»Hört mich an! Ich sage, die Zukunft ist noch ungeboren. Die Vergangenheit ist tot und hält uns nicht in ihrer Hand. Es gibt nur das Hier und Jetzt. Und wir selbst sind die Herren des Augenblicks!«
FRISCH GELESEN: Archiv
Prinz Eisenherz Band 89: »Familienbande«
Story: Mark Schultz
Zeichnungen: Thomas Yeates
Carlsen Comics
Softcover | 48 Seiten | Farbe | 12,00 €
ISBN 978-3-551-71589-0
Genre: Ritter, Abenteuer
Für alle, die das mögen: Zeitungscomics, klassische Abenteuer-Strips
Unbemerkt von der deutschen Comicszene erschien am Sonntag, den 6. Oktober 2013, die sage-und-schreibe 4000. (!) Folge des wöchentlichen Zeitungscomics Prince Valiant in den USA. Dem langen Atem von Carlsen sei Dank: Nun liegt dieser Meilenstein der Comichistorie als Teil des neusten Softcoveralbums von Prinz Eisenherz auch auf Deutsch vor.
Prinz Eisenherz gilt als der ultimative Rittercomic. Seit 1937 erlebt der edle Recke seine Abenteuer. Hal Foster, sein Erfinder, hat durch seine unvergleichliche Art mit Bleistift und Tusche umzugehen nicht nur unzählige Leser weltweit begeistert, sondern war Vorbild für Myriaden von Abenteuercomiczeichnern. Im Gegensatz zu vielen Helden aus der goldenen Phase der Zeitungscomics, erscheint Prinz Eisenherz auch heute noch regelmäßig. Viele Zeichnerwechsel gab es nicht. Auf Hal Foster, der stolze 41 Jahre die Geschichten schrieb und zeichnete, folgte John Cullen Murphy, welcher der Serie mehr als 30 Jahre treu blieb. Von 2004 bis 2012 gestaltete Gary Gianni die Geschichten. Seit auch schon drei Jahren heißt der Künstler Thomas Yeates, der damit erst der vierte Zeichner ist, welcher sich der Saga vom Ritter der Tafelrunde angenommen hat.
Atmosphärisch: Thomas Yeates punktet mit großen Panels
Carlsens im Jahr 1988 mit »Der Prinz von Thule« gestartete Werkausgabe im Softcoverformat ist inzwischen bei Band 89 angelangt. Die Geschichten, geschrieben von Mark Schultz, der selbst ein geschätzter Zeichner (Xenozoic Tales) ist, werden von Yeates in klassischer Manier umgesetzt. Die Handlung von »Familienbande« bietet zwar die üblichen Bösewichte, Schwertkämpfe, Liebeleien und etwas Familiengeplänkel, doch der Kenner der Saga wird feststellen, dass die Substanz etwas dünner geworden ist. Die von Foster einstmals etablierte feine Mischung aus Familiensaga, Heldenepos, Ruhm & Ehre, Reisen in ferne Länder und liebenswerter Charakterisierung ist nur noch partiell vorhanden und spürbar grobkörniger geworden.
Das ist kein Wunder, denn die Fußstapfen, die Hal Foster hinterlassen hat, sind enorm groß. Besonders in graphischer Hinsicht. Nicht nur für die Fans der Serie kam sein Nachfolger, John Cullen Murphy, nie an die Klasse von Foster heran. Und dies, obwohl Murphy anerkanntermaßen selbst ein begnadeter Künstler war. Gary Gianni, der als Murphys Assistent begann, versuchte erst gar nicht erst, den akribischen Stil Fosters zu imitieren. Ähnlich verhält es sich aktuell mit Thomas Yeates. Es wäre wahrlich vergebene Liebesmühe, denn die Sonntagsseiten von heute werden von den wenigen US-Zeitungen, die noch regelmäßig Abenteuercomics im Repertoire haben, nicht mehr in ihrer ganzen Pracht auf einer vollen Seite abgedruckt, sondern verkleinert auf einer Fläche von weniger als einer Viertelseite. Hätte man zu viel Detail, würde dieses völlig untergehen.
Fast wie in alten Zeiten: Aleta liest ihrem Eisenherz die Leviten
Wo eine Standardseite von Hal Foster im Durchschnitt sieben Panels vorweist, kommt Yeates mit eher fünf aus. Nicht selten zeichnet er Seiten mit nur drei Bildern. Sein Strich ist nicht so präzise und weit weniger detailreich, aber die Komposition der Motive ist geschickt im Geiste der alten Geschichten ausgeführt. Hat man sich einmal von dem Zwang gelöst, die Zeichnungen von Yeates mit denen von Foster vergleichen zu müssen, können sie in ihrer Gesamtheit gut bestehen.
Auch wieder mit von der Partie:
Kumpel Gawain umgarnt Frauen und schmeißt Bösewichter aus dem Fenster
- wie in alten Zeiten
Der zuletzt stärker vorhandene Fantasy-Einschlag in der Story von Mark Schultz, als Eisenherz mitunter gegen Riesenechsen und Neandertaler kämpfte, wurde zurückgefahren. Es bleibt eine historisierte Abenteuergeschichte, die solide gezeichnet ist. Nichtsdestotrotz sind die neuen Abenteuer von Prinz Eisenherz eine gelungene Hommage an einen der ganz großen Comickünstler, die die USA je hervorgebracht hat. Wer die aktuelle Comicheft-Interpretation bei Dynamite (King Comics: Prince Valiant) gesehen hat, weiß: Es kann noch viel schlimmer kommen.
[MH]
Abbildungen © 2013 King Features Syndicate, Inc.
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