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Frisch Gelesen Folge 464: Voltar

»Gefahr? Bist du ebenfalls geistesschwach? Ich fürchte keine Gefahr!«


FRISCH GELESEN: Archiv


Voltar

Story: Alfredo P. Alcala, Manuel Auad, Will Richardson
Zeichnungen: Alfredo P. Alcala

Retrofabrik
Hardcover │ 182 Seiten │ s/w und Farbe│ 49,90 €
ISBN: 978-3-94864-807-7

Genre: Fantasy, Action, Abenteuer, Sword and Sorcery

Für alle, die das mögen: Conan (Splitter, Panini), Andrax (Cross Cult), Elric (Splitter)


Wer Conan mag, dürfte sich in diesem Erzähluniversum wohlfühlen. Voltar ist ein schwertgewandter Recke, der im Zuge seiner Abenteuer mit reichlich Magie, dämonischen Kreaturen und düsteren Kriegsherren konfrontiert wird. Hilflose Damen gibt es nicht zu retten, darauf hatte sein Schöpfer Alfredo P. Alcala keine Lust. Da er aber wusste, dass das Weib immer lockt, zumindest männliche Comicfans, sorgte er dafür, dass es trotzdem einiges zu sehen gibt. Nur dass diese Frauen sich selbst gut zu helfen wissen und bisweilen brandgefährlich sind. Eine schöne Aussicht kann eine trügerische Illusion sein, die eine findige Magierin verbirgt oder, eventuell noch schlimmer, ein blutrünstiges Ungetüm.

Alfredo P. Alcala kam 1925 auf den Philippinen zur Welt, begann 1948 zu zeichnen und zog 1970 in die USA, um für Marvel und DC tätig zu werden. Interessanterweise war er der erste Künstler, der bei beiden konkurrierenden Großverlagen gleichzeitig beschäftigt sein durfte. Er arbeitete u.a. an den Serien Planet of the Apes (1975–1976), Batman (1982–1986), Hellblazer (1988–1989) und The Rampaging Hulk (1977–1981); vornehmlich als Inker. Einige seiner Werke waren auch bei Warren zu sehen (Creepy, Eerie u.a.). Alcala hatte Krebs und starb 2000 im Alter von 74 Jahren in Südkalifornien.

Mit diesem Band hat Voltar seinen Weg zu uns gefunden. Und das in einem schönen Oschi, der dank seines Gewichts von knapp 1,8 Kilogramm am besten am Tisch, mit Buchstütze oder Lesekissen gelesen wird. Mit der Duisburger Retrofabrik nahm sich ein eher ungewöhnlicher Verlag dieses Stoffs an, der bislang nur Masters-of-the-Universe-Comics und -Hörspiele veröffentlicht hat. Was trotzdem bestens zusammenpasst, denn Alcala zeichnete auch an Masters of the Universe, u.a. an den Minicomics »He-Man and the Power Sword« und »Battle in the Clouds« (beide 1982).

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Die Begeisterung, die in Vorwort, Biografie und in den Begleittexten mitschwingt, ist ansteckend. Da ist die Rede von dramatischen Perspektiven, filigranen Rüstungen, von fast skulpturalen Figuren oder der Vereinigung europäischer Bildsprache mit amerikanischer Action. Die Verfasser führen einen damit auf die richtige Fährte. In Alcalas eigenständigem Artwork sind Einflüsse von Hal Foster (Prince Valiant, dt. Prinz Eisenherz), Alex Raymond (Flash Gordon) und mittelalterlichen Holzschnitten zu erkennen. Er liebt Schraffuren; seine fein gestrichelten Hintergründe sind das i-Tüpfelchen bombastischer Splashpages. Zudem verleihen sie den Figuren Plastizität. Und er mag schwarze Flächen. Die verwendet er, um sinistren Kriegern, Voltars starken Gegnern, eine besonders teuflische Aura zu geben.

Im zweiten Handlungsbogen, der 1980 bis 1981 in Warrens The Rook Magazine erschien, bedroht Warlord Magog mit seinen Goblins Voltars Volk. Er ist ein mächtiger und äußerst brutaler Gegner: »Der süße Duft von verbranntem Fleisch ist wie ein Bukett für meine Sinne.« Hier zeigt sich, dass Alcala seine Erzähltechnik weiterentwickelt hat. Wir erfahren viel über Voltars Vergangenheit, die Figur erhält menschliche Tiefe. Das Königreich, von dem wir vorher nur durch Worte und generische Abbildungen wussten, dass es existiert, wird endlich näher beschrieben. Außerdem gelingt es Alcala, die Kämpfe seines Protagonisten deutlich spannender und ausufernder zu gestalten. Vorher war das ein ziemliches Hopplahopp. Allerdings: Mit den Endgegnern hat es der Zeichner nach wie vor nicht. Er ist erstaunlich, wie schnell gerade diese Widersacher abgefrühstückt werden. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau.

Voltar ist spannend, fesselt mit einer ordentlich ausgestalteten Welt und nimmt einen sofort in Beschlag. Der Hardcoverband ist größer als ein Standardalbum (35,9 x 26,6 x 2,5 Zentimeter) und ist mit einem Schutzumschlag, einem Cover mit silberfarbigem Reliefdruck und Buchschnitt ausgestattet. Sehr schön ist auch die Galerie, die auch farbige Seiten enthält. Mit anderen Worten: Es wäre toll, mehr von Voltar zu sehen. Leider ist das aktuell nicht möglich, da von den ursprünglich 45 Episoden nicht mehr alle vollständig erhalten sind, einige als verloren oder nur fragmentarisch dokumentiert gelten. Das ist schade, wirklich schade.

[Walter Truck]

Abbildungen © 2025 Retrofabrik / Alfredo P. Alcala, Manuel Auad, Will Richardson


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