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Frisch Gelesen Folge 400: Punisher – Das Erbe der Rache

 

»Oder gibt es einen neuen Punisher?«


FRISCH GELESEN: Archiv


Punisher – Das Erbe der Rache400 punisher cover

Story: David Pepose
Zeichnungen: Dave Wachter

Panini Comics
Softcover | 104 Seiten | Farbe | 13,00 €
[enthält die US-Hefte The Punisher (2024) 1–4]
ISBN: 978-3-74163-867-1

Genre: Superhelden, Action

Für alle, die das mögen: Punisher, Captain America, Actionfilme



Jeder kann Batman sein. Jeder kann Spider-Man sein. So sind beide Figuren angelegt und ja, es kann gut funktionieren, wenn etwa Damian Wayne als Mitternachtsdetektiv in Gotham unterwegs ist oder Miles Morales durch die Straßenschluchten New York Citys schwingt. Funktioniert das auch beim Punisher? In der aktuellen Reihe ist Frank Castle durch den Ex-SHIELD-Agenten Joe Garrison ersetzt worden, sozusagen ein »Average Joe«, wie die US-Amerikaner einen Durchschnittstyp bezeichnen. Obwohl, nein, auch Garrison hat wie sein Vorbild seine Familie verloren und nun werden Verbrecher dafür bestraft. Aber mit einem Motorrad. Und nicht mit dem Nerd-Assistenten Micro, sondern mit einer Art Kopie des James-Bond-Helferleins Q, der dem neuen Punisher faszinierende Gadgets zur Verfügung stellt wie Betäubungs-Nunchakus.


Wirklich neu ist das Outfit des Punishers. Dazu bietet Christian Endres im redaktionellen Teil eine kurze Einordnung: Das ikonische Totenkopf-Symbol wird inzwischen leider des Öfteren von Menschen gekapert, die zum Teil rechtsextrem und wohl zu hundert Prozent nicht das sind, wofür diese Figur steht, die von Könnern wie Garth Ennis zu einer wirklich sehr spannenden Actionfigur entwickelt wurde, die düstere, schwarzhumorige Unterhaltung für Erwachsene bietet, bei der das Gehirn nicht abgeschaltet werden muss.


Dave Wachter (Teenage Mutant Ninja Turtles), US-Zeichner, bietet sehenswerte Szenen. Stilistisch erinnert das ein wenig an John Romita Jr. und streckenweise könnten einige Sequenzen aus den Kick-Ass-Comics stammen. Insbesondere die Schlusssequenz könnte eins zu eins aus einem dieser x-beliebigen, schnell, schnell produzierten Netflix-Machwerke stammen, deren Aufgabe es ist, einfach irgendwelchen »Content« zu bieten; seelenlose, formelhafte, austauschbare Ballerorgien, die von Verfolgungsjagden und langweiligen Dialogen unterbrochen werden. Was gibt's hier noch? Eine Begegnung mit einer Art Kopie von Clayface, eine weitere Szene mit einer Art Kopie von Scarecrow – aber das sind doch Figuren von DC! Ja. Und? Dieser Punisher-Comic wirkt so austauschbar, er ließe sich auch als schlechte Batman-Story oder als Fan-Fiction umsetzen.


Joe Garrison ist der Platzhalter, die Urlaubsvertretung für Frank Castle, ein tüchtiger Staatsdiener, der Verbrecher bestraft. Schade. Die wirklich interessanten Optionen werden liegengelassen – was könnte Garrison anders machen als Castle? Was unterscheidet beide Männer? Wie fühlt es sich an, in so große Fußstapfen zu treten? Dieser Comic beantwortet keine dieser Fragen. Wie in einem lausigen Computerspiel werden Schurken, die völlig wahllos und beliebig aufzutreten scheinen, malträtiert und die größte Bestrafung erfahren die Leserinnen und Leser, denen wertvolle Lebenszeit geraubt und 13 Euro abgeknöpft werden; Geld, mit dem sich eine Blu-ray des Kinofilms mit Thomas Jane als Punisher, ein Monat Disney+ mit Jon Bernthal als Frank Castle oder ein beliebiger Punisher-Comic von Garth Ennis kaufen lässt. Ansonsten ist wohl sogar ein Blick in die Hefte interessanter, in denen der Bestrafer eine Iron-Man-Rüstung erhält.

[Stefan Svik]

Abbildungen © 2024 Panini / David Pepose, Dave Wachter


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