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Frisch Gelesen Folge 419: Das vergessene Land

»Was war das für ein Monster?«


FRISCH GELESEN: Archiv


Das vergessene Land

Story: Éric Corbeyran, Edgar Rice Burroughs
Zeichnungen: Gabor

Splitter
Hardcover |120 Seiten | Farbe | 25,00 €
ISBN: 978-3-98721-417-2

Genre: Abenteuer, Fantasy

Für alle, die das mögen: Die vergessene Welt, Jurassic World, Jurassic Park



Bei Dinosauriern werde ich zum Kind: Meine Augen leuchten und mein Puls geht schneller. Egal ob als Roman, Film oder Comic – Dinosaurier gehen bei mir immer. Da ist die Geschichte fast schon Nebensache, Hauptsache große und gefährliche Tiere stapfen durch die Gegend und versuchen, ein Trüppchen Menschen zu fressen. Der letzte Fund auf diesem Gebiet ist der Comic Das vergessene Land, der bei Splitter als Double-Ausgabe und damit komplett in einem Band erscheint.

Da fragt sich der Fan doch gleich: Das vergessene Land? Gab es da nicht eine Geschichte von Arthur Conan Doyle? Der 1912 erschienene Roman Die vergessene Welt dürfte zwar Pate bei Edgar Rice Burroughs' Geschichte von 1918 gestanden haben, aber der Roman beginnt als Seekriegsabenteuer und entwickelt sich letztlich nicht zu einer typischen Genregeschichte.

Burroughs' Geschichte spielt im Ersten Weltkrieg und erzählt die Abenteuer von Bowen J. Tyler, dessen Schiff 1916 von einem deutschen U-Boot versenkt wird. Zusammen mit seiner Frau Lys La Rue wird er von einem britischen Schlepper gerettet, der jedoch ebenfalls in ein Seegefecht mit einem deutschen U-Boot verwickelt wird. Die Crew des Schleppers schafft es, das U-Boot zu kapern und die Mannschaft gefangen zu nehmen, aber Sabotage bringt es vom Kurs ab, und sie landen schließlich auf der geheimnisvollen Insel Caprona. Diese tropische Welt ist voller prähistorischer Kreaturen. Die Briten und Deutschen arbeiten widerwillig zusammen, um zu überleben. Doch die Deutschen fliehen mit dem U-Boot, und Tyler begibt sich auf eine gefährliche Suche nach Lys. Dabei trifft er auf primitive Stämme, die unterschiedliche Stufen der menschlichen Evolution repräsentieren.

Im Gegensatz zu Doyles The Lost World fügt Burroughs in The Land That Time Forgot, so die Originaltitel der beiden Romane, jedoch eine eigene Wendung hinzu, indem er ein einzigartiges biologisches System für seine verlorene Welt erfindet. Seine Dino-Insel gehorcht ihren eigenen Gesetzen. Das ist eine schöne Abwechslung zu anderen Genretiteln. Eine komplexe Geschichte, die mich überrascht hat, denn eigentlich hatte ich mich auf Popcorn-Kino-Unterhaltung eingestellt. Diese Komplexität hat Auswirkungen auf das Storytelling. Wer eine Geschichte erwartet, durch die man als Leser von Panel zu Panel fliegen kann, immer auf der Jagd nach dem nächsten Dino, wird enttäuscht sein. Die Geschichte wird textlastig vorangetrieben. Das liegt sicherlich auch an der Rahmenhandlung, also daran, dass Tyler berichtet.

Den Roman von Burroughs konnte ich bisher nicht lesen und kann deshalb wenig zur Umsetzung durch Éric Corbeyran sagen. Man merkt dem Comicautor, der im deutschsprachigen Raum vor allem durch die Serie Der Gesang der Strygen bekannt sein dürfte, an, dass er mit komplexen Geschichten zurechtkommt. Gekonnt führt er den Leser durch den Plot.

Gabors Artwort lenkt dankenswerterweise nicht von der Geschichte ab. Er zeichnet realistisch, klar und schnörkellos. Vor allem in der Darstellung der prähistorischen Lebewesen zeigt sich sein Können. Ihre Bewegungen sind mal rasant, mal erhaben, aber immer authentisch.

Ich gebe aufgrund der mitunter auftretenden Längen acht von zehn T-Rex.

[Bernd Hinrichs]

Abbildungen © 2024 Splitter / Edgar Rice Burroughs, Éric Corbeyran, Gabor


Den Comic gibt's im gut sortierten Comicfachhandel oder direkt beim Verlag: Splitter