»Schon mal was von einem durstigen Fisch gehört? Genauso wenig gibt es ein einsames Mädchen im Kriegsgebiet. Vor allem, wenn sie hübsch ist, Englisch, Französisch und die Sprache der Liebe spricht.
Das war so ein Käfer, der Leatherneck Jack fast seine Streifen, seine Freiheit und ja … fast sein Leben gekostet hätte.«
(aus: »Leatherneck Jack«, Fightin' Marines #15, 1951)
FRISCH GELESEN: Archiv
Matt Baker – Good Girl Art
Story: diverse
Zeichnungen: Matt Baker
INCOS e.V.
Hardcover | 128 Seiten | Farbe | 35,00 € (für Mitglieder: 28,00 €)
limitiert auf 300 nummerierte Exemplare, ohne ISBN
Genre: Romance, Abenteuer
Für alle, die das mögen: Good Girl Art, Golden Age, Matt Baker, Young Romance
Es gibt Comics und es gibt Comics. Und es gibt Comics, die sind irgendwie sehr eigen. Oder so alt, dass sie so speziell wirken, dass es von ihnen jeweils eine Schar von Aficionados gibt, die sie verehren und sagen: »Man muss sie mögen.«
So erstreckte sich von den späten 1930er bis zu den frühen 1950er Jahren in den USA das sogenannte »Goldene Zeitalter«, eine sehr lange Zeit, in der Millionen von Menschen Comics gelesen haben; Hinz und Kunz quasi, und vor allem deren Kids. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Verlage nahezu jedes erdenkliche Genre bedienten - von Abenteuer, Crime und Western über Krieg, Horror und Science Fiction bis zu Archie, dem uramerikanischen Teenager, der gar ein eigenes Genre begründete, kamen Jack Kirby und Joe Simon, denen wir u.a. den patriotischen Superhelden Captain America verdanken, mit der Idee ums Eck, dass man doch Comics für eine erwachsene Zielgruppe produzieren könnte.
aus Pictorial Romances #22 (1953)
Man entschied sich für das Thema Liebe, denn es war das einzige, was es bis dato noch nicht gegeben haben soll. So erschien 1947 mit dem Untertitel »Designed for the more adult reader of comics« das Heft Young Romance #1 und begründete damit eine Art von Comics, die sagenhafte Auflagen erzielte: Young Romance und seine auf dem Fuß folgende Schwesternpublikation Young Love verkauften rund zwei Millionen Exemplare pro Monat, wenn man Joe Simons autobiografischem Werk The Comic Book Makers (2003) Glauben schenken darf.
Die Romance Comics der 1950er Jahre zeichneten sich durch die Darstellung attraktiver Männer und Frauen aus. Für besonderen Augenschmaus sorgte Matt Baker, einem der enigmatischsten Zeichner jener Zeit, der es verstand seine Protagonisten sowohl gut gekleidet, als auch in wirkungsvollen Posen zu zeichnen. Matt Baker startete seine Karriere in den frühen 1940er Jahren und war damit, was seine damaligen Leser nicht wussten, einer der ersten afro-amerikanischen Comiczeichner in den Staaten.
Baker beeindruckte mit seinen prächtigen Darstellungen von Frauen, die, ohne billig zu wirken, aufreizend und aufregend in Szene gesetzt wurden. Sein flüssiger Stil ließ ihn schnell zu einem der beliebtesten Zeichner werden. Seine Karriere endete allerdings viel zu früh und zu abrupt, denn er starb bereits 1959 im Alter von nur 38 Jahren.
aus Teen-Age Romances #17 (1952)
Immerhin zeichnete er zusammen mit Ray Osrin mit It Rhymes with Lust eine der ersten Graphic Novels nach einem Szenario von Drake Waller, einem Pseudonym des Comicautors Arnold Drake (Doom Patrol, Guardians of the Galaxy) und dem Romanautor Leslie Waller. Diese 1950 erschienene »Picture Novel« wird in dem ansonsten ziemlich vollständigen Matt-Baker-Index am Ende des Buchs übrigens nicht explizit aufgelistet.
Heutzutage sind Bakers Name und seine Kunst nur noch Kennern des Mediums und den Sammlern von Golden-Age-Comics bekannt. Über sein Leben wusste man lange Zeit fast nichts. Matt Baker war ein extrem gut aussehender und stets gut gekleideter Mann, der ein Herzproblem hatte und, was erst vor wenigen Jahren publik gemacht wurde, homosexuell war. Damit gehörte er zu Lebzeiten gleich doppelt zu einer Randgruppe.
Der Verein Interessengemeinschaft Comic Strip (INCOS) widmete seine neuste Jahrespublikation dem Werk von Matt Baker. In dem zum Jahreswechsel erschienenen Buch hat man einen Querschnitt seines Schaffens zusammengestellt und zwar aus einem Zeitraum von 1946 bis 1953, aus Anthologieserien wie Seven Seas Comics, Wartime Romances, Planet Comics, Teen-Age Romances oder Fightin' Marines.
Während man den Primärstoff, also die Comics, liebevoll aufbereitet und neu koloriert hat, kann man bei der Gesamtproduktion leichte Schwächen ausmachen. Das einleitende Vorwort hat keinen Autor, ebenso Arbeiten wie Übersetzung, Kolorierung oder Lettering, die nicht namentlich zugeordnet werden. Diese Anonymisierung der Macher des Buchs wirkt etwas unzeitgemäß und fast schon wie eine unfreiwillige Homage an die Fifties.
Der ebenfalls nicht namentlich gekennzeichnete Artikel über Matt Baker gibt einen passablen Überblick über sein Leben und Werk, aber es werden auch hier keine Quellenangaben gemacht, ebenso wie der Ursprung der abgebildeten Fotos nicht genannt wird. Zu guter Letzt werden auch die Szenaristen der einzelnen Stories unterschlagen, was zugegebenermaßen bei Comics aus dieser Zeit ein Problem ist, da sie nicht in den Originalen genannt wurden, aber es gibt zuverlässige Datenbanken wie die Grand Comic Book Database, wo sich fehlende Angaben zumindest ansatzweise recherchieren lassen.
Ausgespart hat man mit Phantom Lady und Canteen Kate Bakers bekannteste Arbeiten. Zwar wird erstere derzeit vom Bildschriftenverlag Hannover in einer kleinauflagigen Liebhaberausgabe auf Deutsch zugänglich gemacht und man wollte wohl eine Doppelung vermeiden, dennoch hätte man hier zumindest ein Beispiel für beide Baker-Heldinnen einbeziehen müssen, um die Auswahl runder zu machen. Oder eines aus Lassie. Überhaupt wirkt die Auswahl der Geschichten beliebig, denn es sind keinesfalls die besten und nicht einmal die guten Geschichten hier versammelt. Da diese dubiose Auswahl auch nicht mit einem erläuternden Text begründet wird, wirkt es ein bisschen so, als ob man genommen hätte, was die an dem Buch beteiligten Sammler gerade so in ihren Comickisten und Sammlungen hatten. (Lacht nicht, ich habe z.B. die 18-bändige Serie Wartime Romances bis auf eine Ausgabe komplett und kann bestätigen, dass die daraus ausgewählte Geschichte zu den schwächeren gehört. Und falls jemand die Nr. 8 zu verkaufen hat, kann er sich vertrauensvoll an mich wenden …)
Bakers beste Arbeiten wie Canteen Kate und Phantom Lady fehlen leider in dem Buch
All dessen ungeachtet ist dieser Band ein Muss für alle Fans des Golden Age der US-Comics und für Liebhaber der Kunst von Matt Baker sowieso.
Das Buch ist auf 300 Exemplare limitiert und nummeriert und für Clubmitglieder der INCOS gibt's es als Schmankerl sechs Matt-Baker-Bierdeckel dazu. Eine schöne Idee.
[Matthias Hofmann]
Nettes Gimmick: Baker-Bierdeckel für Clubmitglieder
Abbildungen © 2016 INCOS e.V.
Der Band ist direkt bestellbar beim Verein:
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