Die Gesamtausgabe der klassischen frankobelgischen Fliegerserie Dan Cooper des kürzlich verstorbenen Albert Weinberg wird im Dezember gestartet (CRON berichtete: Hebt Dan Cooper bei EPSiLON ab?). Bereits vor ihrem Start hat die Serie eine mehrjährige Geschichte vorzuweisen, die geprägt ist von Ankündigungen, Hoffnungen, Verschiebungen und der Leidensfähigkeit der Fans. CRON stellte Verleger Mark O. Fischer zehn kritische Fragen zum Thema »All Things Cooper«.
CRON fragt. Mark O. Fischer antwortet.
Interview mit dem Verleger.
Mark, im Dezember startest du mit der lange vorbereiteten Dan Cooper Gesamtausgabe. Ich glaube es erst, wenn ich den Band in den Händen halte. Was kann jetzt noch dazwischen kommen?
Letztendlich bin natürlich auch ich von der Zuverlässigkeit der Lieferanten abhängig. Was da alles dazwischen kommen kann, entzieht sich meiner Kontrolle. Ich will da keine Liste von Möglichkeiten machen, die allen Angst macht. Denn wenn etwas schief geht, ist es meistens etwas, was man gar nicht für möglich gehalten hatte. Wenn alles nach Plan läuft, wie mit den Lieferanten abgesprochen, dann sollte dieses Jahr gut enden.
Die Serie wurde im Juni angekündigt für Oktober. Das war 2008. Mehr als vier Jahre sind seitdem vergangen. Was hat konkret verhindert, dass viele andere Titel von dir publiziert wurden, aber Dan Cooper nicht?
Es gab interne Veränderungen beim Lizenzgeber, die dazu führten, dass sich Forderungen an mich erhöhten, die erst mal erfüllt werden mussten, bevor ich neue Titel machen durfte. Dann hatten Antares und Rubine Priorität und erst jetzt ist der Spielraum für neue Projekte da.
Davor war Dan Cooper bei Salleck. Wieso wollte er nicht weiter machen und wieso denkst Du, dass diese Serie bei EPSiLON erfolgreich sein wird?
Salleck brachte zwei deutsche Erstveröffentlichungen, die inzwischen vergriffen sind, und eine Neuauflage von Band 6 mit jeder Menge Zusatzmaterial, der nicht so gut lief. Das war noch vor dem Trend zu Gesamtausgaben, die auch er inzwischen vermehrt macht. In dieser Form wird auch Dan Cooper laufen. Denn die Nachfrage ist groß.
Im EPSiLON-Forum wird traditionell mit harten Bandagen argumentiert. Es gibt regelmäßig Diskussionen darüber, wie du deinen Verlag führen sollst und wie nicht. Du scheinst eine große Leidensfähigkeit zu haben. Da ich nicht annehme, dass du ein Android bist, dürften diese Endlosdiskussionen nicht spurlos an dir vorbei gehen. Welcher Vorwurf belastet am meisten?
Vielleicht bin ich ein Vulkanier, weil ich eher logisch denke als emotional. Da Logik aber immer von Prämissen abhängt, die subjektiv unterschiedlich sind, entstehen leicht Unstimmigkeiten.
Den Vorwurf, dass ich meine Serien nicht zügig genug fortsetze, kann ich vielleicht erklären, aber nicht entkräften. Am meisten belastet mich nicht der Vorwurf, sondern die Tatsache selbst, nicht alles so richtig machen zu können, wie ich sollte. Denn im Grunde unterscheiden sich die Wünsche der Kunden nicht von meinen. Unfair finde ich es nur dann, wenn andere Titel schlecht gemacht werden, die mit Verzögerungen bestimmter Fortsetzungen gar nichts zu tun haben, auch wenn es nach außen vielleicht so aussieht.
Wieso machst du das Forum nicht einfach zu?
Ich agiere hier wohl wie ein Kind, das lieber Schläge bekommt als gar keine Zuneigung. Im Wesentlichen geht es aber darum, dass es besser ist von Kritik zu erfahren und dazu Stellung nehmen zu können, als dass hinter den Kulissen irgendwo etwas hoch kocht, von dem ich gar nichts weiß und worauf ich dann auch nicht reagieren kann, sei es mit Worten oder Taten.
Schon 2008 postete ein User auf die Frage nach dem realistischen Erscheinungsjahr von Dan Cooper die Bemerkungen: »Es wird seit Jahren unfassbar viel bei EPSILON angekündigt und unfassbar wenig ausgeliefert, da ist die Frage nach dem Jahr durchaus berechtigt.«
Der Ruf ist bis heute haften geblieben, weil weiterhin viel angekündigt wird. Auf der Epsilon Homepage sind aktuell zwölf Bände der Dan Cooper Gesamtausgabe angekündigt. Das ist für das deutsche Verlagswesen sehr ungewöhnlich. Wenn vier Titel pro Jahr erscheinen würden, kommt der letzte Band im Jahr 2015. Bei anderen deiner Serien liegen viele Jahre zwischen den Bänden (z.B. Bob Morane). Bislang hat noch kein deutscher Comicverlag Titel angekündigt, die 2015 oder im Jahr 2020 erscheinen. Lange Rede, kurzer Sinn: Was willst du mit dieser höchst eigenwilligen Informationspolitik erreichen?
Es gibt nicht nur die Frage, wann etwas kommt, sondern auch ob und wie viel. Heutzutage muss man Serien schon komplett ankündigen, damit die Kunden wissen, was sie erwartet. Das machen andere Verlage auch. Storm z.B. wurde von Anfang an komplett angekündigt, zwar nicht online, aber zumindest im Album selbst. Da ich mit gedruckten Ankündigungen vorsichtiger geworden bin, mache ich das lieber auf der Webseite, die ich jederzeit aktualisieren kann.
Wenn diesen umfassenden Ankündigungen dann wenig Neuerscheinungen folgen, sieht das natürlich nicht so gut aus. Das Problem löse ich aber nicht durch weniger Ankündigungen, sondern nur durch mehr Neuerscheinungen. Wenn ich das Stückwerk, das manche von mir erwarten, auch noch so ankündige, würde ich den Kritikern nur recht geben und die Nachfrage schwächen. Mir bleibt also nur eine Flucht nach vorn, die mit Rückenwind leichter wäre als mit Gegenwind.
Die Gesamtausgabe soll mit Band 3 starten. Ein sehr riskanter Entschluss, der meines Erachtens nach hinten losgehen müsste, wenn nicht ein Wunder passiert. Dan Cooper bei EPSiLON macht nach meiner Einschätzung nach der ganzen Vorgeschichte und mit allen komplexen marktspezifischen Zusammenhängen nur auf zwei Arten Sinn:
Entweder Du bringt gleichzeitig Band 1 und 3 heraus, also bekanntes und neues Material, aber gleichzeitig, was alte und neue Leser anlocken und deiner Glaubwürdigkeit helfen würde. Oder Du bringst Dan Cooper als eine auf 444 Exemplare limitierte Ausgabe heraus, was die Hardcore-Sammler anspricht. Viel mehr werden nämlich von einem Band 3 beim jetzigen Klima effektiv nicht verkauft werden. Was hältst Du von diesen Vorschlägen?
Für eine Limitierung ist das Potential der Serie zu groß, selbst wenn sich das erst im Laufe mehrerer Bände ausschöpfen lassen sollte. Band 1 und 3 zusammen wäre natürlich optimal, ist aber auch doppelt so teuer und würde unter den gegebenen Umständen den Starttermin nur weiter verzögern.
Die Zahl der Comicläden ist überschaubar. Viele kleinere Verlage schielen nach dem Buchhandel. Verlage wie avant, Edition Moderne oder Schreiber & Leser bringen inzwischen, wie seriöse Buchverlage, halbjährliche Vorschauen für den Buchhandel heraus. Verlage wie Bunte Dimensionen oder Finix bringen wie ein Schweizer Uhrwerk monatlich ein Titel heraus. Wieso kommen solche Modelle für dich nicht in Frage?
Eine halbjährliche Vorschau setzt ein umsatzunabhängig vorfinanziertes Halbjahresprogramm voraus. Ein Katalog für den Buchhandel macht nur Sinn, wenn der Buchhandel die Kataloge für Kunden auslegen würde. Der Buchhandel interessiert sich nicht für Programme, nur für Nachfrage. Eine Produktion für den Buchhandel ist eine Produktion für Journalisten, die darüber berichten, und die berichten im Allgemeinen über Titel, nicht über Programme.
Ein Titel pro Monat ist für mich nur ein Mindestmaß und eigentlich zu wenig. Denn dafür habe ich zu viele lange Serien im Programm. Außerdem sind die erfolgreichen Verlage die mit den großen Programmen. Daran muss ich mich im Wettbewerb orientieren, auch wenn das für mich als Ein-Mann-Betrieb nicht so einfach ist. Zumindest auf Salleck-Niveau muss ich es schaffen, um nicht unterzugehen.
Nach so vielen kritischen Fragen möchte ich betonen, dass EPSiLON für mich ein Verlag ist, der ein sehr interessantes und abwechslungsreiches Programm hat. Die bloße Existenz über so viele Jahre setzt jede marktwirtschaftliche Logik außer Kraft. Jeder andere hätte längst die Segel gestrichen und du kommst wie ein Stehaufmännchen immer wieder zurück und buchst sogar regelmäßig einen teuren Stand auf der Frankfurter Buchmesse. Gab es schon mal einen Moment, an dem du aufhören wolltest?
Jedes Ende ist ein neuer Anfang und was ich anfange, bringe ich auch zu Ende. Insofern ist die Frage nach einem Aufhören eine nach dem, was man stattdessen lieber täte. Ich könnte mir auch andere Karrieren als Autor oder Politiker vorstellen, aber erst, wenn ich mein kleines erfolgreiches Familienunternehmen an meine noch zu zeugenden Kinder übergeben habe.
Was wirst du an dem Tag machen, an dem du den ersten Band der Dan Cooper Gesamtausgabe aus der Druckerei geliefert bekommst?
Mich von den Ungläubigen im Forum anbeten lassen.
Foto © Epsilon
Die Fragen stellte Matthias Hofmann.