Zeitschriften: Gratwanderung mit DONALD

Abt: Entenhausen für Männer

Gratwanderung à la DONALD:

Es hätte schlimmer kommen können

Eine Annäherung an Egmonts neues Lifestyle-Magazin

→ von Matthias Hofmann

»DONALD – Das Lifestylemagazin.« Als die Meldung im Frühling kursierte, habe ich erst gelacht, dann kurz darüber nachgedacht und danach wieder gelacht.

Aber gehen wir kurz zurück: Mai 2011. Das Credo des COMIC REPORTs ist es, sich mit allem auseinanderzusetzen, was sich auf dem Markt so tut. Also schnell in Berlin bei Peter Höpfner, dem Disney-Chef bei Egmont Ehapa, der auch Chefredakteur von DONALD ist, nachgefragt und ein Kurzinterview vereinbart.

Au Backe! Das mit dem disneyanisch angehauchten Herrenmagazin ist wirklich keine Ente. Der erste April ist auch schon längst vorbei. Peter Höpfner klingt selbstbewusst. Es scheint, er weiß ziemlich genau, was er da macht. In den Niederlanden läuft das Konzept, ein Mix aus Lifestlye-Männer-Magazin und Motiven aus der bunten Disney-Comics-Welt, seit einigen Jahren mit Erfolg. Also: abwarten und Tee trinken. Im August wissen wir mehr.

11. August 2011. Da liegt es nun: schwarz, hochglänzend, geschmeidig. Schlägt man es auf, rollt dem Leser auf zwei Seiten ein silberner Mercedes SLK entgegen. Bereits an den Anzeigenkunden kann man sehen, dass dieses Magazin in einer für Egmonts Disney-Printprodukte ungewohnten Liga spielt. Allzu viele sind es nicht, aber viel mehr ist bei einem Versuchsballon wie diesem ohnehin nicht zu erwarten. Immerhin tummeln sich unter den 132 Seiten auch neun Anzeigen von Unternehmen wie Beiersdorf, Strato oder Chanel, von dem ganzen product placement ganz abgesehen. Es weht ein spürbar erwachsener Wind. Nicht, dass die Comics doch noch erwachsen geworden wären. Es ist eher so eine Atmosphäre, mit der erwachsene Leute angesprochen werden, die gerne mal wieder jugendlich sein wollen. Das Kind im Manne eben.

Wer dachte, er bekommt eine Art »Playboy für Comicleser« vorgesetzt, wird natürlich enttäuscht. Das sonst obligatorische Covergirl  Bettina Zimmermann ist eher winzig unten rechts auf dem Titelbild platziert. Im Innenteil darf die »unfassbar gut aussehende« Schauspielerin auf immerhin sieben Seiten für eine großformatige Fotostrecke posieren. Alles im züchtigen Fünfziger Jahre Look, ganz unterschwellig erotisch. Garniert mit einem Interview voller eher harmlosem Geplauder. Schnell und vergänglich. Und natürlich hat sie die Micky Maus gelesen: »Aber hallo. Ich bin eingestiegen bei 1,90 Mark, dann wurden es 2,10 Mark. 2,50 Mark waren gerade mal mein Taschengeld, da wurde es langsam knapp.« Das nimmt man ihr sogar ab, nur vielleicht nicht dies: »Ich denke heute noch an meine Sammlung, die unter dem Bett im Bettkasten lag.«

Eine Hommage an das gute alte »Centerfold« gibt es dennoch: Daisy Duck und Klarabella Kuh posieren aufreizend in voller Pracht auf jeweils einer Doppelseite. Die Klamotten haben sie selbstverständlich anbehalten und Klarabellas Euter ist züchtig bedeckt. Aber es zeigt, dass hier an alles gedacht und dabei das nötige Augenzwinkern nicht vergessen wurde.

Beim ersten Durchblättern wirkt das Magazin gefällig. Es ist alles da, was man so meint, es müsse in einem derartigen Magazin vorhanden sein. Peter Höpfner wirft dafür im Vorwort die Alliterationsmaschine an: »Mode, Musik, Motoren, Medien, Moneten, Mäuse und Mädchen. Unfassbar, unglaublich, umwerfend – oder einfach DONALD.«. Aber wir sind ehrlich: die Seiten über Autos oder über Uhren sind beliebig und austauschar. Nichts besonderes, möchte man meinen, doch die Fotostrecke über Oldtimer-Automobile ist gepimpt mit Disney-Figuren. Oder das Interview mit der populären Berliner Fun-Punk-Band »Die Ärzte« führte kein geringerer als Donald Duck himself. Das sind, alles in allem, nette Varianten vom Althergebrachten à la Disney. Noch ein Lifestyle-Magazin wäre wirklich zu platt gewesen. Hier haben wir es gefunden, das stets nötige Alleinstellungsmerkmal. Aber trotzdem, irgendwie fühlt es sich an wie weder Fisch, noch Fleisch. »Mal was anderes«, werden die einen sagen, »Was soll der Kokolores?« werden die anderen fragen.

Welcher Mann interessiert sich wirklich für solche Kochrezepte? Wenn es doch welche gibt, dann ist das nicht krass genug. Ente im Schmortopf? Naja, dann lieber Auszüge aus Rüdiger Nehbergs »Roadkill«-Kochbuch. Das Heft schlecht zu finden, ist nicht schwer. Aber mit einem vorschnellen Urteil macht man es sich zu leicht.

Trotz den alleits vorhergesehenen Krankheiten: das Blatt ist sympathisch. Für fünf Euro, die wirklich nicht weh tun, bekommt man ein überraschend erfrischendes, etwas naives Magazin, das die Zeit vertreibt. Hat man verinnerlicht, dass es sich grundsätzlich nicht um Satire oder Verarsche handelt, sondern um den Versuch, etwas Neues in Deutschland zu etablieren, stellt sich so etwas wie wohlwollendes Interesse ein. Die Lektüre von einzelnen Artikeln macht Spaß, weil man sich dabei ertappt, wie man überlegt, ob die Vermengung von Motiven aus Entenhausen mit der realen Welt jeweils gelungen ist oder nicht.

Was Inhalt und Qualität der Beiträge betrifft, so gibt es sicherlich einzelne Beiträge, die nicht wirklich zünden. Hit or Miss, wie bei jedem Magazin. Als geschickten Schachzug, um die Sammlerklientel zu ködern, die auch mal Geld für Kuriosa ausgibt, hat man einen Donald Duck Comic ins Heft genommen, der eine deutsche Erstveröffentlichung ist. Die 24-seitige Story »Eine graue Geschichte (in bunten Bildern)« weiß durchaus zugefallen. Sie ist ist gut gezeichnet, spielt mit der 60jährigen Geschichte der Micky Maus und nimmt sogar die Sammlermentalität mancher Comicleser aufs Korn. Sie sollte für so manchen Disney-Comics-Fan schon alleine den Verkaufspreis wert sein.

Was auffällt ist die Anonymität mit der das Magazin geschrieben wurde. Es sind kaum Autorennamen zu den einzelnen Beiträgen zu finden. Als »Berater der Chefredaktion« holte man Christian Kallenberg ins redaktionelle Boot. Hier müsste man sich, wollte man wirklich weitere Ausgaben dieses Magazins publizieren, neben den interessanten Themen noch weitere Autoren an Bord holen. Die meisten Texte sind recht seicht und wirken wie halbgare Schnellschüsse. Obwohl sie routiniert geschrieben sind, sollte die Devise sein: mehr in die Tiefe, mehr ins Detail, mehr zum Lesen. So bleibt DONALD eine einmalige Erscheinung, ein gutartiges Gespenst, das man zum 60. Geburtstag des Micky Maus Magazins gerufen hat.

Die Suche nach dem Magazin beim Zeitschriftenhändler kann sich durchaus zu einem kleinen Abenteuer entwickeln. Nicht jeder Händler weiß wo er DONALD platzieren soll. Bei den Comics? Bei den Herrenmagazinen? Bei »Special Interest«? Die Neugier der Käufer ist da, wie bereits nach den ersten Verkaufstagen aus verschiedenen Städten berichtet wird. Mancherorts soll das Heft bereits nach wenigen Tagen vergriffen gewesen sein und musste nachbestellt werden.

Insgesamt kann das Experiment, mit leichten Abzügen in der B-Note und viel Luft nach oben, trotzdem als gelungen bezeichnet werden. Die Frage stellt sich natürlich, ob das Magazin auf dem hart umkämpften Zeitschriftenmarkt dauerhaft Bestand hätte. Wenn der Reiz des Neuen abgeklungen ist und man sich regelmäßig mit Magazinen wie FHM , GQ oder Men’s Health messen muss, da muss man inhaltlich noch drauf legen. Bei Erfolg könnten weitere Ausgaben von DONALD folgen. Davon träumt zumindest Peter Höpfner. Und das ist legitim.

Abbildungen © Egmont Ehapa


Die nackten Fakten

DONALD – Das Lifestylemagazin aus Entenhausen
Sommer 2011  | Preis: 5,00 Euro
Egmont Ehapa Verlag GmbH
132 Seiten, gelumbackt, farbig

Mit diesem Comic:
»Eine graue Geschichte (in bunten Bildern)« (H29049), 24 Seiten
Story: Evert Geradts | Zeichnungen: Maximino | Tusche: Fernandez
Übersetzung: Gerd Syllwasschy