Das Phantom ist zurück - Interview mit Simeon Hrissomallis

 

Lee Falks Phantom ist wieder da. Nachdem es in Deutschland lange Zeit still um den Dschungelhelden aus der Totenkopfhöhle war, hat es sich der im baden-württembergischen Leonberg ansässige Verlag Zauberstern Comics zur Aufgabe gemacht, den in Dunkelviolett Kostümierten aus der Versenkung zu holen. Seit Juni 2022 erscheint alle zwei Monate ein mehr als 100 Seiten starkes Heft. Fünf dieser Phantom-Magazine sind bislang erschienen. Zeit, sich mit dem Verleger Simeon Hrissomallis zu unterhalten. Der hat CRON nicht nur erzählt, wie er zum Phantom kam, sondern auch gleich verraten, welche Comics er sonst noch veröffentlichen will.

Welcome to the Jungle: neue Abenteuer vom Phantom


Am 17. Februar 1936 erblickte Lee Falks Phantom in den USA das Licht der Welt – und läuft dort noch immer als Wochen- und Sonntagsstrip. Der 1911 geborene Falk arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 1999 an der Comicserie, seither haben Tony DePaul, Mike Manley und Jeff Weigel übernommen. Hierzulande ist ein Großteil des Materials nicht erschienen. Abhilfe schafft nun aber der Verlag Zauberstern Comics, der in Deutschland bislang unveröffentlichte Phantom-Geschichten in seinem mehr als 100 seiten langen Phantom-Magazin publiziert.

Übersetzt werden die Comics von Charles Bone, verlegt von Simeon Hrissomallis. Der ist kein neues Gesicht in der Branche. Hrissomallis, 1970 als Sohn griechischer Einwanderer in Leonberg (nahe Stuttgart) geboren, wo er bis heute lebt und arbeitet, hat sich einen Namen als Hörspiel-Autor gemacht. Ende der 1990er Jahre war er zudem in der Comicbranche tätig, u. a. beim Infinity Verlag im badischen Rastatt. Statt als Comics wollte er Lee Falks Phantom eigentlich als Hörspiel zurückbringen. Doch dazu mehr im Interview ...


CRON fragt, Simeon Hrissomallis antwortet.
Der Zauberstern-Verleger im Interview

 

Welche Erinnerungen aus Deiner Jugend verbindest Du mit den Phantom-Comics?

Nun ja, sehr viel Nostalgie natürlich. Die Freude, die Comics am Kiosk dann zu kaufen und zu Hause durchzublättern und zu lesen, war einzigartig. Ich war etwa zwölf Jahre alt und hatte davor hauptsächlich Die Spinne und die Ehapa-Comicserien gelesen und gesammelt. Allerdings fand ich es irgendwie komisch, dass es die Comics von Phantom nicht in Farbe gab. Ich dachte mir damals, die sind bestimmt viel älter, was ja auch zum großen Teil stimmte.

Das letzte Phantom-Heft bei Bastei war die Nr. 238, die 1983 erschienen ist. Das war vor rund 40 Jahren. Wie kam es dazu, dass Du mit dem Zauberstern Verlag nach vier Dekaden diesen klassischen Pulp-Helden aus der Versenkung geholt hast?

Es war etwa 2012, wenn ich mich nicht täusche, da schenkte mir ein guter Freund einige alte Phantom-Hefte, die er auf einem Flohmarkt erworben hatte. Ich freute mich natürlich sehr und fragte mich schon damals, wieso es von diesem Helden keine Abenteuer mehr gibt. Ich dachte mir dann aber schon, dass es wohl keine Vorlagen mehr dazu gibt. Jahre später, etwa 2016, wurde ich durch eine Ebay-Auktion wieder auf das Phantom aufmerksam. Es handelte sich dabei um alte Bastei-Phantom-Aufkleber, die versteigert wurden. Ich setzte mich also an den Rechner und recherchierte und entdeckte die Comicschmiede aus Australien, Frew Comics. Die verkauften damals auch noch Merchandise vom Phantom. Ich bestellte einige Sachen z. B. Mousepads (die ich heute noch benutze) und freute mich über die Sachen. Der Gedanke, warum es das Phantom nicht mehr auf Deutsch gab, beschäftigte mich erneut … allerdings wollte ich damals Phantom als Hörspiel neu vertonen. In den 70ern hatte es einige Hörspiele gegeben, und ich wollte die Hörspielserie neu aufleben lassen, aber dann verwarf ich den Gedanken wieder.

Bis 2019 ...

Ja, irgendwie ließ mich das Phantom nicht mehr los und ich wusste mittlerweile, dass es in Schweden, Australien und den USA neue Abenteuer des purpurnen Rächers gab. Also nahm ich 2019 Kontakt mit Saskia Baumgart von Bulls Media auf und erläuterte ihr meine Anliegen. Die Idee war erst mal, Hörspiele rauszubringen, aber da ich früher beim Infinity Verlag in der Comicbranche tätig war, fragte ich spontan auch nach den Comicrechten, und so entwickelte sich ein sehr interessantes Gespräch, dem noch sehr viele weitere folgten. Witzigerweise wurde aus den Hörspielen nichts, aber dafür aus den Comics. Man legte ein Konzept vor und sicherte sich dann 2021 die Rechte.

Wieso erst so spät?

Es wäre etwas schneller gegangen, wäre die Pandemie nicht dazwischen gekommen. Dann wäre Phantom schon Ende 2020 auf Deutsch erschienen. Im Dezember 2021 hätte die Nummer 1 endlich erscheinen sollen, aber ich erkrankte schwer an Corona. Ich war zwei Monate im Krankenhaus und wäre fast an diesem verdammten Virus gestorben. Danach sah die Welt für mich anders aus … und es dauerte lange, bis ich wieder einigermaßen fit war … dadurch verschob sich der Start erneut und es wurde Juni 2022. Nach der schweren Erkrankung war der Start der Serie für mich wie eine Auferstehung und ich danke Gott jeden Tag, dass ich das noch erleben darf! Wir nehmen im Leben vieles als selbstverständlich hin und erkennen erst in schwierigen Momenten, wie schön unser Leben doch ist … und was im Leben wirklich wichtig ist.


Die Zauberstern-Macher: Übersetzer Charles Bone (links) und Verleger Simeon Hrissomallis.

Alle zwei Monate ein neues Magazin mit 100 Seiten, das auch am Zeitungskiosk zu kaufen ist. Das ist ein teures Unterfangen. Wie sieht die realistische Bilanz nach fünf Ausgaben aus?

Die Bilanz sieht gut aus. Ich bin zufrieden und es kann so weitergehen. Wir haben viel Freude mit der Serie und die Zahlen sind stabil. Also es wird noch viele Abenteuer mit dem wandelnden Geist geben. Es sieht sehr gut aus und deswegen starten wir demnächst auch mit Flash Gordon und Mikros. Im Sommer soll dann Photonik folgen.

Wie hoch ist die Auflage des Magazins?

Das ist natürlich ein wohlgehütetes Betriebsgeheimnis, aber stell dir eine Zahl zwischen 10.000 und 20.000 vor, dann bist du auf der sicheren Seite. Wenn man an den Kiosk gehen will, muss man erst mal eine hohe Auflage haben.

Im ersten Heft hat Ihr noch klassische Zeitungsstrips veröffentlicht. Seitdem nicht mehr. War das nur ein einmaliges Experiment oder warum nehmt Ihr diese Classics nicht mehr in die Auswahl?

Die Classics wurden leider von den Fans nicht so toll aufgenommen und wir haben da gleich reagiert. Es wird wieder Strips geben, denn es sind eigentlich Zeitungsstrips, aber dann modernere aus der Ära von [Tony] DePaul und [Paul] Ryan. Da gibt es wirklich tolles und spannendes Material. Da freuen Charles und ich uns sehr darauf, das endlich zu veröffentlichen.

Du hast es schon erwähnt: Für 2023 ist als weitere Comicserie Flash Gordon angekündigt. Kannst Du schon Näheres darüber mitteilen?

Ja, wir möchten eine bunte Mischung machen. Die Charlton-Comics aus der Condor-Ära noch mal veröffentlichen, natürlich ungekürzt und in neuer Übersetzung, dann auch noch die Reihe von Jim Keefe die 1996 bis 2003 entstanden ist und die Flash-Gordon-Comics von Dynamite Entertainment auf Deutsch. Ich denke, das wird eine runde Sache und mal ganz ehrlich: Flash Gordon ist einfach Kult und gehört endlich wieder an den Kiosk.

 

Welche Comics, außer Phantom, begeistern Dich?

Na ja, ich bin ja mit der Spinne, Batman, Superman, Grüne Leuchte, Roter Blitz etc. aufgewachsen. Dementsprechend mag ich natürlich diese Helden auch heute noch und habe zum Glück meine alten Sammlungen. Phantom hatte ich ja auch erwähnt. Das Star-Team von Condor fand ich auch wirklich gut. Flash Gordon, die Taschenbücher von Condor, konnten mich damals auch richtig begeistern. Dann gab es da noch Mikros und Photonik von Bastei Verlag. Da war ich ein ganz großer Fan davon und deswegen wird Zauberstern Comics auch diese Serien in neuer Übersetzung und ungekürzt wieder neu veröffentlichen und die Serien dann auch abschließen. Bei Mikros wurden damals die Fans wirklich mit einem Cliffhanger zurückgelassen. Deswegen kann ich allen Mikros-Fans nur sagen: Leute, wir werden endlich erfahren, was im Koffer ist!?

Wie man merkt, bin ich eher der Nostalgiker, was Comics angeht. Ich lese auch einige Albenreihen und wer mag schon Asterix und Lucky Luke nicht? Ich kann hier gar nicht alles aufführen, das würde den Rahmen sprengen, aber sagen wir es mal so: Meine Sammlung ist sehr, also wirklich sehr groß … ich bin meiner Frau sehr dankbar, dass sie meine Sammelleidenschaft duldet, denn der Platz wird immer knapper …

Die Fragen stellte Matthias Hofmann.

Abbildungen: © 2022/2023 Zauberstern Comics
Foto: © Simeon Hrissomallis


Weiterführende Links:

Homepage des Verlags: Zauberstern Comics
Link zum Phantom-Buch in der Edition Alfons: Lee Falks Phantom