabei. Starker, irritierender Auftakt Deiner neuen Lieblingsserie, die Dich zurücklässt mit einem herzlichen: What the fuck?

[Björn Bischoff]

Abbildungen © 2023 Manga Cult / Cross Cult, Q-Hayashida


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