»Ach ja? Was hast du denn mit uns vor?«
»Wir könnten ja übers Wochenende zusammen aufs Land fahren. Ich kenne da ein hübsches kleines Hotel! Und dann die frische Landluft …«
FRISCH GELESEN: Archiv
Weissblech Comics Magazin #1: »Die Nacht der reitenden Leichen«
Story: Marc Gras
Zeichnungen: Marc Gras
Weissblech Comics
Magazin | 52 Seiten | Schwarzweiß | 7,80 €
ISBN: 978-3-86959-092-9
Genre: Horror
Für alle, die das mögen: Schwarzweiß-Horrorcomics der 1970er Jahre, italienische und spanische Trashfilme, Weissblech Comics
Kurz vor Jahresende überrascht uns Weissblech mit einer neuen Serie: Unter dem Rahmentitel Weissblech Comics Magazin sollen in Zukunft Schwarzweißcomics im Magazinformat veröffentlicht werden.
Das Ganze erinnert etwas an die Aufmachung der Marvel-Magazine der 1970er Jahre oder die Williams-Serie Planet der Affen aus der gleichen Zeit, denn selbst das bedruckte Papier wirkt so holzhaltig wie das von Williams damals. Daher schlägt das Ding voll in die gleiche vernarbte Kerbe aller Aficionados, die sich damals als Teenager inbrünstig mit Gruseligem beschäftigt haben. Vor allem in Form von Gänsehaut provozierenden Trashfilmen aus Südeuropa.
Beim Wort »Aficionado« sind wir auch schon da, wo dieser Comic herkommt: Die Nacht der reitenden Leichen ist die Comicadaption des gleichnamigen spanisch-portugiesischen Horrorfilms von Regisseur Amando de Ossorio aus dem Jahr 1972.
Ich erinnere mich noch gut, dass Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre eine beachtliche Welle von Horrorfilmen wie Das Omen, Shining, Amityville Horror oder Zombie durch die normalen Kinos schwappte, aber auch an eine nicht kleine Flut, bestehend aus krassem Gore-Trash, die durch die drittklassigen Lichtspielhäuser strömte.
Da war die Welt noch in Ordnung:
Virginia trifft Bella
Die Filme waren meist ab 18 und wir haben uns die Nasen an den Glasvitrinen platt gedrückt, die Aushangfotos und augenfetzende Plakate von sensationellen Streifen wie Ein Zombie hing am Glockenseil, Horror Infernal oder eben den Reitenden Leichen zeigten. Das war meist nachmittags als wir sogenannte »Jugendvorstellungen« für drei Mark besuchten, in denen verrückte, aber harmlosere japanische Godzilla-Filme (z.B. King Kong gegen Godzilla oder Frankensteins Monster jagen Godzillas Sohn) oder auch mal asiatische Kung-Fu-Filme mit Bruce Lee (Todesgröße aus Shanghai usw.) gezeigt wurden.
Weissblech bringt zum Start seiner neuen Reihe den »Horror-Heuler jetzt als Comic«, wie in großen Lettern auf dem Cover prangt. Gezeichnet hat ihn der in Barcelona residierende Katalane Marc Gras.
Das ist ein weiteres Novum, da Weisblech normalerweise keine ausländischen Lizenzen einkauft und sein Programm aus Comics aus deutschen Landen zusammensetzt. Aber, wie Levin Kurio im Nachwort schreibt, »als der Comic Die Nacht der reitenden Leichen in die Redaktion flatterte, konnte ich nicht anders.«
Was wird geboten? Marc Gras hält sich im Rahmen der Möglichkeiten eines Comics mit 44 Seiten recht genau an die Filmvorlage.
Es geht um eine mysteriöse Sekte, um schwarze Magie, einen geheimnisvollen Orden von Tempelrittern und zombieartige Leichen, die auf Pferden reiten. Im Film natürlich in der anno 1972 populären Zeitlupe und ziemlich düster ausgeleuchtet, wie es damals mit wenig Geld beim Horrorstreifenmachen Usus war.
Auf dem Land kann mas was erleben: Fahrt ins Ungewisse
Die Handlung ist aus heutiger Sicht eher zahm. Die bei späteren Filmen übliche Kombination von Horror und Erotik ist hier (und damit auch im Comic) nur ganz latent vorhanden. Zu Beginn trifft Virginia, die mit ihrem Freund Roger in Portugal Urlaub macht, ihre lesbische Jugendfreundin Bella, die aber ihrem Partner schöne Augen macht. Als es Beziehungskrach gibt und Virginia in einer Kurzschlusshandlung aus einem fahrenden Zug springt, spaziert sie im iberischen Hinterland in eine verfallende Abtei, übernachtet dort natürlich, obwohl sie Schiss hat, und das Grauen nimmt seinen Lauf.
Die Zeichnungen von Marc Gras sind zum Thema passend. Sie erinnern entfernt an die Kunst des US-Amerikaners Gene Colan, der mit Tomb of Dracula eine der langlebigsten Horrorserien gezeichnet hat.
Aktuell verkauft Marc Gras übrigens die Originalzeichnungen zum Preis von rund 75 Euro pro Seite über sein Twitter-Account.
Ein in sich stimmiger Auftakt einer neuen Serie, die für Weissblech- und Horrorcomicsfans wohl zu den Pflichtkäufen gehören dürfte. Neue Ausgaben sind ein- bis zweimal pro Jahr angekündigt.
[Matthias Hofmann]
Abbildungen © 2021 Weissblech Comics / Marc Gras
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Oder beim Verlag: Weissblech Comics