Als der belgische Zeichner Pierre Culliford alias Peyo die kleinen blauen Kobolde 1958 in seiner Serie »Johann und Pfiffikus« im Spirou-Magazin einführte, konnte er nicht ahnen, welchen triumphalen und weltweit einzigartigen Siegeszug die Schlümpfe antreten würden – von der liebe- und niveauvollen Comicunterhaltung bis hin zu Merchandising und Filmen bieten Peyos Helden auch viele Jahre nach seinem Tod eine erstaunliche Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten. Am 23. Oktober feiern die Schlümpfe ihren 60. Geburtstag ...
»Sagt mal, wo kommt ihr denn her?«
Soviel Schlumpf wie nie
In den 1970er Jahren waren sie einer der ersten großen Merchandising-Erfolge, und die Vergabe von Lizenzen für die Herstellung von Begleitprodukten machten aus der Comicserie Les Schtroumpfs, die bei uns die Schlümpfe genannt wurden, eine weltweit erfolgreiche Marke. In ihrer ursprünglichen Form, in den Comics, hatte man sie in Deutschland Ende der 1960er Jahre in den Publikationen des Kauka-Verlages entdecken können, aber schon bald verbreiteten sie sich in allen nur erdenklichen Formen und Größen; die Fernsehausstrahlung von Zeichentrickfilmen mit den Schlümpfen oder die Kinderzimmerinvasion der kleinen Plastikfiguren sollen hier nur stellvertretend genannt werden.
Lange vor dieser weltweiten Vermarktung hatten die Schlümpfe bereits in ihrem Heimatland Belgien und seinen Sprachnachbarn Frankreich und den Niederlanden großen Erfolg als Comicserie. Am 23. Oktober 1958 machten die Leser des belgischen Magazins Spirou erstmals die Bekanntschaft mit den charakteristischen Wichtelgestalten mit blauer Haut, weißer Hose und phrygischer Mütze. Sie traten auf in der Episode »La flute à six trous« der Serie Johan et Pirlouit (Johann und Pfiffikus), der zu diesem Zeitpunkt bereits achten albumlangen Episode der humoristischen Serie um einen Königsknappen und dessen Begleiter im Mittelalter. In dieser Serie hatte Peyo seinen Zeichenstil so weit entwickelt, dass er zu den wesentlichen Exponenten von Spirou und der damit stilistisch in Verbindung gebrachten École Marcinelle gehörte.
Das kleine blaue Volk mit den weißen Wichtelmützen blieb der Serie Johann und Pfiffikus zunächst als beliebte Nebenfiguren erhalten, bevor sie im Sommer 1959 zu den ersten Protagonisten der Mini-Récits des Spirou-Magazins wurden, einer legendären Bastelbogenserie, in der sich die Leser ihre Mini-Heftchen selber zusammenfalten mussten. Erst ab 1963 erhielten die Schlümpfe dann den Status als eigenständige Serie im Spirou-Magazin und einer eigenen Albenreihe bei der Edition Dupuis.
Der Mann hinter dem Erfolg der Schlümpfe war der Zeichner Pierre Culliford alias Peyo (1928-1992). Er verfolgte sein Leben lang die gleichen kindgerechten Konzepte und verwirklichte noch im hohen Alter märchenhafte Ideen, die Kinder begeistern konnten. Mit dem großen Erfolg der Schlümpfe nutzte Peyo seine künstlerische Begabung zur Realisierung seines eigenen Universums: Die Schlümpfe waren Sympathieträger auf unzähligen Merchandisingartikeln und Helden in Trickfilmen, die der Zeichner anfangs noch selbst realisierte.
Erster Höhepunkt der Laufbahn der kleinen blauen Kobolde war die Produktion der bereits genannten Plastikfiguren durch die Hersteller Schleich und Bully. Der Traum eines jeden Kindes wurde damit Realität: es konnte die in den Comics gelesenen Abenteuer nachspielen und neue hinzuerfinden, unterstützt durch allerlei Zubehör wie die Pilzhäuser oder den Raben Krakakas. Die Schlümpfe eigneten sich hervorragend für diese dreidimensionale Umsetzung und begründeten die auch heute noch anhaltende Popularität der Figuren Peyos.
Ausgehend von der Beliebtheit der Schlümpfe als Spielzeug in den Kinderzimmern wurden sie in den 1980er Jahren zu Film- und Fernsehstars, und die viele Jahre von den Hanna-Barbera-Studios realisierten Trickfilme bereiteten Peyos kleinen Helden sogar eine erfolgreiche Karriere in den USA. Noch heute gehören die gezeichneten Kurzfilme zu den Dauerbrennern auf den Kanälen des Kinderfernsehens und schufen die Grundlage für bislang zwei aufwendig produzierte 3-D-Kinofilme, die weltweit auf große Resonanz stießen.
Seit einigen Jahren haben die Schlümpfe ihre deutschsprachige Heimat beim Splitter Verlag, der sich umfassend und vorbildlich der Produktion und Verfügbarkeit sämtlicher Comics von Peyo angenommen hat. Um den 60. Geburtstag gebührend zu feiern, veröffentlicht Splitter nun die frühesten Schlümpfe-Comics von Peyo erstmalig in Albenform auf Deutsch. Diese sechs »Mini-Geschichten« (im Original: »Mini-récits«) erschienen als Comics zum Selberbasteln in den frühen 1960er Jahren im Spirou-Magazin und wurden später für die auch bei uns bekannten Albenausgaben neu gezeichnet. Sie erscheinen im Original-Layout als Mini-Alben mit je 48 Seiten und aufgefrischter Kolorierung in deutscher Erstveröffentlichung.
Wer alles über Peyo und die Schlümpfe erfahren möchte, greift zur Ausgabe 69 der REDDITION - Zeitschrift für Graphische Literatur, die im Dezember erscheinen wird. Auf mehr als 70 Seiten wird Leben und Werk des belgischen Zeichners dokumentiert und bislang viel Unbekanntes und Erstaunliches über die Schlümpfe zu sehen sein.
Alle Abbildungen © 2018 Peyo - I.M.P.S.
Die nackten Fakten:
Die Schlümpfe Minis
Die ersten sechs Schlümpfe-Episoden in ihrer ursprünglichen Fassung
Splitter Verlag, Hardcover, je 48 farbige Seiten, je 7,95 €