Die Berthold Leibinger Stiftung vergibt seit 2015 ihren Comicbuchpreis. Ausgezeichnet wird ein bislang unveröffentlichter, deutschsprachiger Comic, dessen Fertigstellung absehbar ist. Die inzwischen siebte Trägerin des auf 20.000 Euro dotierten Preises ist Mia Oberländer. Die achtköpfige Jury kürte Oberländers Comic Anna in einer digitalen Sitzung zum Sieger.
Von großen Frauen
und alten Vorurteilen
Der erstmals 2014 ausgeschriebene Preis erfreut sich von Jahr zu Jahr größerer Beliebtheit. Hatten sich für den Comicbuchpreis 2019, den Anke Kuhl für Manno! erhielt, 77 Comickünstlerinnen und -künstler und 2020, als Max Baitinger für Sibylla prämiert wurde, 83 Comicschaffende beworben, waren es in diesem Jahr der Stiftung zufolge »105 Autoren und Zeichner aus Deutschland, Österreich, Russland, Ungarn und der Schweiz«. In einer digitalen Sitzung fiel die Wahl der Jury auf Mia Oberländer. Der Jury unter dem Vorsitz von Andreas Platthaus (FAZ) gehören David Basler (Edition Moderne), Barbara Buchholz (Journalistin, Bonn), Professor Dr. Frank Druffner (Kulturstiftung der Länder, Berlin), Dr. Brigitte Helbling (Journalistin, Hamburg) Dr. Florian Höllerer (LCB, Berlin), Petra Morsbach (Autorin, München) und Dr. Stefanie Stegmann (Literaturhaus Stuttgart) an.
Die in Ulm geborene Oberländer, die für den Norddeutschen Rundfunk als Multimedia-Assistentin arbeitet und in der Klasse von Professorin Anke Feuchtenberger an der HAW Hamburg ihren Masterabschluss in Illustration macht, erzählt in Anna von zwei Frauen, Tochter und Mutter, die den gleichen Vornamen tragen, und von den Vorurteilen, denen sie aufgrund ihrer Körpergröße begegnen.
»Mia Oberländer hat mit ihrem Comic ›Anna‹, den sie einen graphischen Essay nennt, ein ebenso witziges wie herausforderndes Lehrstück geschrieben und gezeichnet. Es erzählt nicht mit erhobenem Zeigefinger – dann wären die Annas ja noch viel größer –, sondern als Groteske mit Tiefgang: Die Geschichte legt den Zeigefinger lieber in die Wunde«, begründet Andreas Platthaus die Entscheidung der Jury. »Es ist ein Buch, das denjenigen Mut machen will, die aufgrund von Äußerlichkeiten ausgegrenzt werden. Indem es mit all den Klischees spielt, die es entlarvt, und sie somit lächerlich macht. Und das wiederum macht diesen Comic groß. Zu groß, als dass er übersehen werden konnte im weiten Feld der diesjährigen Teilnehmer des Wettbewerbs um den Berthold Leibinger Comicbuchpreis.«
In diesem weiten Feld finden sich wie schon in den vergangenen Jahren nicht nur Newcomer, sondern auch alte Bekannte. Die neun Arbeiten, die es ins Finale geschafft haben und mit jeweils 2000 Euro prämiert werden, sind: Medusa-Perseus von André Breinbauer, Das Gutachten von Jeniffer Daniel, Pretty Deep Space von Hendrik Dorgathen, Coming of H von Hamed Eshrat, Die großen britischen Fish & Chips von Andrew Humphreys und Oliver Kugler, Ein Haus mit vielen Fenstern von Charlotte Müller, Der Duft der Kiefern von Bianca Schaalburg, Stockhausen – Der Mann der vom Sirius kam von Thomas von Steinaecker und David von Bassewitz und Oreo – Eine Annäherung von Birgit Weyhe, die bereits den Comicbuchpreis 2015 ihr Eigen nennt.
Die Preisverleihung findet am Mittwoch, 5. Mai 2021 im Literaturhaus Stuttgart statt.
Abbildungen © Mia Oberländer