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Luke Pearsons Hilda

Hilda

Es gibt sie noch, die Comics, die eigentlich für die Zielgruppe Kind gemacht werden und sowohl von ebenjenen Kids als auch ihren Eltern mit Genuss »goutiert« werden können. Die Rede ist nicht von irgendwelchen Klassikern, die neu aufgelegt werden, sondern von der kleinen Heldin Hilda des Briten Luke Pearson, die modern und doch heimelig nostalgisch daher kommt.

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Über LukePearsons Hilda-Comics

VON ALEXANDER LACHWITZ

Reprodukt veröffentlicht im Rahmen seiner neuen »Kindercomics«-Reihe die Hilda-Bände von Luke Pearson als liebevoll gestaltete Alben endlich auch auf dem deutschsprachigen Markt. Im Original liegen bei Nobrow in England bisher drei Abenteuer vor.
Die ersten beiden Bände der Reihe zeigen deutlich, warum Luke Pearson den diesjährigen Peng!-Preis für den besten europäischen Comic erhalten hat und dass Hilda nicht nur etwas für die Kleinen ist.

Hilde und der Mitternachtsriese

Der Band »Hilda und der Mitternachtsriese« stellt die kleine Hilda vor, die mit ihrer Mutter irgendwo in den Bergen, weitab der Stadt, in einem einfachen Holzhaus wohnt. Es ist ein etwas einsames und einfaches Leben, das aber beide sehr genießen. Seltsame Wesen wie die fliegenden Woffel leben dort, die Luke Pearson auf so vertraute Art und Weise zeichnet, dass man sie am liebsten selbst als Nachbarn hätte.
Aber während sowohl die Woffel als auch die Fuchs-Hirsch-Katze-Mischung von Hildas Haustier Hörnchen allesamt ein friedliches Gemüt haben, gibt es auch Grund für Unfrieden. Kleine, normalerweise nicht sichtbare, Menschen leben rings um das Haus von Hilda und ihrer Mutter. Und die sind von Tag zu Tag weniger erfreut von den tölpelhaften und lauten riesenhaften Menschen. Als wäre das nicht genug, beobachtet des Nachts ein unbekannter echter Riese das Haus und Hildas Versuche, Frieden mit dem kleinen Volk zu schließen, stellen sich auch als schwerer heraus als gedacht.

Die abwechslungsreiche Geschichte ist gespickt mit diversen Verweisen auf Gesellschaft und Politik, die erstaunlich oft sowohl für groß wie klein geeignet sind und die im Vergleich sogar Asterix alt und bieder wirken lassen.

Hilda und der Mitternachtsriese

Böse Zwerge bedrohen Hilda ...

In »Hilda und der Troll«, ihrem zweiten Abenteuer, macht Hilda bei einem harmlosen Ausflug die Bekanntschaft eines der sagenumwobenen Trolle. Vor Trollen hat sie einen gehörigen Respekt, denn sie verwandeln sich tagsüber in Stein und können so fast überall in der Landschaft verborgen lauern.

Diese Geschichte wirkt im Vergleich zum ersten Abenteuer etwas straffer und einen Hauch. Luke Pearson nutzt die Seiten, um sowohl die Figuren aus Hildas Welt ein wenig näher vorzustellen, aber vor allem, um Hilda mehr bei alltäglichen, aber nicht unwichtigen Tätigkeiten zu zeigen. Sein Gespür für Timing, klare Mimik und auch mal stilleren Humor bekommt auf diesen 44 Seiten eine sehr schöne Bühne. Wie schon im ersten Band verzichtet Pearson auf verschachtelte Erzählungen und spielt viel mehr im Kleinen, so dass der Panelaufbau auch mal durchbrochen wird, ohne dass es aber sofort auffällt. Wo der einengende Bildrahmen stört, wird einfach drauf verzichtet, um dem Ausdruck von Tempo und Eile Raum zu geben.

Hilda und der Troll

Die Handlung verläuft in beiden Geschichten geradezu gemütlich und schafft dabei den Spagat Zeit für Details ohne Längen zu finden. Im Zweifel sind nur eine Handvoll Striche notwendig, um eine simple, aber ungemein ausdrucksstarke Figur zu erzeugen. Auch in den Details belässt er es bei dem Nötigsten und doch fehlt nirgends ein Strich. Ganze Seiten kann Pearson mit dieser Technik füllen, mitunter sogar mit einem einzigen gewaltigen Splashpage, die, wie fast alle seine Bilder, lange zum Verweilen einlädt.

Es wäre naiv (und vor allem ignorant), Hilda als Kindercomic abzutun. Pearson hat einen ausgesprochen charakteristischen Stil, der selbst mit wenigen teils schon kindlich verspielt wirkenden Linien fantastische Welten erschaffen kann. Seine Liebe zur nordischen Folklore fern aller Wikingerfantasterei, über die er auch in seinem Künstlergespräch auf dem Münchner Comicfestival 2013 ausgiebig sprach, verbindet kindliche Fantasie mit althergebrachten Sagen und verpflanzt sie nahtlos in unsere Gegenwart. Dass man ihn oft mit dem Japaner Hayao Miyazaki vergleicht, ist in dieser Hinsicht keine Überraschung. Beide besitzen ein Talent dafür, unbeschwert die seltsamsten Fabelwesen auf ihre Zuschauer loszulassen, die diese dann gnadenlos in ihren Bann ziehen.

Hilda und der Troll

Unkonventionelles Gehabe: Die Trolle in Hilda

Doch es wäre auch nicht ganz fair, den jungen Briten auf eine Schiene zu reduzieren. Er experimentiert und entwickelt sich, wenn auch schon jetzt mit einem beachtlichen Talent gesegnet, und man wird in den nächsten Jahren sicherlich noch einige Überraschungen erleben können. Wie er selbst sagt, er zeichnet die Comics, die er als Kind gern gelesen hätte, will aber gleichzeitig als Zeichner und Erwachsener von ihnen angeregt sein. Diesenuraugenscheinlich naive Formel sieht man in den ersten zwei Büchern jeder Seite an.

Hildas Abenteuer sind keine langen oder sehr komplizierten Geschichten, aber definitiv sehr schöne. Sie beinhalten den Charme alter Märchen und Sagen, ohne diese zu kopieren oder auf Zwang zu zitieren. Pearson besitzt das seltene Talent, selbst wie ein Geschichtenerzähler aus vergangenen Zeiten zu erzählen, nur eben in unserer Welt, mit unseren Problemen. Und wie es sich für gute Geschichten gehört, liefert er keine universelle Lösung. Er zeigt uns aber, dass es sich lohnt, dass wir weiterhin an Lösungen arbeiten.

Luke Pearson in München (2013)

Luke Pearson auf dem Comicfestival in München (2013)

Abbildungen © Reprodukt/Luke Pearson, Foto © Reprodukt


Die Daten

Hilda und der Mitternachtsriese (Originaltitel: Hilda and the Midnight Giant)
Autor/Zeichner: Luke Pearson
Reprodukt, Berlin
Hardcover, Farbe, 44 Seiten, 22 x 31 cm, 18,00 Euro, ISBN 978-3-943143-57-7

Hilda und der Troll (Originaltitel: Hildafolk)
Autor/Zeichner: Luke Pearson
Reprodukt, Berlin
Hardcover, Farbe, 36 Seiten, 21,5 x 29 cm, 18,00 Euro, ISBN 978-3-943143-67-6


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Homepage des Verlags: Reprodukt