Frisch Gelesen Folge 277: Comickiller

 

»Ich gebe dir sechs Monate. Dann lieferst du mir einen Comic, der sich gewaschen hat. Einen Killercomic! Und jetzt zieh Leine.«


FRISCH GELESEN: Archiv


Comickiller

Story: Greg Eibau
Zeichnungen: Greg Eibau

Super Comics
E-Comic / Softcover / Taschenbuch │ 80 Seiten│ s/w │ 5,90 € / 15,94 € / 9,95 €
ISBN: 979-8402988286

Genre: Humor, Satire, Mystery

Für Leser, die das mögen: Schindel-Schwinger, Clever & Smart, MAD


 

Ulkig! Auf der Rückseite dieses Schwarzweiß-Comics ist ein salopper Teaser, der schwer nach Hardboiled- und Noir-Krimi klingt und einen aufs anstehende Erzähltempo einstimmt. Im Mittelpunkt steht ein Comiczeichner, der in Berlin lebt und einen lukrativen Auftrag an Land gezogen hat. Der Lektor ist zwar schwierig und rustikal, doch der ausgehandelte Rahmen passt. Und dass er quasi die eierlegende Wollmilchsau oder am besten was in Richtung Diddel-Maus erfinden soll, schreckt ihn nicht. Doch dann fällt er unerwartet in ein tiefes kreatives Loch und sämtliche Ideen erscheinen doof oder wenig verheißungsvoll. Superhelden? Nein. Eine Satire auf Nerds in einer IT-Abteilung? Überzeugt nicht! So verkriecht er sich deprimiert in seiner Bude. Und: Er bekommt nicht mit, dass draußen Unerhörtes geschieht.


Der Lektor: mit Sicherheit kein »netter« Kerl.


Das hier ist wieder so ein seltsames Ding; und mit sonderbaren Abbildungen. Die Grafik ist hässlich und krakelig und der Held ist kein Sympathieträger: Er ist Schnurrbartträger, unrasiert und bedeckt sein Haupt mit einer Schiebermütze. Ganz klar, das ist Lektüre für Kritiker, denn die müssen sich (fast) alles reinziehen. Und so scheint es kaum vorstellbar, dass sich das jemand freiwillig antut. Doch, hier kommt das berüchtigte »doch«. Das Reinschauen lohnt sich, denn hier zeigt sich sehr schön, dass die Verpackung im Grunde egal ist, wenn der Inhalt stimmt.

Eine heimtückische Seuche ist ausgebrochen, die das ganze Land auf Trab hält. Im Supermarkt ist das Klopapier ausverkauft und dann passiert noch das Schlimmste: Das Bier ist alle! Das kommt einem alles sehr bekannt vor; der Bezug zu Corona ist klar erkennbar und gewollt. Es gibt aber Unterschiede. Das Virus kann Symptome hervorrufen, die der Tollwut ähneln. Und die Infizierten benehmen sich auffällig aggressiv und sind meist in Gruppen unterwegs. Breitet sich etwa eine Art Zombievirus aus? Oder leidet der Comiczeichner etwa unter krassen Halluzinationen und Wahrnehmungsstörungen?


Vertrauter Anblick: Im Supermarkt ist das Klopapier (fast) alle.


Das vorliegende Werk erinnert optisch an die Cartoons und Zeichnungen, die Ende der 1970er und Anfang der 1980er in einigen Punk-Fanzines zu finden waren. Und die waren damals auch ziemlich abgefahren. Also, keine Angst vorm Zugreifen: Wer die eigenwillige Optik als vorgebenden Zeichenstil akzeptiert, erlebt eine mehr als angenehme Überraschung.

Greg Eibau hat einen herzerfrischenden Humor! Wenn das Klopapier vergriffen ist, kann eine Bachelorarbeit schon mal die Rettung sein. Allerdings: »Dis war echt nich so nice.« Er denkt über das dusselige Beklatschen von Alltagshelden nach, die kurzlebigen Balkon-Konzerte und die Reptilienmenschen bekommen auch ihr Fett weg. Erinnerungen an die amüsanten, aber nachdenklich stimmenden MAD-Gag-Attacken werden wach und das Chaos von Clever & Smart lässt schwer grüßen. Und, kaum zu glauben, Eibau packt es doch allen Ernstes, seine Story mit einem stimmigen Finale zu beenden und mit einer schicken Pointe noch eins drauf zu setzen. Mit anderen Worten: Gut gemacht!

[Walter Truck]


Er glotzt TV – erhellend ist das aber nicht.

Abbildungen © 2022 Super Comics, Greg Eibau


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