Ehapa Comic Collection: Cäsar-Gesamtausgabe

 

Abt: Intégrale

Die Cäsar-Gesamtausgabe bei der Ehapa Comic Collection

→ von Volker Hamann

Mit der jetzt erschienenen Gesamtausgabe der Einseiter von Maurice Tillieux‘ Schöpfung »Cäsar« haben sich der bei der Zusammenstellung federführende belgische Originalverlag Dupuis und der für die deutsche Ausgabe verantwortliche Egmont Ehapa Verlag selbst übertroffen. Aus dem ehedem mit einem Umfang von 240 Seiten angekündigten Hardcoverband ist ein superdickes Schmuckstück von mehr als 350 Seiten geworden, in dem der Leser nicht nur die kompletten 299 Gags der Tillieux-Serie, die von 1959 bis 1966 in Le Moustique, und dann später noch einmal von 1969 bis 1973 im belgischen Spirou-Magazin liefen, erhält, sondern auch vielfältiges und sehenswertes Zusatzmaterial des Zeichners von »Jeff Jordan« und Texter von u.a. »Harry und Platte« zu sehen bekommt.

Was heute noch die wenigsten deutschsprachigen Leser des opulenten Bandes wissen: Die Erlebnisse des eingefleischten Junggesellen Cäsar, der ständig von Effi, der vorwitzigen Tochter des Revierpolizisten Knöllchen genervt wird, hatten ihren Einstand in Deutschland bereits Anfang der 1970er Jahre.

Als Rolf Kauka seine verlegerische Tätigkeit über das von ihm bereits seit 1953 verlegte Heft Fix und Foxi in den 1960er und 1970er Jahren hinaus erweitern wollte, war er zwangsläufig auf den Einkauf von Lizenzserien angewiesen. Nach einem unrühmlichen Versuch Mitte der 1960er Jahre, die französische Erfolgsserie „Asterix“ einzudeutschen und in seinem für Teenager konzipierten Heft Lupo zu veröffentlichen, hatte er es sich mit den Autoren Goscinny und Uderzo sowie ihrem Verlag Dargaud endgültig verscherzt. Da Dargaud auch mit dem belgischen Verlag Lombard kooperierte, blieb Kauka fast nur das Material von Dupuis, wollte er weiterhin das qualitativ hochwertige Comic-Material aus dem frankophonen Raum bringen. Hier schöpfte er also aus dem Vollen, sorgte dafür, dass Spirou oder Lucky Luke auch in Deutschland beliebte Comicserien wurden und bemühte sich darum, seine eigene Comic-Produktion mit viel Material anzureichern, das zuvor im Spirou-Magazin veröffentlicht worden war.

Dass es dabei auch hier mitunter zu skurrilen Eindeutschungen kam – als Beispiel sei nur daran erinnert, dass Franquins „Gaston“ bei Kauka zu „Jo-Jo“ verkam –, war dem Lizenzgeber Dupuis offenbar egal, und bis weit in die 1970er Jahre hinein schlachtete Kauka das Dupuis-Material aus und gab es oftmals als seine eigenen Produktionen aus.

Auch „César“ von Maurice Tillieux fand so zum ersten Mal seinen Weg in eine deutschsprachige Veröffentlichung, als Kauka sich für seine Taschenbuchreihe Kauka Comic bei einer Anzahl von humoristischen Serien aus Spirou bediente. César hieß hier zum ersten Mal Cäsar und wurde als „der ewige Junggeselle mit dem sonnigen Gemüt eines Bernhardinerhundes und einem Herzen so weit wie die Wüste Sahara“ angekündigt. Aus der kecken Ernestine wurde bei Kauka Luischen, der Wachtmeister hörte hier auf den Namen Meier und die ebenso bauernschlaue wie arbeitsscheue Raumpflegerin Églantine erhielt den schönen Namen Zwiebulke.

Nach der Einstellung von Kauka Comic wurde aus der Taschenbuchpublikation 1971 das großformatige Magazin Prima Comic (später Primo), und hier wurden bis Ende 1972 weitere Gags von Cäsar & Co. veröffentlicht. Auch Tillieux‘ andere große Serie, Gil Jourdan (dt. Jeff Jordan) wurde auf den Seiten dieser Publikation zum ersten Mal als Harro & Platte Agentur Argus in Deutschland gezeigt. Als letzte Station der wechselvollen Publikationen unter Kauka gab Cäsar 1974 in der Heftreihe Pepito ein kurzes Stelldichein, bevor Tillieux‘ Serie zunächst wieder in Vergessenheit geriet.

Erst 1989 nahm sich der Hamburger Verlag comicplus+ dem Kleinod frankobelgischer Comic-Kunst erneut an und publizierte die zwischen 1971 und 1974 bei Dupuis veröffentlichten vier Alben in adäquaten deutschen Übersetzungen. Wobei sämtliche Nebenfiguren neue Namen bekamen und nun Effi, Knöllchen, Felicitas und Eugen hießen.

Wer sich übrigens intensiv mit Maurice Tillieux und seinem Werk beschäftigt – wie etwa die Belgier Thierry Winants und Philippe Mouvet, die 2004 das umfangreiche Buch »Réperes« herausbrachten – wird noch eine weitere »César«-Seite aufspüren können, die nicht in der nun veröffentlichten Gesamtausgabe aufgenommen wurde. Leider, kann man sagen, aber da es sich »nur« um eine Auftragsarbeit Tillieux‘ handelt, die er 1974 für den Kodak-Konzern gestaltete und die ausgerechnet im Konkurrenzmagazin von Spirou, dem ebenfalls aus Belgien stammenden Tintin des Lombard Verlages, erschien, ist das Fehlen dieser Seite zu verschmerzen. Wer trotzdem komplett komplett sein will, kann sich das seltene Stück untenstehend anschauen.

Abbildungen © Dupuis, by TIllieux & Ehapa Comic Collection


Die nackten Fakten

Cäsar Gesamtausgabe
(Originaltitel: »César L'intégrale«)
von Maurice Tillieux
Ehapa Comic Collection
Aus dem Französischen von Eckart Sackmann und Michael Hein
Hardcover mit Leseband, Farbe, 376 Seiten, 39,99 Euro
ISBN 978-3-7704-3493-0