»Dieses Etwas, das mir im Wald geholfen hat, schien mich zu erwarten …«
FRISCH GELESEN: Archiv
Die Giganten Band 1: »Erin«
Story: Lylian
Zeichnungen: Paul Drouin
Carlsen
Softcover | 56 Seiten | Farbe | 12,00 €
ISBN 978-3-551-79275-4
Genre: Kinder, Abenteuer
Für alle, die das mögen: starke Titel mit Botschaft für Leseanfänger:innen
Dieser Comic fackelt nicht lange. Der Szenarist wirft uns direkt in die Geschichte hinein. Auf der ersten Doppelseite stellt er den ersten titelgebenden Giganten vor – Yrso. Einer Sammelkarte ähnlich sind seine physischen und Charaktereigenschaften abgebildet. Seine fünf Gefährten sind nur als Schatten zu sehen, sie werden in den Folgebänden im Mittelpunkt stehen. Insgesamt wird es nämlich sechs Bände geben, jedem Giganten ist also ein Band gewidmet. Nicht aber nur dem Riesen, denn schließlich heißt der erste Band »Erin« und nicht »Yrso«.
Yrso, der sanfte Baumriese
Erin wiederum ist ein junges Mädchen, das in Schottland lebt. Ihre Eltern sind kürzlich verstorben, nur sie hat auf mysteriöse Weise überlebt. Ebenso sonderbar ist ihre Fähigkeit, Pflanzen wachsen zu lassen. Ihr grüner Daumen geht deutlich über das normale Maß hinaus. Als sie im Wald von Schlägertypen aus der Gegend bedroht wird, scheint plötzlich die Natur um sie herum zu erwachen und lebendig gewordene Wurzeln beschützen sie. Und so tritt Erin zum ersten Mal in direkte Verbindung mit ihrem Giganten, der der Grund für ihr Überleben wie auch ihre botanischen Fähigkeiten ist. Yrso erzählt Erin von den anderen Giganten, die sich auf der Erde befinden und gerade dabei sind, zu erwachen und auch, dass sie gegen einen von ihnen kämpfen müssen. Parallel dazu darf der menschliche Gegenspieler in Form eines Konzerns mit zweifelhaftem Ruf und fiesem, stinkreichem Gründer nicht fehlen. In den Folgebänden werden wir also weitere Giganten und Kinder kennenlernen, deren Geschichten sich miteinander verweben.
Hier lernt man noch was übers Gärtnern, ohne dass es pädagogisch verschreckend ist
Die Giganten ist in einem gefälligen Comicstil gezeichnet, die Zeichnungen sind vital und gut nachzuvollziehen. Dieser Band, der das Thema Natur im Fokus hat, ist in herbstlichen Braun- und Grüntönen gestaltet. Der zweite Band scheint dem Cover nach zu urteilen Wasser zu thematisieren und ist dementsprechend in Blau gehalten. Autor Lylian ist bereits auf dem deutschen Comicmarkt als außergewöhnlicher Geschichtenerzähler bekannt, so z.B. mit der Schneewittchen-Adaption, die im Splitter Verlag erschienen ist. Der Zeichner Paul Drouin ist in Deutschland noch nicht etabliert, was seine Arbeit hier aber nicht schmälern soll.
Die Geschichte um Erin und Yrso entwickelt sich sehr schnell, Platz für eine ausführliche Charakterentwicklung ist nicht vorhanden. Auch Grautöne sind eher nicht zu finden. Das Feindbild ist klar umrissen und auch die Guten sind ohne Furcht und Tadel. Die gewählten Bilder und Symbole sind klar lesbar und ohne doppelten Boden. Für das angegebene empfohlene Lesealter ab sieben Jahren ist das aber vollkommen angemessen. Es werden moderne Themen angesprochen; die Erhaltung der Natur scheint sich durch alle Bände zu ziehen. Nicht umsonst ist das magische Wort aus der Sprache der Giganten, das Erin und Yrso miteinander verbindet, Aar-mo-noyi, also Harmonie. Die aktuell vorherrschende Sensibilisierung für die Diversität der Charaktere kommt ebenfalls nicht zu kurz, wie der Blick auf die Rückseite des Comics verrät, auf dem alle sechs Kinder zu sehen sind.
Gegenseitiges voneinander Lernen führt zu einem friedvollen Miteinander
Die Giganten ist eine leichte Comiclektüre mit einem sehr gut lesbaren Font und weitestgehend einfachen Texten (manchmal schmeißen Erwachsene mit schwergewichtigen Fremdwörtern um sich, aber es hält sich in Grenzen), der ein super Einstieg für Leseanfänger:innen sein kann. Die Geschichte ist eine modern erzählte klassische Abenteuergeschichte, die Werte vermittelt, ohne moralisch zu werden. So haben auch Eltern beim (Mit-)Lesen Spaß.
[Mechthild Wiesner]
Abbildungen © Éditions Glénat, 2020 – © Carlsen Verlag GmbH • Hamburg 2023
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