Das war das Comicjahr 2019: unsere Favoriten im Überblick

Räumt noch einmal Platz in euren Comicregalen frei! Denn hier kommen die Lieblingscomics unserer Autoren aus dem vergangenen Jahr. Noch haben wir mit 2019 nicht abgeschlossen. Und wir versprechen: Die eine oder andere Entdeckung wartet hier auf euch.

Die Comics des Jahres 2019
der ALFONZ
-Redaktion und -Mitarbeiter

Raus aus dem Winterschlaf, rein in die Sprechblasen! Wir haben alle Nachzügler gelesen, jede Seite inspiziert und die besten Soundwörter in unsere abendliche Meditation aufgenommen. Mit einem Ergebnis: Hier kommen die persönlichen Lieblingscomics unserer Autoren aus dem Jahr 2019. Unseren Konsens gab es wie beim letzten Mal in der aktuellsten Ausgabe. Doch auch die einzelnen Listen sollen ihren Platz bekommen. Eben im Netz. Weswegen ihr hier den kompletten Einblick bekommt. Und vielleicht ist ja noch die eine oder andere Entdeckung aus dem vergangenen Jahr für euch dabei.


Die ALFONZ-Bestenliste aus ALFONZ Nr. 1/2020


Veit Christoph Baecker

1. Der große Indienschwindel

Text: Alain Ayroles
Zeichnungen: Juanjo Guarnido
Splitter | HC | 160 Seiten | Farbe | 35,00 €

Ein spanischer Till Eulenspiegel dreht die höfische Welt des 17. Jahrhunderts so richtig auf links. Denn Don Pablos aus Segovia geht seinen eignen, nicht immer geraden Weg bei der Suche nach dem legendären Eldorado. Perfekt in Szene gesetzt von Zeichner Juanjo Guamido (Blacksad) und Texter Alain Ayroles, die schon mit Ihrer Serie Mit Mantel und Degen (dt. bei Finix) überzeugen konnten. Hier stimmt das Timing, hier sitzt jeder Witz, Text und Bild harmonieren in höchster Qualität. Doch das kommt so locker daher, als zaubere das Duo den großen Schwindel ganz spontan aufs Papier. Das Album ist Lesevergnügen pur, wozu auch die wirklich schöne und wertige HC-Ausgabe des Splitter Verlags beiträgt. Auch auf dem Couchtisch und im Bücherregal kann dieser Comic des Jahres überzeugen.


2. Shooting Ramirez – 1.Akt

Text: Nicolas Petrimaux
Zeichnungen: Nicolas Petrimaux
Schreiber & Leser | HC | 144 Seiten | Farbe | 24,80 €

Ein Tischfeuerwerk der Neunten Kunst brennt der Franzose Nicolas Petrimaux in seinem Erstlingswerk Shooting Ramirez ab. Pulp Fiction in Reinkultur begleitet den tadellosen Staubsauger-Vertreter Jack Ramirez durch seinen eher langweiligen Alltag. Doch ist der Mann mit dem Schnurrbart am Ende doch ein ganz anderer? Oder warum macht sich 1987 die halbe mexikanische Drogenmafia auf den Weg, diese Frage zu klären? Herrlich knallige Farben, absurde Wendungen und Einfälle, Zitate aus Film, TV und Comics machen das Werk des aus der Videospielszene stammenden Petrimaux zu einem überbordenden Comicgenuss. Daher: Staubsauger raus, anschnallen und auf volle Turbodüse stellen für den wilden Ritt durch die gewaltigen Bilderwelten.


3. Hunger

Text: Martin Ernstsen
Zeichnungen: Martin Ernstsen
avant-verlag | HC | 220 Seiten | s/w, Farbe | 30,00 €


Alexander Braun

1. Spirou und Fantasio Spezial 28: »Spirou oder: die Hoffnung 2«

Text: Emile Bravo
Zeichnungen: Emile Bravo
Carlsen | SC | 96 Seiten | Farbe | 14,00 €

Unfassbar gut, wie differenziert und berührend Bravo hier Zeitgeschichte an sein (altersübergreifendes) Publikum vermittelt. Dabei flicht er geschickt die Geschichte des Verlags Dupuis ein, der den belgischen Widerstand während des Zweiten Weltkriegs aktiv unterstützte.

2. Ticonderoga

Text: Héctor G. Oesterheld
Zeichnungen: Hugo Pratt
avant-verlag | HC | 304 Seiten | Farbe | 50,00 €

Pratt ist so viel mehr als nur Corto Maltese. Endlich erschienen seine in Argentinien entstandenen Werke auch in Deutschland in einer adäquaten Edition. Hoffentlich ist das nur der Anfang: Ernie Pike und Sgt. Kirk warten auf ihre deutsche Erweckung.

3. Wundervolle Sommer Bd. 2: »Die Bucht am Meer«

Text: Zidrou
Zeichnungen: Jordi Lafebre
Salleck | HC | 56 Seiten | Farbe | 14,99 €

Warmherziger geht es nicht: makelloses Artwork und eine berührende Familiengeschichte. Wenn das tägliche Leben so prall und voller Liebe wäre wie in diesem Comic, wäre es ein gutes Leben.


Bernhard Erdmann

1. Der große Indienschwindel

Text: Alain Ayroles
Zeichnungen: Juanjo Guarnido
Splitter | HC | 160 Seiten | Farbe | 35,00 €

Jedes Jahr erscheinen eine Handvoll Comics, die dank einer außerordentlich guten Story und überwältigendem Artwork in einer eigenen Liga spielen. Der große Indienschwindel ist solch ein Kandidat, der in keiner gut sortierten Comicsammlung fehlen darf!


2. Unruhige Geister und stille Gefährten

Text: Jirô Taniguchi
Zeichnungen: Jirô Taniguchi
Carlsen | HC | 208 Seiten | s/w | 22,00 €


3. Die alten Knacker Bd. 5: »Reif fürs Asyl«

Text: Wilfrid Lupano
Zeichnungen:Paul Cauuet
Splitter | HC | 56 Seiten | Farbe | 14,80 €


Joanna Gawronska (Heldin in Strumpfhosen)

1. Luky Luke sattelt um

Text: Mawil
Zeichnungen: Mawil
Egmont | HC | 64 Seiten | Farbe | 15,00 €

Jolly Jumper ausgetauscht! Gegen ein Fahrrad, einen DrahtESEL! Wer ein empörtes Pferd sehen will, der sollte hier unbedingt reinschauen. Jolly Jumper kämpft mit Herz und Hufe um »seinen« Cowboy. Der erfrischende Stil von Mawil setzt dem Ganzen das Krönchen auf, für mich der witzigste Comic 2019.

2. Oma Herbert

Text: Maurizio Onano
Zeichnungen: Maurizio Onano
JaJa | SC | 92 Seiten | Farbe | 14,00 €

Ich habe mein Herz sofort an Kater Sebastian verloren (»Es war von Häppchen die Rede!«), aber es ist die verrückte Wohngemeinschaft als Ganzes (Blume, Maus & Vogel), die gemeinsam mit Oma Herbert das Thema Transgender derart leichtfüßig und witzig erzählen, dass ich mein Hütchen vor Maurizio Onano ziehen möchte.

3. Adventure Huhn

Text: Franziska Ruflair
Zeichnungen: Franziska Ruflair
avant-verlag | SC | 80 Seiten | Farbe | 16,00 €

Kommen ein Huhn und eine Raupe in eine Bar … Das könnte der Anfang eines platten Witzes sein, ist aber – zum Glück! – der Auftakt eines richtigen Fantasy-Abenteuers. Heißt ja nicht zufällig Adventure Huhn, das Huhn. Ich habe Tränen gelacht und möchte den Band jedem Fantasy-Fan ans Herz und die (Hühner-)Brust legen.


Volker Hamann

1. Nada

Text: Jean-Patrick Manchette, Doug Headline
Zeichnungen: Max Cabanes
Splitter | HC | 192 Seiten | Farbe | 35,00 €

Neben Léo Malet, dessen Noir-Romane um Nestor Burma zunächst Jacques Tardi und dann eine ganze Reihe weiterer Zeichner zu atmosphärisch dichten Krimicomics anregten, ist Jean-Patrick Manchette der meist adaptierte französische Schriftsteller im Comicbereich. Ein Schlüsselroman des Franzosen, der mit seinen Werken zu den wichtigsten Vertretern des Néo-Polar-Genres zählt, ist der 1972 geschriebene Nada, den Claude Chabrol bereits zwei Jahre später gleichnamig verfilmte. In ihm spielt neben den für Manchette üblichen dramatischen Wendungen vor allem der Anarchismus der Protagonisten eine besondere Rolle. Im Gegensatz zu Tardis hartem Schwarzweißstil, der kongenial die Stimmung des Néo-Polar aufzugreifen versteht, beweist nun der französische Zeichner Max Cabanes mit seinen luftigen, farbigen Zeichnungen, dass eine Adaption auch anders funktioniert. Cabanes, der bei uns vor allem mit dem romantischen Drama Herzklopfen (1989) bekannt geworden ist, hat mit seiner in aquarellierten, expressionistischen Panels gestalteten Version von Nada sein vielleicht wichtigstes Buch vorgelegt.


2. Kaiserin Charlotte 1: »Die Prinzessin und der Erzherzog«

Text: Fabien Nury
Zeichnungen: Matthieu Bonhomme
Carlsen | HC | 72 Seiten | Farbe | 16,00 €

Prinzessin Charlotte von Belgien, Tochter von König Leopold I., wurde 1840 geboren und war mit 16 Jahren im heiratsfähigen Alter, als sie Erzherzog Maximilian von Österreich versprochen wurde. 1857 heiratete das Paar in einer märchenhaften Zeremonie in Brüssel. Sieben Jahre später nahm Erzherzog Maximilian auf Drängen des französischen Kaisers Napoleon III. die mexikanische Kaiserkrone an und zog mit seiner jungen Frau nach Südamerika. Charlotte glaubte sich am Ziel ihrer Träume, Kaiserin eines eigenen Reiches zu sein, doch das war nur der Anfang eines gnadenlosen Abstiegs in die Hölle. Für die auf mehrere Bände angelegte Geschichte um Mexikos tragische Kaiserin haben sich zwei ausgesprochen produktive und momentan populäre Künstler zusammengetan: Szenarist Fabien Nury (Katanga, Es war einmal in Frankreich, Tyler Cross) und Zeichner Matthieu Bonhomme (Lucky Luke Hommage).


3. Wir waren Charlie

Text: Luz
Zeichnungen: Luz
Reprodukt | SC | 320 Seiten | Farbe und s/w | 29,00 €

Abgesehen davon, dass die auf eine angenehme, französische Art unterhaltsamen Erinnerungen von Rénald Luzier alias Luz an seine Zeit beim Satiremagazin Charlie Hebdo grandios gezeichnet sind, nimmt der Leser zwei wichtige Erkenntnisse aus der Lektüre von Wir waren Charlie mit. Zum einen, dass Jean Cabut alias Cabu, Urgestein bei Charlie Hebdo und aufgrund seiner Integrität und seines Talents Vaterfigur vieler jüngerer Kollegen, eine coole Persönlichkeit war. Und zum anderen, dass die Zeichner von Charlie Hebdo echt Humor haben. Oder hatten, denn das Buch handelt von der Zeit, nachdem Luz 1992 zum Neustart in die Redaktion des Satiremagazins eingetreten war. Der Leser begleitet den Neuling und lernt durch ihn Geist und Mechanismen des Magazins und der französischen Gesellschaft der 1990er und 2000er Jahre kennen. Und das alles auf eine unbeschwerte, im Hinblick auf die Ereignisse vom 7. Januar 2015 gar seltsam leichte Art und Weise. Danke, Reprodukt, für die perfekte deutsche Ausgabe!


Thorsten Hanisch

1. Tante NonNon

Text: Shigeru Mizuki
Zeichnungen: Shigeru Mizuki
Reprodukt | SC | 416 Seiten | s/w | 20,00 €

Ungeheuer sensibel erzählter, fragmentarischer Rückblick in die jungen Jahre eines Mangamaestros, der der kindlichen Welt in ihrer Mischung aus rauer Realität und entfesselten Träumereien auf Augenhöhe begegnet. Trotz Geisterwesen ein Stück echtes Leben.

2. Rote Blüten

Text: Yoshiharu Tsuge
Zeichnungen: Yoshiharu Tsuge
Reprodukt | SC | 400 Seiten | s/w | 24,00 €

20 kleine Fragmente, mehr Comicdekonstruktionen als tatsächliche Geschichten – gelegentlich lustig, oft düster-existenziell, aber nie manieriert. Momentaufnahmen voller Wahrhaftigkeit, Augenblicke in denen nur zählt, was ist.


Matthias Hofmann

1. Der große Indienschwindel

Text: Alain Ayroles
Zeichnungen: Juanjo Guarnido
Splitter | HC | 160 Seiten | Farbe | 35,00 €

Ein Comic ist gut, wenn die Zeichnungen begeistern oder das Szenario beeindruckt. Ein Comic ist sehr gut, wenn beides so fesselt, dass man sich nicht entscheiden kann, was einem besser gefällt. Die französisch-spanische Koproduktion Der große Indienschwindel von Ayroles und Guarnido ist so ein Werk. Fünf Jahre haben die beiden daran gefeilt und herausgekommen ist ein einzigartiges Schelmenstück, das auf ganzer Linie überzeugt. Im Kern geht es um einen riesengroßen Bluff und die Vermischung von Wahrheiten. Ganz in der Tradition alter Fake-News-Verbreiter wie Don Quijote oder Baron Münchhausen entwickelt Ayroles (bekannt durch die hochamüsante Märchenparodie Garulfo) die Story von der Entdeckung des legendenumwobenen Eldorado. Die Stadt aus Gold soll sich im Dschungel von Indien befinden, was wiederum eigentlich Südamerika ist. Doch was wirklich Sache ist, weiß keiner, außer, ja außer, dem alten Schlawiner Don Pablos aus Segovia. Dieser erzählt alles trickreich verschachtelt in Rückblenden, und die kongeniale Visualisierung davon liefert Guarnido (Blacksad) in perfekter Comicmanier. Das i-Tüpfelchen besorgt das prächtige Cinemascopeformat 25 x 35 cm. Und fertig ist der beste Comic von 2019.


2. Freistaat Flaschenhals

Text: Marco Wiersch
Zeichnungen: Bernd Kissel
Carlsen | HC | 208 Seiten | s/w | 20,00 €

Schon mal vom Freistaat Flaschenhals gehört? Es handelte sich hierbei um ein schmales Gebiet zwischen dem Rhein und einem Teil der Provinz Hessen-Nassau. Dieser »Flaschenhals« existierte von Januar 1919 bis Februar 1923 immerhin rund vier Jahre lang als unbesetztes Gebiet, welches auch vom damaligen Deutschland isoliert war. Wie kam's? Die Franzosen hatten nach dem Ersten Weltkrieg den Zirkel auf der Karte falsch angesetzt und schufen schildbürgermäßig eine Grenzsituation. Der winzige Landstrich zwischen Mainz und Koblenz wiederum ließ sich daraufhin nicht so leicht vereinnahmen. Die kuriose Story von Tatort-Drehbuchautor Marco Wiersch basiert auf historisch belegten Begebenheiten und kann als Edutainment punkten. Der wahre Star der Graphic Novel sind jedoch die lebhaften Zeichnungen von Bernd Kissel, der mit seinem semirealistischen Strich historisch korrekt auf ganzer Linie beeindruckt. Spätestens mit diesem Werk ist klar, dass Kissel aktuell zu den wenigen führenden deutschsprachigen Comiczeichnern gehört, die große Comicbuchprojekte überzeugend umsetzen können. Freistaat Flaschenhals selbst muss zu den wichtigsten Comics des Jahrgangs 2019 gezählt werden.


3. Der Araber von morgen Band : »Eine Kindheit im Nahen Osten (1987-1992)«

Text: Riad Sattouf
Zeichnungen: Riad Sattouf
Penguin | SC | 288 Seiten | Farbe | 26,00 €

Alle schielen nur auf Einzelbände und Debütausgaben, aber es gibt auch Comics, die mit dem vierten Teil genauso überzeugen wie mit Band 1. Bestes Beispiel ist Riad Sattoufs Comicautobiografie. Inzwischen schreiben wir 1987 und er befindet sich im besten Teenageralter. Die Krise seiner Eltern, sie eine Französin, er ein Syrer, verschärft sich zunehmend. Schwere Themen wie die Konflikte zwischen der westlichen Welt und dem Islam sind durch die Sichtweise des jungen Riad alles auf einmal: krass, absurd, spannend, lustig, nachdenklich stimmend. Ein im wahrsten Sinne augenöffnender Comic, der viele verschiedene Aspekte beleuchtet, im feinsten Funny-Stil und auf kontinuierlich hohem Niveau unterhaltend. Wow!


Alex Jakubowski

1. Shooting Ramirez – 1.Akt

Text: Nicolas Petrimaux
Zeichnungen: Nicolas Petrimaux
Schreiber & Leser | HC | 144 Seiten | Farbe | 24,80 €

Durchgeknallt, rasant, brutal, ja sogar witzig – das ist Shooting Ramirez. Endlich mal wieder ein Comic, der in bester Pulp-Fiction-Manier unterhält. Kein Coming-of-irgendwas, sondern ein Überraschungshit vom bislang noch relativ unbekannten Nicolas Petrimaux. Zuletzt hat der Franzose Videogames entwickelt und beim Splitter Verlag einen zweiteiligen Zombiecomic verlegt. Jetzt also die Geschichte eines unscheinbaren, stummen Staubsauger-Reparateurs, der in Wahrheit vielleicht der übelste Killer ganz Mexikos ist? Dass ein Comic mich gleich zu Beginn einfängt, wie ein packender Spielfilm, passiert äußerst selten. Zuletzt hatte ich so ein Erlebnis vielleicht bei Blacksad. Eine Kaffeemaschine in der ersten Szene, ein Verhör, ein qualmender Tatort. Schon nach wenigen Bildern bin ich mittendrin in der kuriosen Geschichte. Flash! Der Comic wirkt, als hätte Quentin Tarantino eine neue Folge von Miami Vice gedreht. Szenen und Farben wechseln rasant. Die Dialoge wirken aus dem Leben gegriffen und erklären nichts, was der Leser nicht auch ohne sie versteht. Einfach genial und ein ganz großer Spaß.


2. Berlin – Gesamtausgabe

Text: Jason Lutes
Zeichnungen: Jason Lutes
Carlsen | HC | 608 Seiten | s/w | 46,00 €


3. Lucky Luke sattelt um

Text: Mawil
Zeichnungen: Mawil
Egmont | HC | 64 Seiten | Farbe | 15,00 €


Peter Nover

1. Horrifikland: Schauriger Spuk mit Micky Maus

Text: Lewis Trondheim
Zeichnungen: Alexis Nesme
Egmont | HC | 56 Seiten | Farbe | 29,00 €

Diese liebevoll gestaltete Disney-Hommage erhält das Krönchen. Die atemberaubenden Zeichnungen von Nesme illustrieren eine Geschichte, die sich an dem Kurzfilm Lonesome Ghosts (1937) orientiert und über einen extrem hohen Wohlfühlfaktor verfügt. Trondheim lässt den anthropomorphen Mäuserich mit seinen Freunden Donald und Goofy in einem stillgelegten Vergnügungspark auf Katzensuche gehen. Was folgt, ist irrwitzig und garantiert generationsübergreifendes Lesevergnügen!

2. Der große Indienschwindel

Text: Alain Ayroles
Zeichnungen: Juanjo Guarnido
Splitter | HC | 160 Seiten | Farbe | 35,00 €

Kindlers Neues Literatur-Lexikon stellt zu Francisco de Quevedo y Villegas’ Lebensgeschichte des Buscón, genannt Don Pablos, Muster der Landstreicher und Spiegel der Schelme (1626) fest: »Die vollendete Sprachkunst Quevedos, mit der in Wettbewerb zu treten niemand wagen konnte, bewahrte das Werk vor Fortsetzungen aus unberufener Hand (...)«. Das ist seit dem vergangenen Jahr Makulatur. Ayroles und Guarnido haben den Buscón ebenso kenntnisreich wie fantasievoll fortgeführt und mit dem grafischen Schelmenroman gleich ein neues Subgenre geschaffen. Caveat lector! Im Verlauf der Lektüre des verdienten ALFONZ-Jahressiegers 2019 wird der Leser buchstäblich an der Nase herumgeführt.

3. Ticonderoga

Text: Héctor G. Oesterheld
Zeichnungen: Hugo Pratt
avant-verlag | HC | 304 Seiten | Farbe | 50,00 €

Vor dem Hintergrund des Britisch-Französischen Kolonialkriegs (1754–1763) nimmt der Titelheld gemeinsam mit seinem als Kadett in Diensten der englischen Krone stehenden Freund Caleb Lee und dem Indianer Numokh den Kampf gegen Franzosen und Huronen auf. Im Verlauf der rund um die Großen Seen spielenden, detailliert recherchierten Handlung lernen die Gefährten die Schrecken des Krieges kennen. Ticonderoga gehört definitiv in die Rubrik »gehobene Schätze«. Haptik und Aufbereitung des Ausgangsmaterials lassen keine Wünsche offen und sollten Aficionados argentinischer historietas, Prattianer und an Abenteuercomics Interessierte aller Altersgruppen begeistern.

4. Conan der Cimmerier: »Schatten im Mondlicht«

Text: Virginie Augustin
Zeichnungen: Virginie Augustin
Splitter | HC | 64 Seiten | Farbe | 16,00 €

Die Französin Augustin legt hier eine kongeniale Comicversion der im Jahr 1934 erschienenen Erzählung von Robert E. Howard vor. Das atmosphärisch dichte Album bietet mit einer knapp bekleideten Schönheit in Not, Piraten, übernatürlichen Wesen und einem Monster die aus dem Howard’schen Œuvre bekannten Versatzstücke. Mit dynamischem Strich setzt Augustin die spannende Handlung in Szene und unterzieht den gewohnt humorlos agierenden Barbaren einer willkommenen Frischzellenkur.

5. Die Abenteuer von Blake und Mortimer Band 22:
»Das Tal der Unsterblichen Teil 1: Gefahr für Hongkong«

Text: Yves Sente
Zeichnungen: Teun Berserik & Peter van Dongen
Carlsen | SC | 64 Seiten | Farbe | 12,00 €

Wahrheitsverdreher, soziale Netzwerke, MeToo, Entropie, transzendentale Obdachlosgkeit. Unsere Welt ist furchtbar komplex und unübersichtlich. Eine Orientierungshilfe können Linien bieten. Klare Linien. Im ersten Teil dieses jüngsten Abenteuers von Blake und Mortimer sind die Bösen wieder böse, die Guten wieder gut und der geneigte Leser ahnt, wer der Gegenspieler der beiden Briten aus Belgien sein könnte. Das ist gleichermaßen beruhigend und spannend. Fortsetzung folgt ... By Jove!


Falk Straub

 

1. Weites Land

Text: Catherine Meurisse
Zeichnungen: Catherine Meurisse
Carlsen | HC | 96 Seiten | Farbe | 18,00 €

Wie niemand sonst in der Comicbranche versteht es Catherine Meurisse derzeit, Persönliches mit Politischem, Kultur mit Natur und die Kunst alter Meister mit der eigenen, sehr zeitgenössischen Kreativität zu etwas untrennbar Neuem zu verweben. Weites Land erzählt mit unbändiger Fabulierlust und tänzelndem Strich von einer Jugend auf dem Land. Der Französin glückt das Kunststück, den Zauber unbeschwerter Kindheitserinnerungen gleichsam heraufzubeschwören und zu entzaubern. Ein ungemein leichtfüßiger, kluger und kenntnisreicher, aber niemals prätentiöser Comic. 


2. The Magic Order 1

Text: Mark Millar
Zeichnungen: Olivier Coipel
Panini | SC | 180 Seiten | Farbe | 17,00 €

Vergesst Black Hammer, die Umbrella Academy oder Invincible! Die umwerfendste dysfunktionale Familie des Jahres stammt aus Mark Millars Feder. Seit 1000 Jahren zieht ein geheimer Magierorden im Verborgenen die Strippen. Bis eine blutige Familienfehde das Gleichgewicht der Mächte ins Wanken bringt. Hohes Tempo, irre Wendungen, fabelhafte Ideen, ein meisterhafter Umgang mit Zeit- und Erzählebenen und ein fantastisches Artwork von Olivier Coipel. Dazu eine Prise Shakespeare. Comicherz, was willst du mehr? Zauberhaft!


3. Sabrina

Text: Nick Drnaso
Zeichnungen: Nick Drnaso
Blumenbar | SC | 208 Seiten | Farbe | 26,00

Wer wissen will, was in unserer Mediengesellschaft schiefläuft, sollte diesen Anti-Krimi zur Hand nehmen. Eine Frau verschwindet, die Reaktionen darauf sind schauderhaft. Nick Drnaso ist ein Gesellschaftsthriller gelungen, der unsere gestörte Kommunikation gnadenlos seziert. Angesichts des Verhaltens in den etablierten und neuen Medien stehen einem die Nackenhaare zu Berge. Ein düsteres Sittengemälde in Pastell. Visuell unterfordernd und gerade deshalb emotional so überwältigend.


Stefan Svik

1. Die Abenteuer von Blake und Mortimer Band 22:
»Das Tal der Unsterblichen Teil 1: Gefahr für Hongkong«

Text: Yves Sente
Zeichnungen: Teun Berserik & Peter van Dongen
Carlsen | SC | 64 Seiten | Farbe | 12,00 €

Tim und Struppi und Asterix sonnen sich zwar deutlich mehr im Licht der öffentlichen Wahrnehmung, aber Blake und Mortimer sind doch mindestens so essenzielle und unterhaltsame frankobelgische Klassiker. Und bei dieser Serie fügen sich die neuen Alben harmonisch ein und bieten trotzdem immer wieder neue Ideen.


2. Fantastic Four Band 1: »Die Rückkehr«

Text: Dan Slott
Zeichnungen: Simone Bianchi u.v.m.
Panini | SC | 124 Seiten | Farbe | 14,99 €

Noch erfreulicher als dieser Comic ist, dass Marvels erste Familie überhaupt zurückkehrt und endlich Teil des Marvel Cinematic Universe werden kann. Neben Spider-Man sind das die sympathischsten, herzlichsten und großartigsten Figuren, die der brillante Stan Lee erschaffen hat. Die stärkste Gruppe, die denkbar ist: eine Familie, die zusammenhält.


3. Land of Giants Band 1

Text: Jan Cronauer, Mathis Landwehr
Zeichnungen: Timo Wuerz
Panini | HC | 80 Seiten | Farbe | 20,00 €

Ein Comic aus deutschen Landen mit absolutem Wow-Effekt, zumindest dank der opulenten Malereien von Timo Würz. Die Story in Band 1 läuft noch etwas scheppernd und rumpelig vor sich hin, aber diese Maschine dürfte richtig Fahrt aufnehmen, wenn die Feinjustierung erfolgt ist.


Ralph Trommer

1. Alack Sinner

Text: Carlos Sampayo
Zeichnungen: José Muñoz
avant-verlag | HC | 704 Seiten | s/w | 49,00 €

Mit 700 Seiten und 2,3 Kilogramm Gewicht die neue Bibel für existenzialistische Comic Noir-Liebhaber – visuell und narrativ sind die zwischen 1975 und 2006 entstandenen Graphic Short Stories um den Privatdetektiv mit dem Knitter-Face ein Genuss.


2. Knock Out!

Text: Reinhard Kleist
Zeichnungen: Reinhard Kleist
Carlsen | HC | 160 Seiten | s/w | 18,00 €

Reinhard Kleist zeichnet in Topform eine konzentrierte Erzählung in Schwarzweißkontrasten, die ein an Höhenflügen wie Tiefschlägen reiches Leben eindringlich und pointiert vermittelt.


3. Minivip und Supervip

Text: Bruno Bozzetto
Zeichnungen: Grégory Panaccione
Splitter | HC | Farbe | 280 Seiten | 39,80 €

Der geniale Zeichner Panaccione (Ozean der Liebe) arbeitet diesmal mit seinem Vorbild, der Animationsfilmlegende Bruno Bozzetto zusammen. Ergebnis: eine zauberhaft komische Retro-Superhelden-Parodie.


Christian Endres

1. Moonshine Bd. 1

Text: Brian Azzarello
Zeichnungen: Eduardo Risso
Cross Cult | HC | 144 Seiten | Farbe | 22,00 €


2. Nachts im Paradies

Text: Frank Schmolke
Zeichnungen: Frank Schmolke
Edition Moderne | SC | 352 Seiten | s/w | 29,80 €


3. George Orwell. Die Comic-Biografie

Text: Pierre Christin
Zeichnungen: Sébastien Verdier
Knesebeck | HC | 152 Seiten | Farbe | 25,00 €


Ole Frahm

1. Spinnenwald

Text: Sascha Hommer
Zeichnungen: Sascha Hommer
Reprodukt | SC | 152 Seiten | s/w | 18,00 €


2. Auf in den Heldentod!

Text: Shigeru Mizuki
Zeichnungen: Shigeru Mizuki
Reprodukt | SC | 384 Seiten | s/w | 20,00 €

 
3. George Herrimans Krazy Kat.

Die kompletten Sonntagsseiten in Farbe 1935–1944

Text: George Herriman
Zeichnungen: George Herriman
Sekundärtexte und Herausgeber: Alexander Braun
Taschen | HC | 632 Seiten | Farbe | 150,00 €


Bernd Hinrichs

1. Shooting Ramirez – 1.Akt

Text: Nicolas Petrimaux
Zeichnungen: Nicolas Petrimaux
Schreiber & Leser | HC | 144 Seiten | Farbe | 24,80 €


2. Sabrina

Text: Nick Drnaso
Zeichnungen: Nick Drnaso
Blumenbar | SC | 208 Seiten | Farbe | 26,00 €


3. Knock Out!

Text: Reinhard Kleist
Zeichnungen: Reinhard Kleist
Carlsen | HC | 160 Seiten | s/w | 18,00


Heiner Lünstedt

1. Wir waren Charlie

Text: Luz
Zeichnungen: Luz
Reprodukt | SC | 320 Seiten | Farbe und s/w | 29,00 €


2. Batman – Der weiße Ritter

Text: Sean Murphy
Zeichnungen: Sean Murphy
Panini | SC | 208 Seiten | Farbe | 22,00 €


3. Der gebrochene Flügel

Text: Antonio Altarriba
Zeichnungen: Kim
avant-verlag | SC | 264 Seiten | s/w | 25,00 €


Wolfram Neun

1. Der große Indienschwindel

Text: Alain Ayroles
Zeichnungen: Juanjo Guarnido
Splitter | HC | 160 Seiten | Farbe | 35,00 €


2. Weites Land

Text: Catherine Meurisse
Zeichnungen: Catherine Meurisse
Carlsen | HC | 96 Seiten | Farbe | 18,00 €


3. Shooting Ramirez – 1.Akt

Text: Nicolas Petrimaux
Zeichnungen: Nicolas Petrimaux
Schreiber & Leser | HC | 144 Seiten | Farbe | 24,80 €


Stephan Schunck

1. Der große Indienschwindel

Text: Alain Ayroles
Zeichnungen: Juanjo Guarnido
Splitter | HC | 160 Seiten | Farbe | 35,00 €


2. Batman Damned Bd. 1-3

Text: Brian Azzarello
Zeichnungen: Lee Bermejo
Panini | SC | je 60 Seiten | Farbe | je 12,99 €


3. Dein – Mein Kunstwerk

Text: Raule
Zeichnungen: Philippe Berthet
Schreiber & Leser | HC | 64 Seiten | Farbe | 16,95 €


Die besten Comics eines Jahrgangs spielen natürlich schon während des Jahres eine Rolle. Auch 2019 haben sich unsere Autoren vielen der hier vorgestellten Favoriten auf die eine oder andere Weise gewidmet. Hier ein Überblick in alphabetischer Reihenfolge:

Eine Besprechung des Comics Adventure Huhn findet ihr hier.

Einen Artikel über Auf in den Heldentod! und Mangaka Shigeru Mizuki findet ihr in ALFONZ Nr. 2/2019.

Eine Besprechung des Comics Batman Der weiße Ritter findet ihr hier.

Eine Obligatorische Kampfszene zu Band 22 von Blake und Mortimer findet ihr in ALFONZ Nr. 2/2019.

Einen Artikel über die Comics des cimmerischen Barbaren Conan findet ihr in in ALFONZ Nr. 2/2019.

Eine Besprechung des Comics Hunger findet ihr hier.

Eine Besprechung des Comics Dein Tod – Mein Kunstwerk findet ihr in ALFONZ Nr. 4/2019 und hier.

Eine Besprechung des Comics Der gebrochene Flügel findet ihr hier.

Eine Besprechung des Comics Der große Indienschwindel findet ihr ALFONZ Nr. 1/2020 und hier.

Eine Besprechung des Comics George Orwell findet ihr in ALFONZ Nr. 1/2020 und hier.

Eine Besprechung des Comics Horrifikland findet ihr in ALFONZ Nr. 4/2019.

Eine Besprechung des Comics Knock Out! findet ihr in ALFONZ Nr. 1/2020 und hier.

Einen Artikel über die Sonntagsseiten von Krazy Kat findet ihr ALFONZ Nr. 3/2019, eine Besprechung hier.

Ein Kurzporträt von Timo Wuerz (Land of Giants) findet ihr in ALFONZ Nr. 4/2019.

Einen Artikel über Lucky Luke sattelt um findet ihr in ALFONZ Nr. 3/2019.

Ein Interview mit Moonshine-Zeichner Eduardo Risso findet ihr in ALFONZ Nr. 4/2019.

Ein Kurzporträt von Frank Schmolke (Nachts im Paradies) findet ihr in ALFONZ Nr. 4/2019.

Eine Besprechung des Comics Rote Blüten findet ihr hier.

Ein Interview mit Sabrina-Schöpfer Nick Drnaso findet ihr in ALFONZ Nr. 1/2020.

Eine Obligatorische Kampfszene zu Shooting Ramirez findet ihr in ALFONZ Nr. 4/2019.

Ein Kurzporträt von Sascha Hommer (Spinnenwald) findet ihr in ALFONZ Nr. 4/2019.

Eine Besprechung des Comics Ticonderoga findet ihr in ALFONZ Nr. 3/2019.

Eine Besprechung des Comics Unruhige Geister und stille Gefährten findet ihr in ALFONZ Nr. 1/2020.

Eine Besprechung des Comics Wir waren Charlie findet ihr in ALFONZ Nr. 1/2020.


© der Abbildungen bei den Verlagen und Autoren, Fotos © Edition Alfons