Frisch Gelesen Folge 219: Wie du erfolgreich wirst, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen

»Wenn du keine Fehler machst, machst du was falsch, was bedeutet, dass du Fehler machst, was heißt, dass du alles richtig machst. Ach, ich weiß doch auch nicht.«


FRISCH GELESEN: Archiv


Wie du erfolgreich wirst, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen

Story: Sarah Cooper
Zeichnungen: Sarah Cooper

Mentor Verlag
Hardcover | 216 Seiten | Farbe | 24,00 €
ISBN: 9783948230173

Genre: Sachbuch, Satire

Für Leserinnen, die das mögen: beißende Satire, bittere Wahrheiten, mal wieder so richtig runtergezogen werden, aber trotzdem lachen, Female Empowerment



Comics mit, von und über Frauen sind aktuell schwer en vogue. Meist handelt es sich aber um geschichtliche Abhandlungen, oder der Inhalt bewegt sich bei zeitgenössischen Geschichten eher im privaten Bereich. Auch über das Muttersein gibt es schon den einen oder anderen Titel. Was aber noch fehlt, ist die Position der Frau im schnöden Berufsleben. Hier springt Sarah Cooper in die Bresche mit ihrem Büchlein mit dem doch recht sperrigen Titel Wie du erfolgreich wirst, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen.

Cooper wurde durch ihre grandiosen Lippensynchronisationen von Donald Trump bekannt. Über die Plattform TikTok hat sie von zu Hause aus in der Lockdownlangeweile angefangen, Videos hochzuladen, in denen sie zu Reden oder Gesprächsausschnitten des Präsidenten den Trump mimt. Allerdings nicht in Kostüm und Schminke, sondern in Alltagssituationen, zum Beispiel beim Haareföhnen. Dabei entlarvt sie auf subtile Weise den wahren Charakter Trumps und zeigt die oft schier grenzenlose Hohlköpfigkeit seiner Aussagen auf. Das hat letztlich zu einem Durchbruch ihrer Seite als Komikerin geführt und sie wurde dafür mit einem eigenen Comedy-Special auf Netflix belohnt.


Der Klassiker: Bei Männern top, bei Frauen Flop – bloß nicht über Kinder sprechen!


Cooper hatte schon früh Interesse am Showgeschäft, studierte dann aber ihren Eltern zuliebe Wirtschaftswissenschaften und erlangte einen Master in digitalem Design. Sie arbeitete darauf bei Yahoo, kündigte aber nach einiger Zeit, um sich als Comedian zu versuchen. Als dies scheiterte, heuerte sie bei Google an, wo sie länger arbeitete und es bis zu einer Position als Managerin schaffte. In dieser Zeit war sie aber parallel immer auch als Bloggerin tätig. 2014 erhielt ihr Blogbeitrag 10 Tricks to Appear Smart in Meetings eine solche virale Aufmerksamkeit, dass sie ein Jahr später beschloss, zu kündigen und ihr erstes Buch zu schreiben. In diesem griff sie das Thema des Blogeintrags auf und baute ihr gesamtes Schaffen darauf auf. Laut ihrer eigenen Aussage hatte sie in ihren Jahren bei Google mehr als genug Inhalte dazu gesammelt, aber auch viele Rückmeldungen von Frauen schlugen in dieselbe Kerbe. Also nahm sie den Schwung mit und veröffentlichte 2018 ihr zweites Buch, das nun auch in deutscher Sprache erschienen ist.


E
iner Frau vorzuwerfen, zickig zu sein, ist so innovativ, wie zu Weihnachten Socken verschenken. Trotzdem funktioniert es immer wieder.


Wie auch bei ihren Blogeinträgen arbeitet Cooper gerne mit veranschaulichenden Illustrationen. Ihr Stil ist nüchtern, ihre Zeichnungen wirken wie etwas, das man auch als Stock Images kaufen könnte. Dieser klare und Irgendwie-alles-schon-irgendwo-mal-gesehen-Stil steht komplett gegensätzlich zu den Inhalten, die oftmals an Bissigkeit kaum zu überbieten sind. Es handelt sich aber immer um Einzelbilder, weswegen man bei ihren Büchern auch nicht von Comics, eher von cartoonesken Sachbüchern sprechen kann. Wirklich spannend sind diese kleinen, aber feinen Nuancen, die sie in die Gesichter ihrer Figuren zeichnet. Besonders tritt das bei Gegenüberstellungen von verschiedenen Verhaltensweisen und ihren Auswirkungen hervor, wenn sie zum Beispiel zeigen möchte, welche Aussage einer Frau von einem Mann als bedrohlich und welche als harmlos wahrgenommen wird.

Damit kommen wir zum Kerngeschäft. Worum geht es Sarah Cooper eigentlich? Will sie wirklich Frauen dabei helfen, erfolgreich zu sein, ohne die Gefühle von Männern zu verletzen? Aber sicher… nicht! Denn natürlich weiß auch sie, dass das ein hoffnungsloses Unterfangen ist. Deshalb ist auf einer der ersten Seiten gleich mal ein Schnurrbart zum Ausschneiden im Buch, den Frau sich ins Gesicht halten kann. Um wenigstens wie ein Mann auszusehen, wenn sonst schon nichts hilft. In den einzelnen Kapiteln arbeitet sie sich nun an verschiedenen Themen des Büroalltags ab, angefangen von der Bewerbung bis zur Belästigung ist alles dabei. Am Ende zieht sie dann doch noch ein recht nüchternes Fazit, das die Leserin wieder vom Boden aufliest.


So sehr Coopers Zeichenstil auch nach Mainstream aussieht, hier sieht man gut, wie durchdacht er ist und wie fein sie beim Zeichnen nuanciert.


Die meisten ihrer messerscharfen Beobachtungen bewegen sich auf dem hauchdünnen Grat von zum Totlachen und zum Ausdemfensterspringen, beides dem Leben nicht zuträglich. Auch wenn sie einen weiblichen Blickwinkel auf die Arbeitswelt in einem (Tech-)Großkonzern hat, sind viele ihrer Ratschläge durchaus auch für Männer nutzbar. Wenn es zum Beispiel darum geht, wie man besonders geschäftig wirkt oder dass man die eigene politische Meinung sowie Hobbys abseits von backen und Karaokesingen partout nicht ins Büro tragen sollte. Die meisten Themen betreffen aber sehr spezifisch Frauen, und keine von uns hat sie schon alle erlebt, aber die meisten von uns mehr als eine Handvoll. Und wenn Frauen so was lesen und dann eventuell sogar in der Öffentlichkeit darüber reden, ist ihnen gewiss, dass gleich ein Mann um die Ecke kommt, der ihnen erklärt, dass sie da in ihrer Wahrnehmung falschliegen würden und dass alles ganz anders geartet sei. Aber auch daran hat Sarah Cooper gedacht: In der Mitte des Buches gibt es mehrere leere Seiten, wo die Leserin hinkritzeln kann, während ihr ein Mann Dinge erklärt.

[Mechthild Wiesner]

Abbildungen © 2021 Mentor Verlag / Sarah Cooper


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