»Xiaoqi, wer da jetzt auf uns zukommt, ist uns nicht freundlich gesinnt.«
»Daoma, du bist aber auch nicht freundlich gesinnt!«
FRISCH GELESEN: Archiv
Die Klingen der Wächter Band 1
Story: Xu Xianzhe
Zeichnungen: Xu Xianzhe
Chinabooks
Softcover │ 276 Seiten │ s/w │ 14,90 €
ISBN: 978-3-905816-94-5
Die Klingen der Wächter Band 2
Story: Xu Xianzhe
Zeichnungen: Xu Xianzhe
Chinabooks
Softcover │ 266 Seiten │ s/w │ 14,90 €
ISBN: 978-3-905816-95-2
Die Klingen der Wächter Band 3
Story: Xu Xianzhe
Zeichnungen: Xu Xianzhe
Chinabooks
Softcover │ 266 Seiten │ s/w │ 14,90 €
ISBN: 978-3-905816-96-9
Genre: Martial Arts, Action, Abenteuer
Für alle, die das mögen: Lone Wolf & Cub, Kamui
Ein dunkel gekleideter Held, der schon beim Herannahen beeindruckt: hoch zu Ross, mit einem kleinen Jungen im Schoß, Schwert und anderem Kampfwerkzeug auf dem Rücken. Er verfügt über eine undefinierbar freundliche Ausstrahlung, doch das verschmitzte Grinsen, das bisweilen zwischen Dreitagebart und Kegelhut aufblitzt, ist trügerisch. Daoma heißt dieser Mann und geht als Kopfgeldjäger einem verhassten und blutigen Broterwerb nach. Passend zu seiner Präsenz gibt er sich gerne als »liebenswürdiger« Vertreter seiner Zunft aus und bietet seinen Zielpersonen an, sich bei ihm für das Dreifache der Fangprämie freizukaufen, um so unbeschadet von dannen ziehen zu können. Da die Botschaft meistens aber nicht ankommt, fliegen nach einem »Und ich hatte doch wirklich gedacht, wir könnten Freunde werden« ordentlich die Fetzen.
Ein imposanter Anblick: Daoma und sein kleiner Sohn Xiaoqi.
Xu Xianzhe gibt von der ersten Seite an Vollgas und schleudert den Leser in das China des 7. Jahrhunderts und die Wüstengebiete seiner westlichen Regionen. Eine karge und trostlose Umgebung, in der Recht und Ordnung oft ein Fremdwort sind, Kriminelle aller Couleur ihr Unwesen treiben, kaisertreue, autonome und gegnerische Kräfte aufs Blutigste miteinander ringen. Und dazwischen Bewohner, die einfach nur zu überleben versuchen. Allerdings ist dies eine Alternativwelt, die auch Dämonen und übernatürlichen Wesen bevölkern.
Nicht alles in dieser Welt ist menschlich.
Die Zeichnungen sind schwarz-weiß und realistisch gehalten, eine Vielzahl von Linien und Schraffuren sorgt neben Grautönen für weitere Plastizität. Das erzählerische Tempo ist schnell und in den dargestellten Schwertkämpfen wird es noch rasanter. Xianzhe zelebriert diese ausgiebig und tobt sich dabei gerne auf großzügig aneinander gereihten Seiten und Panels aus. Speedlines erzeugen Geschwindigkeit, und wohl dosiert eingesetzte Splash Pages ermöglichen ein kurzes Innehalten, bevor es mit dem mörderischen Treiben weitergeht. Fehlende beziehungsweise einfache Hintergründe lenken den Fokus auf Action und Akteure. Etwas gewöhnungsbedürftig sind allerdings Geräuschlaute wie »Zisch«, »Wusch«, »Ratsch« oder »Stech«, die man eher bei Donald Duck verorten würde. Das hätte eventuell besser gelöst werden können, aber nach einer gewissen Seitenzahl ist das kein Drama mehr.
Gruseliger, aber hübscher Horroreffekt.
Die Story ist abwechslungsreich und fesselnd, da sich Xianzhe nicht damit begnügt, eine Kopfgeldjagd an die andere zu reihen. Der Kaiser ist offenbar ein übernatürliches Wesen, ein Gestaltwandler, und die Frage, was es mit den dämonischen Kreaturen zu Beginn des ersten Bandes auf sich hat, muss auch noch beantwortet werden. Zudem baut Xianzhe die Charakterisierung seines Protagonisten und der anderen Figuren stetig aus. So wird Daoma im Zuge der drei Startbände nicht nur zum Leibwächter, der eine wichtige Persönlichkeit in die kaiserliche Hauptstadt Chang’an eskortiert, sondern auf seine verquere Art vom Einzelkämpfer zum Teamplayer, der weitere Mitstreiter um sich schart. Außerdem liegen in diesem Kosmos Schein und Sein bisweilen arg auseinander: Hinter der Fassade eines Schwächlings kann sich ein gefährlicher Kämpfer verbergen und reizvolle Frauen mögen zwar schön anzusehen sein, können manchmal aber auch ganz gut austeilen.
Es geht rund! Daoma mitten im Getümmel.
Xu Xianzhe bezeichnet sich als großer Filmfan und gibt an unter anderem von Coppolas Mafia-Filmreihe, Scorseses Gangsterfilmen, dem italienischen Kino und japanischen Samurai-Filmen geprägt worden zu sein. Im Comicbereich nennt er als Quellen der Inspiration unter anderem japanische Mangaka wie Hiroaki Samura (Blade of the Immortal), Takehiko Inoue (Vagabond) oder den Altmeister Hiroshi Hirata. So ist es kein Wunder, dass sich in seiner Arbeit einige Reminiszenzen an unterschiedliche Genres finden. Daoma und sein Sohn Xiaoqi sind als Gespann immer ein interessanter Anblick und eine Verbeugung vor Gōseki Kojima und Kazuo Koike (Lone Wolf & Cub). Daoma selbst erinnert an die Kopfgeldjäger, die Clint Eastwood in Sergio Leones Dollar-Trilogie verkörperte: auf sonderbare Weise sympathisch, undurchsichtig, nicht besonders redselig und brandgefährlich. Daoma weicht hiervon als vergleichsweise geschwätziger Charakter ab, aber nur auf den ersten Blick. Er redet zwar gerne viel, gibt aber so gut wie nichts Persönliches preis. Im Gegenteil, er wird sogar richtig pestig, wenn er jemandem begegnet, der über ihn Bescheid zu wissen scheint.
Action! Diesmal in einem doppelseitigen Panel.
Also, wo geht die Reise hin? Keine Ahnung. Nicht einmal eine Schätzung ist möglich. Zum Glück, denn so bleibt es weiterhin spannend. Die Klingen der Wächter ist ein super Comic, äh … Manhua. Und ja, es geht hier sehr brutal zu. Aber hey: Es handelt sich hier um eine Schwertkämpfer-Geschichte!
[Walter Truck]
Cooler Auftritt: So geht Kinohelden-Zeitlupe bei Xianzhe.
Abbildungen © 2020 Chinabooks
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