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Frisch Gelesen Folge 408: Klaus Barbie

»Ich habe nichts dazu zu sagen.«


FRISCH GELESEN: Archiv


Klaus Barbie – Der Schlächter von Lyon

Story: Frédéric Brémaud
Zeichnungen: Jean-Claude Bauer

bahoe books
Hardcover | 154 Seiten | Farbe | 26,00 €
ISBN: 978-3-903478-08-4

Genre: Historischer Comic

Für alle, die das mögen: Comicbiografien, historische Themen, Geschichte



Ich kann mich noch gut an die Fotos in der Zeitung erinnern: kantiges Gesicht, blaue Augen, schütteres Haar und markante Augenbrauen. Das Allerweltsgesicht eines alten Mannes. Hinter der Fassade aber verbarg sich eine der schlimmsten Bestien, die während der Besatzungszeit in Frankreich gewütet hat. Klaus Barbie – der Schlächter von Lyon. Bei bahoe books ist jetzt eine Comicbiografie zu Barbie erschienen.

Barbie war einer der gefürchtetsten Kriegsverbrecher des Dritten Reiches. Er wurde 1913 in Bad Godesberg geboren, trat früh der SS bei und stieg während des Zweiten Weltkriegs schnell in der Gestapo auf. Als Leiter der Gestapo in Lyon während der deutschen Besetzung Frankreichs war Barbie für grausame Verbrechen verantwortlich, darunter die Folterung von Mitgliedern der Résistance, die Verfolgung von Juden und die Deportation in Konzentrationslager. Besonders berüchtigt wurde er durch die Verhaftung und Folterung des Widerstandsführers Jean Moulin. Nach dem Krieg entging Barbie der Verhaftung, indem er mithilfe des amerikanischen Geheimdienstes, der seine Expertise im Kampf gegen den Kommunismus schätzte, nach Südamerika flüchtete. Jahrzehntelang lebte er unter falschem Namen in Bolivien, wo er weiterhin in dubiose politische Aktivitäten verwickelt war. Erst 1983 wurde er in Bolivien aufgespürt, nach Frankreich ausgeliefert und 1987 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Barbie starb 1991 in französischer Haft.

Frédéric Brémaud alias Brrémaud beginnt seine Biografie mit dem Ende der Freiheit von Barbie: dessen Entdeckung in Südamerika und seine Auslieferung nach Frankreich. Daran beteiligt waren auch Beate und Serge Klarsfeld, die auch ein Vorwort zu dem Band beisteuern. (Fakt nebenbei: Über die beiden ist bei Carlsen ein biografischer Comic erschienen.) Den Hauptteil des Comics nehmen dann die Stationen des Lebens von Barbie ein. Von seiner Zeit in Bonn bis zum Prozess. Das letzte Drittel des Comics beschäftigt sich ausschließlich mit der Verhandlung. Ein rund 20-seitiges Dossier rundet den informativen Band ab.

Klaus Barbie – der Schlächter von Lyon ist kein gewöhnlicher Comic. Das liegt natürlich vor allem an der Thematik. Wie soll man die Biografie einer Bestie in Menschengestalt in Bilder fassen? Das kreative Duo Jean-Claude Bauer und Brrémaud geht den einzig richtigen Weg. Im Mittelpunkt ihres Comics steht ganz eindeutig das Wort. Sie erzählen vom brutalen Wüten Barbies im besetzten Frankreich und vom Prozess. Das Bild, das Panel tritt in den Hintergrund, wird lediglich unterstützend eingesetzt. Zeichner Bauer konnte dabei aus seinen persönlichen Erlebnissen schöpfen, denn er berichtete für das französische öffentlich-rechtliche Fernsehen über den Barbie-Prozess.

Klaus Barbie – der Schlächter von Lyon ist ein besonderer Comic. Ich würde ihn in jedem europäischen Land in den Geschichtsunterricht auf die Leseliste setzen. Denn er erschließt ein unmenschliches Kapitel europäischer Historie, aus der wir alle lernen sollten. Die Form des Comics ist dabei ein gelungenes Medium für die veränderten Lesegewohnheiten. Ich gebe zehn von zehn Punkten.

[Bernd Hinrichs]

Abbildungen © 2024 bahoe books / Brrémaud, Jean-Claude Bauer


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