Hinweis zu ALFONZ Nr. 2/2025

Aufgrund der nicht korrekten Übernahme der Druck-PDFs bei der Weiterverarbeitung fehlen auf fünf Seiten der aktuellen Ausgabe unseres Comicreporters letzte Sätze von Rezensionen und Kurztexten. Hier gibt es ein PDF mit allen fünf Seiten.


Frisch Gelesen Folge 430: Thomas Mann 1949


»Der ist doch ein ganz eitler, profitgieriger Deutschlandhasser.«


FRISCH GELESEN: Archiv


Thomas Mann 1949

Story: Julian Voloj, Prof. Friedhelm Marx
Zeichnungen: Magdalena Adomeit

Knesebeck
Hardcover | 96 Seiten | Farbe | 24,00 €
ISBN: 978-3-95728-896-7

Genre: Biografie, Graphic Novel

Für alle, die das mögen: reale Geschichten, Biografien



Mai 1949: Katja und Thomas sind auf dem Weg nach Stockholm. Reden, Ehrungen – das übliche für den 75-jährigen Star-Autor. Über ihnen lastet aber die Frage, wie mit dem 200. Geburtstag Goethes umgehen. Denn sowohl aus Weimar als auch aus Frankfurt am Main liegen den Manns bedeutende Einladungen vor. Es geht um Reden und Ehrungen – und das Reklamieren des großen Schriftstellers für die jeweilige Weltsicht. Ost gegen West trat im geteilten Nachkriegsdeutschland immer mehr zutage. Die Manns wollten weder das eine noch das andere. Denn Teil in Stalins Propaganda-Maschinerie zu sein, war ihnen mindestens genauso zuwider, wie in der gerade gegründeten Bundesrepublik mit ihren Alt-Nazis aufzutreten.

Während dieser Diskussionen brach die Katastrophe über die Manns herein: der Suizid von Klaus Mann in Cannes. Mit diesem menschlichen Erdbeben beginnen Friedhelm Marx und Julian Voloj ihren biografischen Comic. In seinem Skript taucht der Comic tief in die dramatische Geschichte des Literaturnobelpreisträgers ein. Dafür haben die Szenaristen Manns Tagebücher, Briefe, Reiseberichte und auch die Erinnerungen seines Schweizer Fahrers ausgewertet. Detailliert schildert der Band die zehntägige Reise der Manns in ihre Heimat. Immer wieder wird das Ehepaar konfrontiert mit Vorwürfen: Nestbeschmutzer und Verräter seien sie.

Voloj und Marx geben dem politischen Spannungsfeld in der jungen Bundesrepublik viel Raum; zeigen etwa, wie der Antisemitismus mit dem Krieg nicht einfach zu Ende gegangen ist, sondern weiterhin grassiert. Zudem blicken sie immer wieder zurück auf prägende Ereignisse im Leben des großen Schriftstellers. So wird auch dem heutigen Leser klar, warum Thomas Mann wurde, wer er war. Warum er sich so schwer tat, nach Deutschland – Ost wie West – zurückzukehren. Dafür baut Voloj, der sich mit Marx als Vizepräsident der Thomas-Mann-Gesellschaft die notwendige literaturhistorische Expertise an Bord geholt hat, immer wieder Rückblenden ein. So entsteht ein facettenreiches Bild der Rückkehr Thomas Manns.

Ein Comic über Thomas Mann in seinem Jubiläumsjahr – immerhin wird in diesem Jahr der 150. Geburtstag des Schriftstellers begangen – ist eine gute Sache. Denn es ist wichtig, dass auch den neuen Lesergenerationen das Werk des gebürtigen Lübeckers schmackhaft gemacht wird. Ein Comic kann dafür das richtige Medium sein, um das spannende Leben einer der faszinierendsten literarischen Persönlichkeit aufzuzeigen. Doch die inhaltliche Tiefe leidet unter den blassen Zeichnungen. Magdalena Adomeit gelingt es nicht, die fesselnde Geschichte Thomas Manns in adäquate Bilder zu fassen. Der Protagonist bleibt verschwommen und belanglos.

Thomas Mann 1949 ist eine spannende und wichtige Erzählung zu einer entscheidenden Phase im Leben des Literaturnobelpreisträgers. Genau richtig in seinem Jubiläumsjahr. Leider hält das Artwork nicht, was der Plot verspricht. Deshalb gebe ich sieben von zehn Zauberberge.

[Bernd Hinrichs]

Abbildungen © 2025 Knesebeck / Julian Voloj, Prof. Friedhelm Marx, Magdalena Adomeit


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