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Frisch Gelesen Folge 394: Der Bärbeiß

 

»Es ist viel zu bunt hier.«


FRISCH GELESEN: Archiv


Der Bärbeiß

Story: Jutta Bauer, Annette Pehnt
Zeichnungen: Josephine Mark

Kibitz Verlag
Hardcover | 96 Seiten | Farbe |15,50 €
ISBN: 978-3-94869-027-0

Gerne: Kindercomic

Für alle, die das mögen: Die Bärbeiß-Bücher, starke Geschichten für Kinder



Multimediale Vermarktung ist ein großes Thema unserer Zeit. Die Frage, wie ich noch den letzten Tropfen Milch aus der Cashcow wringen kann, scheint die Verlage umzutreiben. Und so mag man dazu neigen, den Comic Der Bärbeiß von Josephine Mark in eben diese Ecke zu bugsieren. Doch hier ist – zum Glück – der Fall anders gelagert.

Die Buchvorlage stammt aus dem Jahr 2013 und ist der Feder von Annette Pehnt entsprungen. Der namensgebende Bärbeiß ist ein missmutiger Geselle. Einer von der Art, der eigentlich nur gut drauf ist, wenn er schlechte Laune hat. Das hindert die lustige Dorfgemeinschaft des Ortes, in den der Bärbeiß gezogen ist, aber nicht daran, ihn mit offenen Armen aufzunehmen. Besonders Tingeli lässt sich nicht abschrecken und zeigt dem alten Miesepeter, wie toll es ist, Freunde zu haben. Da der Titel ein klassisches Kinderbuch ist, ist er natürlich auch mit Illustrationen versehen, die Jutta Bauer beisteuert. Und was soll man sagen?! Sie ist eine der großen deutschen Illustratorinnen, deren Werke schon vielfach ausgezeichnet wurden. Sie zeichnet hauptsächlich Illustrationen für Kinderbücher bzw. gibt eigene Titel für Kinder heraus. Dabei sind ihre Bilder immer auf Augenhöhe. Sie sind zeitgleich kindgerecht und haben eine Tiefe und emotionale Reife. Sie holen die Kinder pointiert zum Text ab und zeugen von viel Verständnis und Einfühlungsvermögen in den Text. Das gilt natürlich auch für die Darstellungen vom Bärbeiß, von Tingeli, der Hasenfamilie und all den anderen Figuren aus der Geschichte.


Besuchen üben – die Originale von Jutta Bauer sind klar zu erkennen.


Wie geht man nun mit so einer Vorlage um, wenn man ihn in einen Comic umwandeln will? Josephine Mark hat sich dafür entschieden, sich an den Zeichnungen Jutta Bauers zu orientieren. So hat der Bärbeiß eine ähnliche Statur und ähnliches Fell und die gleiche weiß-grün-rosa karierte Hose an wie bei Bauer. Tingeli erinnert an eine Maus und trägt ein Tutu. Und wer nun meint, das klinge wie fantasieloses Abkupfern, dem kann ich nur sagen: Weit gefehlt! Nicht nur, dass die Zeichnungen den unverkennbaren Stil von Josephine Mark tragen, sie basieren klar auf den Vorlagen von Jutta Bauer, sind aber für sich genommen auch ganz eigen. Daher finde ich es auch sehr gelungen, dass Annette Pehnt und Jutta Bauer gleichberechtigt als Autorinnen der Vorlage genannt werden.


Überall wuseln die Hasen.


Inhaltlich sind die Geschichten auf den ersten Blick Nacherzählungen des Originals. Wenn man sich jedoch die Zeichnungen anschaut, sieht man, dass in diesem Comic viel mehr passiert als nur die aufkeimende Freundschaft zwischen dem Bärbeiß und Tingeli. Auch mehr als dass der Bärbeiß in die Dorfgemeinschaft aufgenommen wird. Denn – sprechen wir es doch endlich aus – die wahren Stars des Comics sind die Hasen! Wie wir bereits aus Trip mit Tropf wissen, kann Josephine Mark eines nun wirklich gut – und das ist Hasen zeichnen. In niedlich, in krank, in traurig, in fröhlich, in einfach allen Facetten. Und in Der Bärbeiß darf sie nun nicht nur einen Hasen, sondern gleich eine ganze Hasenfamilie zeichnen! Und so geht es in den Bildern wuselig zur Sache. In vielen Panels passieren viele weitere kleine Geschichten neben dem Haupterzählstrang. Da sind auch mal die Kraniche und der Pinguin involviert, am meisten Freude bereiten aber die drolligen Hasenkinder.


Und natürlich ist Freundschaft einfach die allerbeste Sache auf der Welt.


Dieser Comic muss also unbedingt mehrfach gelesen werden. Beim einmaligen Lesen entgehen einem sonst viele tolle kleine Gags. Der Bärbeiß-Comic ist ungeachtet dessen, dass er auf einer Buchvorlage basiert und sich die Figuren an die Illustrationen des Buches anlehnen, ein ganz eigenständiges Werk mit hohem künstlerischen Eigenwert von Josephine Mark. Nachdem ihr Comic-Erstling bereits mit Preisen überhäuft wurde, zeigt sie mit diesem Werk, dass sie noch viele weitere tolle Geschichten zu zeichnen und zu erzählen weiß.

[Mechthild Wiesner]

Abbildungen © 2024 Kibitz Verlag / Jutta Bauer, Annette Pehnt, Josephine Mark


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