Hansrudi Wäscher ist am 7. Januar 2016 im Alter von 87 Jahren in Freiburg im Breisgau verstorben. Mit ihm ging einer der ganz Großen der deutschen Comicgeschichte, den viele vermissen werden.
Rest In Peace: Hansrudi Wäscher
(05.04.1928 - 07.01.2016)
Hansrudi Wäscher, Foto © 2015 Sigrid Umiger |
Allmächtiger! Der Vater von Sigurd ist tot - Nachruf auf Hansrudi Wäscher
Für seine Leser war er der Meister. Er war der Künstler, der bunte Farbe in den grauen Nachkriegsalltag der Kids von damals brachte, einer, der die Phantasie seiner jugendlichen Leser beflügelte wie kein anderer deutscher Comicautor und -zeichner. Der Erfinder von Helden wie Ritter Sigurd, Raumfahrer Nick und Dschungelabenteurer Tibor war ein echter Comicpionier.
Hansrudi Wäscher wurde am 5. April 1928 in der Schweiz geboren und als Kind von den »fumetti« aus Italien und einer langen Krankheit geprägt. 1940 siedelte seine Familie nach Hannover in Deutschland über, wo er sich nach dem Krieg für eine künstlerische Karriere entschied. Einer Lehre als »Gebrauchswerber« folgte der dreijährige Besuch der Werkkunstschule von 1947 bis 1950.
Nach ersten Aufträgen als Plakatmaler und ersten eigenen Entwürfen für eine Rittercomicserie namens Sigurd fand er die Piccolos des Lehning Verlags. Oder sie fanden ihn. Man weiß es nicht so genau, denn es war wohl eine Entscheidung des Schicksals, schließlich verkauften sich bald Lehnings Sigurd-Piccolos millionenfach und deren Zeichner Wäscher erwies sich in den Folgejahren als ideenreicher Kreativer, der in fast jedem Genre zu Hause war und wie am Fließband und unter hohem Druck bis spät in die Nacht arbeiten konnte.
Der Schweizer, der mit seiner Heirat 1954 die deutsche Staatsangehörigkeit annahm, war aber nicht nur bis über die normalen Grenzen belastbar, er besaß einfach eine unglaubliche Lust, Geschichten in Comicform zu erzählen. Hinzu kam, dass sich aus dem Verhältnis zwischen Lehning Verlag und Hansrudi Wäscher eine über viele Jahre hinweg kongeniale Partnerschaft entwickelte, die dem deutschen Unterhaltungsmarkt den neuen, spannenden und vor allem bezahlbaren »Schmutz und Schund« lieferte, den die offizielle Pädagogik und viele Eltern zwar verdammten, die damaligen Jugendlichen umso mehr liebten.
Den Anschluss an die neuen Anforderungen des Erwachsenencomics in den 1970er Jahren hat er nie finden wollen, aber der wirtschaftliche Aufschwung machte es möglich, seine alten Geschichten in der neuen Partnerschaft mit Norbert Hethke wieder und wieder neu und zu Sammlerpreisen aufzulegen. In der Folge wurden vom Hethke Verlag sogar die durch den Konkurs des Lehning Verlags unvollendet gebliebenen Handlungsstränge diverser Serien abgeschlossen.
Aber auch außerhalb des bei Lehning etablierten Comickosmos war Wäscher aktiv: Nachdem er für den Bastei Verlag Hefte der Serie Buffalo Bill und und Episoden für Gespenster Geschichten gestaltete, schuf er für Hethke die dystopische Science-Fantasy-Serie Fenrir.
Hansrudi Wäschers Zeichenstil war außerhalb der nostalgischen Abteilung der Sammlerszene durchaus umstritten. Zu sehr ähneln sich die Gesichter seiner Helden, die Anatomie wirkt mitunter ungelenk und seine Geschichten strotzen vor Stereotypen. Dennoch prägte er mit seinen Comics, seinen nicht endenwollenden Storys voller Spannung und Humor und seinen markanten Titelbildmotiven eine ganze Generation von Kindern. Die Verehrung durch diese »Generation Lehning« motivierte ihn bis ins hohe Alter.
2008 wurde ihm der »Max-und-Moritz-Sonderpreis« für sein Lebenswerk und seine »Pionierleistung in der deutschen Comicgeschichte« verliehen.
Wer Hansrudi Wäscher auf dem Comic-Salon in Erlangen oder auf der Comicbörse in Köln erlebt hat, weiß, dass seine Geschichten und ihre grafische Umsetzung nicht nur »Broterwerb« oder aufgezwungen waren, sondern dass Comicsgestalten genau das war, was er machen wollte. Er hatte ein erfülltes Leben und seine Fans werden ihn nie vergessen. [Sven Krantz-Knutzen]
Foto © 2015 Sigrid Umiger. Abbildungen: Bob und Ben, Falk, Jörg, Nick, Nizar, Roy Stark, Tibor © Hansrudi Wäscher / becker-illustrators