Frisch Gelesen Folge 251: Die Panther

Die Panther Gesamtausgabe

»Nun, ich fahre in die Wohnung, bevor ich Kakerlaken vertreiben muss. Ich nehme den Mini, ja?«
»In Ordnung, und geh einkaufen … In 24 Stunden richte ich dort mein Hauptquartier ein, und du kennst mich ja: Vom Denken bekomme ich immer Hunger!«
»Kapiert! Einen Haufen Fische wegen des Phosphors!«


FRISCH GELESEN: Archiv


Titelbild von Die Panther Gesamtausgabe

Die Panther: »Der Zauberer, der nicht existierte«

Story: Greg
Zeichnungen: Aidans

Kult Comics
HC | 172 Seiten | Farbe | 30,00 €
ISBN: 978-3-96430-143-7

VZA, limitiert auf 99 Exemplare mit Exlibris (Druck)
HC | 172 Seiten | Farbe | 50,00 €
ISBN: 978-3-96430-144-4

Genre: Slice of Life, Abenteuer

Für alle, die das mögen: 1970er Jahre Mädchencomics, ZACK, Aidans



Alle aus der »Generation ZACK« mal hergehört: »Dies ist für euch!«

Wer in den 1970er Jahren aufgewachsen ist und Comics verschlungen hat, der hat wahrscheinlich auch das Magazin ZACK gelesen und mit seinen Heldinnen und Helden mitgefiebert. Das meiste, was damals in ZACK und verwandten Publikationen veröffentlicht wurde, ist inzwischen, zum Teil mehrfach, neu aufgelegt worden. Die Namen dieser Klassiker sind Legion: Leutnant Blueberry, Rick Master, Michel Vaillant, Mick Tanguy, Andy Morgan, Lucky Luke, Der rote Korsar usw. usf.

Und weil alles schon seit vielen Jahren im Form von Gesamtausgaben neu aufgelegt wurde, werden seit einiger Zeit auch weniger bekannte, eher zweit- oder drittklassige alte ZACK-Serien der Vergessenheit entrissen. Echte ZACK-Fans finden ja alles irgendwie gut, egal wie nostalgisch verklärt ihr Urteilsvermögen sein mag.

Inzwischen werden auch Serien publiziert, die gar nicht in ZACK erschienen sind, aber so aussehen, als wären sie dort damals veröffentlicht worden. Nicht, dass jemand danach geschrien hätte, aber die unermüdlichen Spürhunde bei Kult Comics (in Person von Michael Beck und Kollegen) fördern alles Mögliche aus der Vergangenheit ins Heute und bringen es in verführerischer Aufmachung auf den deutschsprachigen Comicmarkt.

Schon mal von Die Panther gehört? Diese Serie erschien nun im Herbst bei Kult Comics als Integral in deutscher Erstveröffentlichung. Geboten werden Geschichten von »drei attraktiven und sympathischen jungen Frauen, die sich Anfang der 1970er-Jahre – den Kopf voller Träume – in Paris begegnen und sich entschließen, die Stadt gemeinsam zu erobern«.

 

Leseprobe Die Panther Gesamtausgabe

Fängt vielversprechend an: das erste Panther-Album

 

Die Panther, das sind die Brünette Valentine Mercery, eine angehende Schauspielerin, die Dunkelhaarige Françoise Merdessier, eine schlagfertige Antiquitätenhändlerin und die Blondine Janine ›Chouka‹ Gardon, die keinen bestimmten Job hat, aber dafür reichlich naiv ist.

Man merkt schon an der Zusammenstellung des Hauptpersonals, dass bei der Konzeption der Serie tief in die Klischeekiste gegriffen wurde, und auch das Motto »Eine für alle, alle für eine!« ist Alexandre Dumas‘ Musketieren entlehnt.

Das Trio trifft sich zufällig, zieht (spontan und ohne sich genau zu kennen) in eine Wohngemeinschaft in Paris und wird noch spontaner zu besten Freundinnen. Aber wirklich seltsam ist die Tatsache, dass sie sich einfach so »Die Panther« nennen. Und von den sogenannten »Abenteuern«, die sie im Folgenden erleben, will ich gar nicht sprechen.

Die Geschichten sind stark konstruiert und mitunter gar belanglos oder einfach nur langweilig. Drei Comicerzählungen von Albenlänge werden geboten sowie eine achtseitige Kurzgeschichte.

»Dröhnende Leere« ist beispielhaft für die vergessenswerten Szenarien. Die Panther fahren mit einem Buggy durch eine Wüstenlandschaft, als der Motor den Geist aufgibt. Sie erreichen zu Fuß ein »seltsames Dorf«, das unbewohnt erscheint, und werden dort von verschiedenen unerklärlichen Geräuschen und Lärm »bedroht«. Es stellt sich heraus, dass das Dorf nur aus einer künstlichen Straße mit Häusern besteht, aus quasi lebensechten Filmkulissen, und die ohrenbetäubenden Geräusche von Forschern kommen, die Lärmtests in der Abgeschiedenheit machen, denn sie untersuchen die schädlichen Auswirkungen von Lärm auf die Gesellschaft wie z.B. Risse und mögliche Schäden wie zerbrochene Fenster, die sie dann im Labor untersuchen ... Kein Kommentar.

Die Storys kommen von keinem Geringeren als Greg. Der Szenarist von eingangs erwähnten Klassikern wie Andy Morgan und Luc Orient, aber auch Bruno Brazil oder Comanche, hat hier auf ganzer Linie versagt. Kein Wunder, dass die Serie nach wenigen Geschichten in der Versenkung verschwand. Sie erschien von 1971 bis 1973 im Magazin Tintin. Und seitdem hat niemand mehr danach gefragt.

Was Die Panther jedoch rettet, sind die Zeichnungen von Édouard Aidans. Zu seinen bekanntesten Serien gehören Tunga und Tony Stark, die ebenfalls bei Kult Comics in mustergültigen Gesamtausgaben vorliegen.

Leseprobe Die Panther Gesamtausgabe

Besondere Gäste: Im dritten Album treten Jean Graton und Steve Warson auf

 

Aidans, der zeitweise auch Andy Morgan und Sven Janssen gezeichnet hat, hat mich damals schon beeindruckt. Seine Figuren sind schön anzuschauen, seine Panelaufteilung wirkte schon im alten ZACK modern. Er beherrschte nicht nur die Proportionen der Menschen, sondern auch Gebäude, Fahrzeuge, Flora und Fauna.

Insgesamt hat Kult Comics das bestmögliche Paket geschnürt: alle Comics und zusätzliches Bonusmaterial wie ein Hintergrundartikel über die Serie von Bernd Weckwert und viele zusätzliche Abbildungen. Nur die Übersetzung holpert stellenweise gewaltig und wirkt alles andere als erfahren und souverän. Dadurch wird fast jeder zweite Dialog zum gestelzten Ungetüm. Man lese sich einfach laut das eingangs erwähnte Zitat eines Gesprächs von zwei Panthern durch ... dann kriegt man ein Gespür, wie fußnägelkräuselnd die Texte sind.

Auch wenn die Geschichten von Greg unterirdisch sind, möchte ich allen ZACK-Fans der Koralle-Phase diese Integralausgabe empfehlen. Ebenso allen Fans und Komplettsammlern von Greg und Aidans. Denn alleine die Zeichnungen und das Bonusmaterial sind den Kaufpreis wert.

Ach ja, alle Michel-Vaillant-Komplettisten sollten ebenfalls reinschauen. Im dritten Album hat Steve Warson einen Gastauftritt und dort gibt es auch ein paar Seiten Formel-1-Rennen. Ein schönes Indiz für die Kunterbuntigkeit der Geschichten. Farbenfroher und inkohärenter sind eigentlich nur die Klamotten der drei Panther, die allesamt regelmäßig ein paar Panels die Bekleidung wechseln, Schlaghosen und Riesenbrillen inklusive. Mehr Zeitkolorit geht nicht.

[Matthias Hofmann]

Leseprobe Die Panther Gesamtausgabe

 

Abbildungen © 2021 Comic Combo / Regnier & Aidans


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