Buchmesse Frankfurt: Faszination Comic bröckelt

Abt: Flucht nach vorne

Die »Faszination Comic« verblasst

Weitere Comicverlage klinken sich aus der Comicecke auf der Frankfurter Buchmesse aus

Auf der Frankfurter Buchmesse, der wichtigsten Fachmesse der Welt, gibt es seit Jahren das Comic-Zentrum in Halle 3.0, wo sich unter dem Motto »Faszination Comic« traditionell die Comicverlage tummeln.

2010 wagte es der Berliner Verlag Reprodukt und zog um in Halle 4. Mit von der Partie die Kollegen der Schweizer Edition Moderne, mit denen man seit jeher gute Kontakte pflegt. Brancheninsider sprachen bereits damals, allerdings hinter vorgehaltener Hand, von einem neuen Trend. Schließlich hatten sich die Macher von Reprodukt bereits mit dem Label »Graphic Novel« und eigens kreierten Katalogen und Infobroschüren für den lukrativen Buchhandel sehr engagiert gezeigt, wenn es darum ging, das Comic-Ghetto zu verlassen.

Ein Jahr später folgen weitere Verlage dem Lockruf der großen weiten Buchhandelswelt. Schreiber & Leser beispielsweise wird 2011 ebenfalls eine Halle weiter anzutreffen sein. Der Kleinverlag mit Sitz in München und einem Standbein in Hamburg hat ebenfalls viele Graphic Novels in Programm.

Vom COMIC REPORT auf den neuen Standplatz angesprochen gibt Philipp Schreiber unumwunden zu: »Wir möchten auf der Buchmesse an unserem Stand weniger mit Lesern als mit Fachpublikum Kontakt aufnehmen. Darunter sind wiederum die interessant, mit denen wir uns nicht ohnehin schon austauschen. Also z.B. Medien und Händler, die bisher Comic/Graphic Novel vielleicht weniger auf dem Schirm hatten. Diese Zielgruppe haben wir in den letzten Jahren in der Comic-Ecke immer seltener angetroffen«.

So verkehrt ist das nicht, denn die Buchmesse in Frankfurt ist in erster Linie eine Fachmesse für Verleger, Buchhändler, Agenten, Bibliothekare, Wissenschaftler, Illustratoren, Dienstleister, Filmproduzenten, Übersetzer, Drucker, Verbände, Künstler, Autoren, Antiquare, Software- und Multimedia-Anbieter zur Vorstellung ihres Angebots und dem Abschluss von Geschäften. Publikum, Leser und  damit reine »Comicfans« sind ohnehin nur an zwei Tagen zugelassen und müssen an den Werktagen draußen bleiben.

Auch ein Verlag wie Cross Cult hat dieses Jahr andere, neue Ambitionen. Man bleibt zwar in der Halle zieht aber in einen Bereich, wo große Belletristikverlage anzutreffen sind. Cross Cult-Chef Andreas Mergenthaler äußert sich heute im Diskussionsforum des COMIC REPORTs wie folgt zu diesem Schritt: »Wir wollen aber in Frankfurt auch von Buchhandelseinkäufern besser wahr genommen werden - zumal unser Programm nun zu 50% aus Romanen besteht. Deshalb probieren wir es eben mit einem Stand näher an den größeren Buchverlagen. Wenn wir nur Comics veröffentlichen würden wären wir natürlich direkt im Comic-Zentrum geblieben. Zudem bin ich mir sicher, dass wir mit unserem Top-Thema The Walking Dead, mit dem Zeichner der Serie als Gast und den Partnern Fox und dem Publisher der DVDs, die im Buchmesse-Kino die TV-Serie präsentieren werden und Zombie-Schminkaktionen planen, viele »Bislang-noch-nicht-Comicleser« neu für das Medium Comic begeistern können. Davon profitiert dann auch vor allem der Comicfachhandel«.

Diese neusten Entwicklungen sind nur die Spitze des Eisbergs. Man munkelt, dass auch andere Verlage sich noch nicht sicher sind, ob sie im Comic-Zentrum präsent sein wollen oder nicht doch lieber woanders. Wenn nicht dieses Jahr, dann spätestens 2012. Der COMIC REPORT wird diese Problematik in den nächsten Wochen weiterhin beleuchten.


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Frankfurter Buchmesse: Was bringt das Comic Zentrum?