»Wir haben uns kennengelernt, weil wir das wollten.«
FRISCH GELESEN: Archiv
Sakura – I want to eat your pancreas Band 1
Story: Yoru Sumino
Zeichnung: Idumi Kirihara
Carlsen Manga
Taschenbuch | 216 Seiten | s/w | 7,99 €
ISBN: 978-3-551-73579-9
Sakura – I want to eat your pancreas Band 2
Story: Yoru Sumino
Zeichnung: Idumi Kirihara
Carlsen Manga
Taschenbuch | 226 Seiten | s/w | 7,99 €
ISBN: 978-3-551-73580-5
Genre: Shôjo, Tragödie
Für alle, die das mögen: Teenager- und Coming-of-Age-Storys, Geschichten mit den Themen Tod und Freundschaft
Sakura lebt unbeschwert in den Tag hinein. Ganz im Gegenteil zum anfänglich namenlosen Protagonisten ist die Schülerin in ihrer Klasse beliebt. Dabei hätte Sakura allen Grund, Trübsal zu blasen. Denn sie wird diese Geschichte nicht überleben. Durch einen Zufall findet der Protagonist bei einer Routinekontrolle im Krankenhaus ein Tagebuch mit dem Titel »Mein Leben mit der Krankheit«. Sakura hat es versehentlich dort liegenlassen. Sie leidet unter Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bis auf die engste Familie weiß niemand davon und sie möchte, dass es so bleibt. Denn auf die Sorgen und das Mitleid ihrer Klassenkameraden kann sie verzichten. Bei ihrem ohnehin wortkargen, scheinbar an allem und jedem desinteressierten Mitschüler ist ihr Geheimnis sicher. Sakura genießt seine Zurückhaltung und Verschwiegenheit. Bei ihm muss sie sich nicht verstellen, muss ihre Erkrankung nicht verheimlichen. Mit ihrem neu gewonnenen Freund unternimmt sie nun viele Ausflüge und verbringt viel Zeit mit ihm.
Entdeckt: Sakuras Mitschüler erfährt von ihrer Krankheit.
Die anderen betrachten ihn deshalb argwöhnisch – was will die beliebte Sakura mit diesem komischen Sonderling? Wahrscheinlich stalkt er sie! Und ja, er ist ein Sonderling. Ein Bücherwurm mit wenig Selbstbewusstsein. Da er sich selbst für uninteressant hält, leuchtet es ihm auch nicht ein, sich für andere Menschen zu interessieren. Doch genau an dieser Festung rüttelt Sakura. Sie macht ihm klar, was Leben bedeutet. Dass echtes und erfülltes Leben nur in einem sozialen Geflecht möglich ist, im Kontakt und im Austausch mit anderen Menschen.
Schulstress: Sakura und der anfangs namenlose Protagonist haben's nicht leicht.
Immer, wenn einer den Protagonisten anspricht, finden sich an der Stelle in der Sprechblase, wo sein Name gefallen sein dürfte, eckige Klammern. Darin steht eine Definition dessen, wie die Person den Protagonisten wohl sieht. Das reicht von »unscheinbarer Klassenkamerad« über »düsterer Klassenkamerad« bis zu »unverzeihlicher Typ«. Bis zum Beginn des zweiten Bandes ist nicht klar, was es damit auf sich hat. Je mehr sich unser Sonderling aber Sakura öffnet, desto mehr erfahren wir über ihn. Er macht sich stets Gedanken, wie andere Leute ihn sehen. »Wenn sie meinen Namen nennen, stelle ich mir vor, was sie über mich denken. Ist eine Art Hobby«, sagt er. Ganz so egal sind ihm die anderen also doch nicht. Nach Sakuras Tod hinterlässt sie ihm ihr Tagebuch und eine Art Testament. Sie wünscht sich von ihm, Freundschaften zu schließen und am Leben teilzuhaben. Symbolisch ist dieser Umbruch dargestellt, indem er am Ende endlich seinen Namen ausspricht, für alle leserlich.
Ungewöhnlich: Wenn der Protagonist angesprochen wird, bleibt die Sprechblase schon mal leer.
Er heißt Haruki Shiga. In diesem Namen wie auch an einigen anderen Stellen des Mangas verbergen sich Anspielungen an große Literaten. Haruki Murakami (wohl der bekannteste zeitgenössische japanische Autor) steckt darin und Naoya Shiga (seine Literatur gilt als einer der Klassiker der japanischen Kurzprosa). Haruki, der Bücherwurm, arbeitet in der Schulbibliothek. Sakura ist keine Leseratte, gibt ihm aber ein Buch zu lesen – Der kleine Prinz. Erfrischenderweise kennt Haruki es natürlich, hat es aber noch nicht gelesen.
Der Manga basiert auf einem Webroman von Yoru Sumino. Schon bald nach seiner vollständigen Veröffentlichung wurde er als Buch verlegt. Darauf folgte der Manga, dessen Story ebenfalls komplett von Sumino stammt. Die Zeichnungen von Idumi Kirihara entsprechen dem klassischen Shôjo-Stil. Es ist eine saubere Arbeit unter der üblichen Verwendung von vielen Rasterfolien und großpaneligen, emotionsbetonten Bildern. Allerdings sind die Zeichnungen zu gefällig, es fehlen die nötigen Kontrapunkte, um wirklich spannend zu sein. Dem Manga folgten in der üblichen Vermarktungskette ein Anime sowie eine Realverfilmung. Interessant ist, dass die Protagonisten optisch zu altern scheinen. Wirken sie im Manga, wie sie wohl auch gedacht sind, wie Schüler um die 16 Jahre, sind sie im Anime eher am Ende der Teenagerzeit angesiedelt. In der Realverfilmung setzt der Rückblick durch Haruki ein, als dieser im Erwachsenenalter ist und auch die Schauspieler der jungen Ausgaben wirken recht alt. Vielleicht haben die Macher das ernste Thema eher bei einem älteren Publikum verortet.
Zauberhaft: In diesem Manga steht Freundschaft im Vordergrund.
Dabei steht eigentlich viel mehr das Thema Freundschaft im Vordergrund. Es geht darum, sich zu öffnen und nicht zu einem Einsiedler zu werden, da es immer ungewiss ist, wie das Leben verläuft und wann es endet. Das zeigt sich besonders am Schluss der Geschichte, der trotz der Vorwegnahme des Todes von Sakura noch eine unvorhergesehene Wendung bereithält. Wenn eins an der Geschichte stört, dann sind es die, nennen wir es mal, medizinischen Fakten. So erhält Sakura etwa ständig recht konkrete Angaben, wie lange sie noch zu leben hat. Gerade bei Krebs gibt aber kaum ein Arzt eine so genaue Prognose. Auch die Aussage, dass Sakura sterben müsse, wenn ihre Bauchspeicheldrüse komplett versagt, ist falsch. Man kann heute recht gut medikamentös eingestellt ohne sie leben. Das ist ein kleiner Wermutstropfen in einer ansonsten sehr guten Teenager-Geschichte, die sich auch die große Romanze erspart. Vielmehr geht es darum, in das Leben hinauszutreten, Freundschaften zu schließen und es zu genießen.
[Mechthild Wiesner]
Abbildungen © 2019 Carlsen Manga / Yoru Sumino, Idumi Kirihara 2016 First published by Futabasha Publishers Ltd. in 2016
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