Frisch Gelesen Folge 339: Spirou und Fantasio 54

»Komm schon Spirou! Noch ein kleines Stück.«


FRISCH GELESEN: Archiv


Spirou und Fantasio Band 54: »Der Tod von Spirou«

Story: Sophie Guerrive, Benjamin Abitan
Zeichnungen: Olivier Schwartz

Carlsen
Softcover | 64 Seiten | Farbe | 12,00 €
ISBN: 978-3-551-77464-4

Genre: Funny

Für alle, die das mögen: Funnys, klassische frankobelgische Comics


 

Endlich kommt zusammen, was zusammengehört: Olivier Schwartz, der große Meister der frankobelgischen Retro-Zeichenkunst, der einzige legitime Erbe von Yves Chaland, darf die Hauptserie von Spirou und Fantasio übernehmen. Schon in seinen Geschichten für die im Niveau sehr schwankende Serie Spirou und Fantasio Spezial wusste der 60-jährige Franzose zu überzeugen. Sein Stil erfüllt wie kein anderer den berühmten, aber inzwischen auch angestaubten Pagen mit dem roten Anzug und den goldenen Knöpfen mit neuem Leben.

Vermutlich gibt es aus Sicht eines Comicverlages nichts Besseres, als den Tod einer ikonischen Comicfigur anzukündigen, um das Interesse der breiten Öffentlichkeit wieder zu wecken. Denn Helden sterben bekanntlich ja eigentlich nie. Und wenn ihr Tod angekündigt wird, sei es Superman oder Lucky Luke, dann geschieht dies in der Regel vor allem, um einen Neustart der Serie zu markieren. Dies ist auch hier bei Spirou und Fantasio der Fall. (So wie auch 1992, als der amerikanische Verlag DC Comics auf diese radikale Idee zurückgegriffen hatte, um den Tod von Superman in Szene zu setzen. Übrigens wurden die beiden legendären Comicfiguren im selben Jahr geboren: 1938.)

Seit sechs Jahren war kein neuer Spirou mehr in der »Mutterserie« erschienen. Daher wurde ein neues Team zusammengestellt, um den Mythos wiederzubeleben. Der Zeichner Schwartz hat sich mit den beiden jungen Szenaristen Benjamin Abitan und Sophie Guerrive zusammengetan, um einen Band voller Action und Wendungen zu schreiben. Ein Großteil der Geschichte spielt in Korallion, einer Unterwasserstadt, die bereits in dem Klassiker von Franquin »Tiefenrausch« eine wichtige Rolle spielt. Dem Band gelingt es auf diese Weise, eine wunderbare Brücke zwischen der glorreichen Vergangenheit von Spirou und den erzählerischen Codes des zeitgenössischen Abenteuers zu schlagen.

Als Spirou und Fantasio in den Campingurlaub fahren und beim Grafen von Rummelsdorf vorbeischauen, werden sie dazu verleitet, sich in der neuen Unterwasserstadt Korallion umzusehen. Auf dem Meeresgrund, wo sie von der Tochter des Gründers der Siedlung als VIPs empfangen werden, beginnen unsere beiden Reporter schnell, die deutlich weniger glanzvollen Hintergründe dieses paradiesischen Tourismusprojekts zu entdecken, das hinter seinem Humanismus – und dem Willen, dieses Paradies mit einem »neuen Geschäftsmodell« für möglichst viele Menschen zu öffnen – eine wahre Augenwischerei und einige Kollateralschäden für seine Umwelt verbirgt.

Das neue Autorenteam taucht die Figuren in die Moderne ein oder modernisiert zumindest die Welt von Spirou, indem es sich in ein zeitgenössisches, ja sogar leicht futuristisches Ambiente einfügt. Fahrzeuge sind nun elektrisch und autonom gesteuert, die Zeitung wird auf einem Tablet gelesen und Fragen der virtuellen Realität sowie der ökologischen Krise stehen im Mittelpunkt der Geschichte.

Unterm Strich bleibt ein witziges Abenteuer voller unerwarteter Wendungen und mit reichlich Anspielungen in einem mitreißenden Artwork.

Es ist schön zu sehen, was angesichts des Titels natürlich nicht ausbleiben kann, dass die Geschichte mit einem klassischen Cliffhanger endet. Es wird also noch mindestens ein weiteres Album geben, das Schwartz zeichnen wird. Ich hatte mit solchen Glücksmomenten angesichts der vielen belanglosen Bände aus den Nebenserien des Pagen gar nicht mehr gerechnet. Deshalb gebe ich zehn von zehn Pips.

[Bernd Hinrichs]

Abbildungen © Carlsen Verlag GmbH • Hamburg 2023


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